Moin zusammen,
eigentlich wollte ich ja so schnell keinen Baubericht mehr schreiben. Aber dann brachte der HMV eine Neuigkeit heraus, die mir doch ziemlich am Herzen liegt, den kleinen Fjorddampfer BØRØYSUND. Und weil sich der Konstrukteur bei diesem Modell ziemlich viel Mühe gegeben hat (der Verlag beim „Klappentext“ eher weniger), musste ich es mir einfach antun, diesen kleinen Dämpfling hier nicht nur vorzustellen, sondern mit einem Baubericht auch die Besonderheiten aufzuzeigen, die mit diesem Schiff/Modell verbunden sind.
Zunächst ein paar Worte zum Original (im Gegensatz zum Klappentext des Bogens sind hier die Firmennamen richtig):
Die BØRØYSUND wurde im Jahre 1908 unter dem Namen ODIN von der Werft Trondhjems Mekaniske Værksted als kombiniertes Schlepp- und Passagierschiff gebaut. Eigner war die „Trondhjæms Lægtercompani“, Heimathafen Trondheim. Übrigens ist die Schiffsglocke die ganzen Jahre über die gleiche geblieben, insofern kann man dort auch heute noch den alten Namen lesen. In seinen ersten Lebensjahren war das Schiff im Bereich des Trondheimfjordes unterwegs.
Im Jahre 1923 wurde die ODIN nach Bergen an die Reederei Hjelma & Herdla verkauft, die es unter dem Namen SKJERGAR in der Region rund um Bergen einsetzte. Allerdings stellte es sich heraus, dass das Schiff für das enge Schärenfahrwasser dort doch eine Nummer zu groß war, was man sich bei dem Winzling gar nicht so recht vorstellen kann. Deshalb wurde die SKJERGAR schon 1925 wieder verkauft und zwar nach Nordnorwegen an die „Vesteraalens Dampskibsselskab“ (VDS), übrigens die Gründungsreederei der Hurtigrute. Heimathafen des Schiffes war nun Stokmarknes und benannt wurde es nach dem Sund zwischen Stokmarknes und der vorgelagerten Insel Børøya. Die BØRØYSUND wurde modernisiert und im Lokalverkehr im Bereich der Vesterålen und Lofoten eingesetzt. Im Jahre 1935 wurde das Schiff noch ein weiteres Mal modernisiert und bekam dabei - abgesehen von der damals noch offenen Brücke - das heutige Aussehen. Die Brücke wurde erst im Zuge der Überholungsarbeiten nach dem Krieg im Jahre 1948 in den heutigen Zustand gebracht. Bis 1955 war das Schiff im Liniendienst eingesetzt, von 1955 bis 1960 wurde es schließlich nur noch als Reserveschiff vorgehalten.
In 1960 erwarb die Berufsschule Hadsel das Schiff und setzte es unter dem Namen HYMA als Ausbildungsschiff für angehende Maschinisten ein. Allerdings wurde der Bedarf an Maschinisten mit „Dampfer-Erfahrung“ immer geringer und schon Mitte der 60er Jahre entschloss man sich seitens der Schule, sich von dem Schiff zu trennen.
Etwa zu gleicher Zeit hatte sich in Oslo eine Gruppe Leute zusammengefunden, die ein Stück norwegischer Küstenkultur erhalten wollten und den Norsk Veteranskibsklub (NVSK) gegründet hatten. Diese Gruppe erwarb das Schiff im Jahre 1968 für nkr 10.000,- und begann mit umfangreichen Restaurierungsarbeiten, um das Schiff in den Zustand von 1935 zurückzubringen. Allerdings hat man sich dafür entschieden, die Brücke im geschlossenen Zustand zu belassen; sie bietet so einfach mehr Komfort. Von der damals noch existierenden Reederei VDS bekam der NVSK die Erlaubnis, die Schornsteinmarke, die Flagge sowie die Bugzier der VDS zu nutzen und dem Schiff wieder den Namen BØRØYSUND zu geben. (Auf diese Weise wird auch heute immer noch an diese traditionsreiche Reederei erinnert!) Die - nie endenden - Restaurierungsarbeiten wurden von der obersten norwegischen Denkmalbehörde, dem „Riksantikvaren“, schließlich mit der Unterschutzstellung des Schiffes gewürdigt.
Die BØRØYSUND ist 33,10 m lang, 5,50 m breit und hat einen Tiefgang von 3,60 m. Dabei ist sie mit BRZ 179,38 vermessen. Das Schiff wird von einer 3-Zylinder-dreifach-Expansionsmaschine mit einer Leistung von 210 PSi angetrieben und macht dabei eine maximale Fahrt von 9 kn, das entspricht rd. 16 km/h. Der erforderliche Dampf wird in einem Zylinderkessel mit zwei Feuern erzeugt. Der Kohleverbrauch liegt bei etwa 220 kg/h, die Bunker fassen 14,2 t Kohle. Bei längeren Fahrten wie beispielsweise zum Dampf-Rundum nach Flensburg, wird zusätzliche Kohle dann schon mal als Ladung mitgenommen. (Und man lässt sich zusätzliche Kohle in bestimmte Häfen liefern, wo dann gebunkert wird. Heutzutage gibt es ja keine Bunkerstationen mehr, wie in früheren Zeiten…) Die Anzahl der Passagiere, die heute mitgenommen werden dürfen, liegt bei 100 Personen, früher waren es - je nach Fahrtgebiet - zwischen 100 und 238 (!) Personen, die mitgenommen werden konnten. (Bei 238 Personen muss das schon ziemlich drängelig an Bord gewesen sein… )
Heimathafen der BØRØYSUND ist jetzt Oslo und von dort aus unternimmt das Schiff im Sommer Touren auf dem Oslofjord, ist aber auch bei internationalen Dampfertreffen wie beispielsweise dem Flensburger Dampf-Rundum ein gern gesehener, wenn auch seltener Gast.
Im Jahre 1988 fand in Kopenhagen ein „North Steam 88“ genanntes Dampfertreffen statt, zu dem auch der Dampf-Eisbrecher STETTIN eingeladen war. Ich hatte das Glück, als Heizer mitfahren zu können. Eines der weiteren teilnehmenden Schiffe war die BØRØYSUND. Zwar hatte ich diesen kleinen Küstenfrachter schon das eine oder andere Mal in Oslo liegen sehen, aber ein Schiff in Betrieb zu erleben, ist natürlich ein ganz anderer Schnack. Es war sozusagen Liebe auf den ersten Blick! Der Kontakt zu der Crew war dank meiner Sprachkenntnisse kein Problem. Auf unserer Hochzeitsreise im gleichen Jahr machten meine Frau und ich auch in Oslo Station und statteten dabei der BØRØYSUND einen Besuch ab, die anlässlich eines kleinen Hafenfestes ein „Open Ship“ veranstaltete. Die Wiedersehensfreude war auf beiden Seiten groß. Ebenso groß war die Freude auch, als die BØRØYSUND 1995 beim 2. Flensburger Dampf-Rundum auftauchte. Es war nicht das letzte Mal, dass wir uns über den Weg gelaufen sind…
Irgendwann meldete sich im Hinterkopf der Gedanke, die BØRØYSUND müsste doch auch als Kartonmodell eine gute Figur machen. Zumal es schon in der zweiten Hälfte der 90er Jahre mit STETTIN und BUSSARD - damals noch von Möwe - und der SCHAARHÖRN drei Teilnehmer am „kartonalen Dampf-Rundum“ gab. Da würde sich ein internationaler Teilnehmer doch als Ergänzung anbieten. Über meine Kontakte zum Norsk Veteranskibsklub (NVSK) konnte ich Pläne organisieren, aber wer macht die Konstruktion? Und für welchen Verlag? Nun, zum Konstrukteur bin ich definitiv nicht geeignet und als Verlag kommt natürlich nur einer in Frage, der die Bögen auch im guten alten Offset-Verfahren drucken lässt. Nun, der Verlag ist jetzt klar und der Konstrukteur ist auch kein Unbekannter.
Das Modell ist wahrlich kein besonders großes, trotzdem finden sich auf dem Bogen rd. 350 Teile. Die sind naturgemäß auch nicht übermäßig groß geraten. Aber man bekommt ein wirkliches Schmuckstück, saubere Verarbeitung vorausgesetzt. Mal sehen, ob ich das hin bekomme…
Natürlich gibt es auch zu diesem Modell den üblichen LC-Satz. Hinsichtlich der Relinge und Niedergänge ist das auch sinnvoll. Bei allen anderen Teilen, und seien sie noch so fitzelig (und davon gibt es durchaus ein paar…), empfehle ich, die Kartonteile zu verarbeiten. Es sieht einfach besser aus…
Na denn, auf geht’s, zunächst drei Aufnahmen vom Original