Hanse-Kogge, Schreiber, 1:100

  • Liebe Kartonfreunde,


    der Bugbereich war im Original der Kogge sehr kräftig gebaut worden. Entsprechend wurden im Modell hier noch einige aufgedoppelten Teile eingesetzt. Die starken Kanten habe ich wieder mit Holzfeinspachtelmasse nachbehandelt, damit die feinen Spalten zwischen den Kartonteilen verschwinden. Fast alle Teile habe ich mit Feilen der Körnung 320 nachgearbeitet, um die Spalten zwischen den Bauteilen so klein wie möglich zu halten.


    Viele Grüße


    Matthias

  • Hallo Matthias,


    die Arbeit, die Du in Deine Einzeteile steckst findet sich dann hinterher in der Gesamtkonstruktion wieder. Ganz tolle Arbeit. Gefällt mir bisher sehr gut und lässt mit Spannung Deine nächsten Bilder erwarten.


    LG
    Ernie

    "Das Recht auf Dummheit wird von der Verfassung geschützt. Es gehört zur Garantie der freien Persönlichkeitsentfaltung"
    (Mark Twain)

  • Ernie, danke für Deinen Zuspruch.

    Liebe Kartonfreunde,


    ein Konstruktionsmerkmal der Koggen waren die schweren, quer zur Schiffsrichtung eingebauten Balken, welche die Bordwand durchstießen. Diese Querbalken erhöhten die Querstabilität des Rumpfes erheblich. Außerdem konnte man auf diese Balken weitere Längsbalken anbringen, die ein durchgängiges Deck tragen konnten.


    Warum diese Querbalken allerdings durch die Bordwand gingen hat sich mir nicht ganz erschlossen. Ich kann mir vorstellen, dass diese Balkenköpfe den Rumpf vor Beschädigungen schützen konnten, wenn das Schiff an einer Kaikante lag. Sie hätten somit eine gewisse Fenderwirkung gehabt. Dieses Konstruktionsmerkmal verschwand dann auch bei späteren großen Handelsschiffen wieder. In einigen historischen Quellen wird die Kogge aufgrund dieser Querbalken auch als „großes durchbalktes Schiff“ bezeichnet.


    Der Baubogen stellt bei der Konstruktion des Rumpfes nicht auf den Einbau der Querbalken ab, sondern stellt diese nur vereinfacht in Form der Balkenköpfe dar, die auf den Rumpf geklebt werden. „Dies ist eine einfache Baugruppe und schnell gemacht“, dachte ich mir. Beim Einbau bemerkte ich, dass diese Bauteile genau der Rumpfform folgen, was dazu führt, dass im Bereich von Bug und Heck diese wie Spieße in einem Käse-Igel in alle Richtungen zeigen und nicht mehr quer zum Rumpfachse zeigen.


    Ich habe also einige Köpfe an der Unterseite mehr oder weniger schräg anschneiden müssen, um den Eindruck von durchgängigen Balken zu erwecken. Dies ist mir einigermaßen gelungen. Ohne diese Anpassung hätte es den Gesamteindruck des Modells später wahrscheinlich abgewertet.


    Viele Grüße


    Matthias

  • Hallo Matthias,


    Dein Baubericht gibt einem nahezu das Gefühl, beim Bau einer echten Kogge dabei zu sein. Das wird ein richtig schönes Modell! Danke für den Bericht und die vielen historsichen Zusatzinformationen.

    Schockvideos: Pinguine verspeisen den selben Eisbären gleich zweimal 8o Nur für starke Nerven hier und hier!


    Viele Grüße, Nils

  • Liebe Kartonfreunde,


    heute wurde im Stadthafen von Ueckermünde der neuste Nachbau einer mittelalterlichen Kogge auf den Namen UCRA getauft. Das 26 Meter lange und 100 Tonnen schwere Holzschiff muss innen noch ausgebaut werden, bevor es ab Oster 2016 für touristische Ausfahrten zur Verfügung stehen kann. Historische Vorbilder dieses Nachbaus sind ein Schiffsmodell von 1450 aus Ebersdorf und eine Darstellung im Dreikönigsaltar des Kulturhistorischen Museums in Rostock.


    Ein Link zu einem Artikel der Ostsee Zeitung: http://www.ostsee-zeitung.de/V…-historische-Pommernkogge


    und ein qualitativ guter Film auf YouTube vom Verholen auf den Liegeplatz im Stadthafen: https://www.youtube.com/watch?v=eMv5U3qabpg


    Viele Grüße aus Hamburg


    Matthias

  • Moin, moin Matthias,


    die typische Rumpfform einer Kogge ist jetzt sehr gut zu erkennen - man sieht, dass die Koggen in ihrer Zeit optimale Transportschiffe waren mit einer ordentlichen Tragfähigkeit.


    Gruß von der Ostsee
    HaJo

    Exercitatio artem parat!

  • Liebe Kartonfreunde,


    leider habe ich aus beruflichen Gründen kaum Muße gefunden an der Kogge zu bauen. Die Weihnachtsferien war diesbezüglich auch nicht sehr ergiebig. Somit war der Baufortschritt seit September sehr gering.


    Immerhin habe ich die Unterseite des Kastelldecks bearbeitet und alle möglichen aufgedruckten Balken aus dem Sicherheitsscan auf Finnpappe verstärkt und aufgeklebt. Dann wurde das Bratspill gebaut. Hierzu habe ich ein 5 mm Rundholz schwarz gefärbt und mit dem gerundeten Bauteil umklebt. Die aufgedruckten Öffnungen für die Handsparren habe ich vorher ausgeschnitten um etwas Tiefe zu erzeugen.


    Viele Grüße
    Matthias

  • Hallo Matthias,


    die Ausarbeitung des Kastelldecks mit denm Bratspill ist super und wieder ein Schritt weiter in Richtung Stapellauf. Leider sind wir alle zu einem Großteil fremdbestimmt, und für den Rest der Zeit findet sich dann auch noch jemand der einem sagt, was noch alle zu tun ist. Ich freue mich auf jeden Fall, wenn es mit Deiner Kogge weitergeht.


    LG
    Ernst

    "Das Recht auf Dummheit wird von der Verfassung geschützt. Es gehört zur Garantie der freien Persönlichkeitsentfaltung"
    (Mark Twain)

  • Hi Matthias...
    Jetzt nur nicht das Handtuch werfen und schön weiter bauen.
    Meinetwegen auch mit Unterbrechungen aber bleib dran.
    Ich freu mich jedes mal wenn Du Uns etwas zeigst.
    Gruß, Renee

    Im Wald boten sich mir zwei Wege dar.

    Ich nahm den, der weniger betreten war!

  • Nein, Renee, hier wird kein Handtuch geworfen. Ich möchte diesen schönen Bogen unbedingt fertig stellen. Deine Modelle und Deine Bauweise sind mir ein Ansporn.


    Viele Grüße


    Matthias

  • Liebe Kartonfreunde,


    das Kastelldeck ist nunmehr fast fertig. Ich habe an den Bordwänden und an der Innenschanz des Kastelldecks alle aufgedruckten Verstärkungen auf 0,9 mm Finnpappe gedoppelt, um mehr Plastizität zu erreichen. Hierzu habe ich einen zweiten Bogen gekauft und angeschnitten, da der Druck aus dem Sicherheitsscan keine schöne Farbe bei diesen Brauntönen lieferte. Da das Schanzkleid durch die Dopplungen stärker wurde, passten im Bereich des Hecks die Aufbauwände nicht mehr so gut. Durch das Einpassen von entsprechenden Leisten ließen sich die Ungenauigkeiten aber gut kaschieren.


    Die Aufbauwände mussten stark vorgeformt werden damit sie gut miteinander verklebt werden konnten. Das war nicht so einfach. Ach ja, vor dem Anbringen der Aufbauwände habe ich die unteren Jungfern eingebunden und mit kleinen Augbolzen aus Draht am Kastelldeck befestigt. Zu einem späteren Zeitpunkt hätte das ziemlichen Stress verursacht. Ich habe mich bezüglich der Jungfern und Blöcke für die lasergeschnitten Zurüstteile von Shipyard entschieden. Die sehen sehr stimmig aus.


    Ein interessantes Detail auf dem Kastelldeck ist das dort vorhandene Plumpsklo, welches ich an dieser exponierten Stelle nicht vermutet hätte. Immerhin plumpst „der Stuhl“ nicht weit entfernt auf Augenhöhe des Rudergängers innerhalb des Aufbaus ins Wasser. Offensichtlich hatte man 1380 ein ganz anderes Empfinden für Diskretion. Hier habe ich zusätzlich braun gestrichenes Röhrchen eingesetzt, damit man nicht in den hohlen Kasten schaut.


    Viele Grüße
    Matthias

  • Liebe Kartonfreunde,


    anbei noch zwei weitere Bilder. Auf dem Kastelldeck fehlen jetzt noch die große Winde und ein Handlauf auf dem Schanzkleid in Form eines Seiles. Außerdem glaube ich, dass es nach binnenbords bestimmt ein Geländer gegeben hat. So wie jetzt, wäre es bestimmt gegen die Unfallverhütungsvorschriften der Hanse gewesen. Wenn es ansprechend aussieht, werde ich noch ein Geländer bauen.


    Viele Grüße
    Matthias

  • Hallo Mathias,
    schön deinen Dampfer weiter wachsen zu sehen.
    Die Textur ist fantastisch, kaum zu glauben dass es sich um Papier handelt.
    Gruß Uwe

    Man lebt ruhiger, wenn man nicht alles sagt was man weiß, nicht alles glaubt, was man hört und über den Rest einfach nur lächelt.

  • Moin Matthias...
    Jetzt hast Du Dich aber warmgelaufen.!
    Das Kastell und auch die Fotos dazu sind Dir sehr gut gelungen. :thumbsup:
    Beim anschauen fühlt man sich gleich um 600 Jahre jünger.und zurück in die Hanse-Zeit versetzt.
    Gruß und frohe Ostern, Renee

    Im Wald boten sich mir zwei Wege dar.

    Ich nahm den, der weniger betreten war!

  • Moin zusammen,


    als altgedienter Koggen-Segler ist das Plumpsklo durchaus angenehm und man ist dort recht privat.


    Als kleiner Tipp.... In Griffweite ist ein alter Tampen (Stück Seil) angeschlagen, der hinter einem halben Schlag (=Knoten) aufgedröselt in der See mittreibt... Das ist die mittelalterliche Version des Klopapier/Bidets. Ein Pinsel um seinen Steert zu reinigen. :D


    Keine Sorge, DAS Patent haben wir nicht erprobt...


    Gruß
    Hadu

    Vielleicht kommt der Tag, an dem mehr Leute checken, dass Idiotie nicht links oder rechts ist, sondern in erster Linie daher rührt, dass jemand ein Idiot ist! (M. Tegge)




    www.modell-und-geschichte.jimdo.com


    Mitglied der Luft'46-Gang

  • Hallo Matthias,


    ich kann mich meinen "Vorschreibern" nur anschließen, dass sieht alles super aus :thumbsup:. Ich freue mich schon jetzt auf Deine nächsten Fotos.


    LG
    Ernst

    "Das Recht auf Dummheit wird von der Verfassung geschützt. Es gehört zur Garantie der freien Persönlichkeitsentfaltung"
    (Mark Twain)

  • Moin Hadu,


    ich bin im September zwei mal stundenweise auf dem Koggennachbau, der WISSEMARA, in Wismar mitgefahren. Dort wurde diese Geschichte mit dem Tampen zur "Steertreinigung" auch gerne erzählt. Mir erscheint, dieser Tampen bestand aber wahrscheinlich überwiegend aus Seemannsgarn.


    So eine Leine, die tagelang im Seewasser nachgeschleppt wird, wird ja auch ziemlich glitschig und somit nicht unbedingt sauberer. Dennoch brachte mich Dein Beitrag dazu einmal bei Wikipedia unter dem Stichwort "Toilettenpapier" nachzusehen und dort fand ich in der Rubrik Geschichte: "Vor Verwendung von Toilettenpapier wurden Lumpen (Textilien) oder Schwämme verwendet, manchmal sogar lebendes Federvieh, überwiegend aber keine Hilfsmittel. Die linke Hand war in vielen Kulturen, insbesondere Asiens, der Körperreinigung vorbehalten, die rechte dem Händedruck und zum Essen."


    Skurril ist der Hinweis auf das Federvieh :D :wacko: . Für wahrscheinlich erachte ich, dass die Seeleute diesbezüglich an Bord so verfahren haben, wie sie es an Land gewohnt waren.


    Übrigens ist das Klo im Bausatz nicht korrekt dargestellt. Wie ich im Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven gesehen habe, war das Klo eine Konstruktion eingelassen in das Kastelldeck, so dass der Seemann nur bis zum Oberkörper aus dem Kastelldeck hervorschaute. Für den Bau meiner Kogge kam diese Information aber zu spät. Da konnte ich das nicht mehr ändern.


    Viele Grüße


    Matthias

  • Die letzten Beiträge beleuchten ein sehr wichtiges Kapitel der Seefahrt. Ich weiß z. B. aus der Geschichte der britischen großen Segelkriegsschiffe, dass die Seepfarrer gerne als Offiziere und nicht als Unteroffizieren gestuft worden wären. Dann hätten sieie die viel komfortableren Toiletten in den Hecktaschen benutzen können anstatt die auf dem Galion.
    Ulrich

                                                                                   Artikel 1 GG:

    Die Würde des Menschen ist unantastbar.

    Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt



  • Liebe Kartonfreunde,

    im Bausatz ist am Rande des Kastelldecks zum Hauptdeck keine Reling vorgesehen. Ich denke, dass dort beim Original bestimmt eine gewesen wäre. Ohne Reling wäre das Unfallrisiko, speziell bei Seegang, viel zu hoch und bestimmt auch gegen die Bestimmungen der „hansischen Berufsgenossenschaft“ gewesen.


    Interessanterweise fehlt auch bei dem Modell im Schifffahrtsmuseum Bremerhaven dort eine Reling. Der Geschichte nach ist die originale Kogge bei einer Sturmflut von der Werft gespült worden und war zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich auch noch nicht fertig gebaut. Insofern ist das Original wohl in vielen Aspekten unvollständig.


    Ich habe jedenfalls eine Reling eingebaut und dazu die Textur, aus einem zweiten Bausatz, aus dem Hauptdeck entnommen und mit Finnpappe verstärkt. Bitte seht selbst. Ich finde es sieht einigermaßen vollständig aus.


    Viele Grüße
    Matthias

  • Moin Matthias...
    Nach meinem Dafürhalten hast Du damit richtig gehandelt. :thumbup:
    Und der historischen Forschung einen wichtigen Hinweis gegeben. :thumbsup:
    Deine ausgestichelte Reling ist richtig gut geworden. :)
    Gruß, Renee

    Im Wald boten sich mir zwei Wege dar.

    Ich nahm den, der weniger betreten war!

  • Moin zusammen,


    der Hinweis auf die "Unfertigkeit" der Kogge ist bedeutend.


    Das damals obligatorische Bugkastell/Plattform fehlt ja auch. Es waren ja auch unsichere Zeiten, in der die Koggen eine gewisse Wehrhaftigkeit haben mussten.


    Gruß
    Hadu

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    Mitglied der Luft'46-Gang

  • Das ist m.E. ein höchst spannender Baubericht, mit viel Liebe und Sachkunde zu den Details. Danke dafür.


    Hatten eigentlich alle Koggen ein Vorderkastell? Die heutigen Nachbauten, die sich wohl überwiegend an der Bremer Kogge orientiert haben, sind dort alle "kastelllos".

    Fertig: MS WILHELM GUSTLOFF, 1:250



    Aufwachen - es ist 5 vor 33...

  • Moin Helmut,


    Hatten eigentlich alle Koggen ein Vorderkastell?


    das muss wohl zeit- bzw. entwicklungs oder verwendungsabhängig gesehen werden. Das Siegel von Elbing von 1242 zeigt ein Fahrzeug, welches schon als Kogge beteichnet werden kann, ohne Vorderkastell, allerdings auch ohne Heckkastell. Bei den Siegeln von Wismar und Harderwijk ist es ebenso. Das Siegel von Elbing von 1350 zeigt eine Kogge mit Vorder- uind Heckkastell, ebenso ein Stralsunder Siegel aus dem 14. Jahrhundert. Eine Handschrift aus dem 14. Jahrhundert (Britisches Museum) zeigt Koggen mit Vorder- und Heckkastell im Kampf. Wenn der Schiffstyp nicht genau eingegrenzt ist/wird, kann deine Frage demnach mit "nein" beantwortet werden.


    Viele Grüße
    Gustav

  • Liebe Kartonfreunde,


    im nächsten Bauschritt habe ich die Oberkanten des Kastelldecks bearbeitet. Nach dem Bausatz soll hier ein Kartonstreifen aufgeklebt werden, der eine Seilstruktur zeigt. Nach meinen Aufdopplungen der Leistenstruktur des Kastelldecks passt dieser Steifen natürlich nicht mehr.


    Bei dem Museumsmodell in Bremerhaven wurde hier eine Holzschnitzarbeit in Form einer Seilstruktur verwendet. Ich habe hier feinste Polyesterseile in 1,75 mm und 1,5 mm Durchmesser verarbeitet und mit Weißleim verklebt. Die Tampen haben jeweils sogar einen Takling gegen das Aufdröseln aus einer 0,1 mm Leine erhalten.


    Die letzten weißen Streifen am Rumpf sind nun auch durch die entsprechenden Leisten beklebt worden und somit verschwunden.


    Viele Grüße


    Matthias

  • Hallo Matthias,


    hatte leider gesundheitlich eine kleine Auszeit. Habe den Fortschritt deiner Kogge daher nicht mitbekommen. Das Seil auf der Reling ist am fertigen Modell bestimmt ein Hingucker. Ich freue mich auf den Rest.


    LG
    Ernst

    "Das Recht auf Dummheit wird von der Verfassung geschützt. Es gehört zur Garantie der freien Persönlichkeitsentfaltung"
    (Mark Twain)