Einge Betrachtungen zum 'Nichts' (= Loch)
Ein berühmtes Rätsel beinhaltet die Frage: Was wird mehr, je mehr man wegnimmt und weniger, je mehr man zugibt. Die Antwort ist einfach, denn nur ein Loch erfüllt diese Bedingungen. Als Kartonbauer hat man sehr viel mit solchen Löchern zu tun und die Frage, wie man so ein Loch in unser geliebtes Bastelmedium macht ist wahrscheinlich so alt, wie das Hobby selbst.
Auch ich habe mit so einige Gedanken zu diesem komplexen Thema gemacht und möchte euch meine gedanklichen Ergüsse nicht vorenthalten.
Grundsätzlich habe ich folgende Methoden für die Erstellung eines mehr oder weniger runden Loches gefunden:
Stechen: Kann bei dünnen Material durchaus angewendet werden, ist aber auf kleine Durchmesser beschränkt, sieht von vorne ganz gut aus - über die Hinterseite deckt man jedoch besser den Mantel des Schweigens.
Bohren: Auch eine Möglichkeit, die jedoch nur bei entsprechender Vorbehandlung bei Karton und Papier möglich ist, das man sonst sehr schnell die Erfahrung macht, aus wievielen Schichten so ein Stück Karton bestehen kann.
Messer: Eine echte Herausforderung, die aber bei sehr viel Übung und sehr viel Zeit zu hervorragenden Ergebnissen führen kann (siehe Stichelmethode).
Lasern: Führt mit Sicherheit zu den besten Ergebnissen, ist jedoch für den Einzelanwender (derzeit?) unerschwinglich.
Stanzen: Diese Methode wird von sehr vielen angewendet und soll Gegenstand einer genaueren Untersuchung sein.
Die meisten von uns kennen die Lochpfeifen, die es in Durchmessern von ca. 1,0 bis 12,0 mm in 0,5 mm Abstufungen gibt und die ein brauchbares Loch erzeugen. Brauchbar deshalb, weil durch den Aussenkonus eigentlich nur der weggestanzte Teil, also der Abfall, eine wirklich saubere, rechtwinkelige Kante ergibt. Durch die Form der Schneide, die innen aus einer zylindrischen Bohrung besteht und aussen mit einer Fase versehen ist, wird beim Stanzvorgang Material verdrängt (die Masse an Karton, die durch das Werkzeug verdrängt wird, muß ja irgendwo hin) und zwar durch die Schräge vor allem nach aussen. Das Ergebnis hat daher auch eher Änlichkeit mit einem Trichter, als mit einem sauberen zylindrischen Loch. Je dicker das Material, desto stärker die Verformung, da ja mehr Material verdrängt wird. Daher sind übliche Lochpfeifen eigentlich nur für sehr dünnes Material oder bei Hauptinteresse an den ausgestanzten Scheiben uneingeschränkt brauchbar.
Durch ein Problem mit einem 1,6 mm Loch bei meinem Jeep, habe ich ein wenig herum experimentiert und dabei eine sehr brauchbare Lösung mit einem Rohr und einem Innenkonus gefunden. Durch diese Erfahrungen beflügelt habe ich mich nach weiteren Möglichkeiten umgesehen und bin fündig geworden.
Stanzen ist eine sehr verbreitete Technik und viele Gegenstände des täglichen Gebrauchs haben Ihren Fertigungsursprung in einer Stanzmaschine. Selbstklebende Folien werden z.B. mit speziellen Stanzformen in einem Rutsch und mit mehreren Tonnen Druck aus dem Bogen herausgestanzt. Diese Stanzformen werden üblicherweise aus Stahlstreifen zusammengesetzt. Für Bohrungen und andere normbare Formen werden jedoch auch fertige Teilkomponenten verwendet und genau nach diesen habe ich gesucht.
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Diese sogenannten Lochkreise, oder Rundlochstanzen sind in vielen Dimensionen vorhanden, vorgefertigt und wesentlich billiger, wie die meisten jetzt denken. Ab 2,0 mm Durchmesser lieferbar, werden sie mit CNC-Drehmaschinen aus Werkzeugstahl gedreht und anschließend gehärtet. Ich habe mir einen kompletten Satz von 2,0 bis 25,0 mm in 0,5 mm Abstufungen bestellt und pro Stück im Schnitt ca. EUR 3,00 bezahlt. Um das Ergebnis mit den üblichen Rundlocheisen zu vergleichen habe ich einen kleinen Test mit 1 mm dickem Holzkarton gemacht. Dafür wurde jedoch kein Hammer verwendet, sondern meine Tischbohrmaschine als Stanze mißbraucht.
Erst das Loch mit der Lochpfeife:
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Dann das Loch mit der Rundlochstanze mit Innenkonus:
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Das Ergebnis spricht für sich, auch wenn ich beim zweiten Loch ein wenig geschludert habe und einen Schatten-Ansatz erzeugt habe:
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Vorteile: Beide Löcher haben als Grundmaß 2,5 mm Durchmesser, jedoch nur die Rundlochstanze mit Innenkonus hat auch wirklich ein korrektes Loch erzeugt. Die Kanten sind sehr sauber und das Loch ist durchgehend zylindrisch. Durch die gerade Aussenform ist es sehr einfach, das Stanzeisen auf einen Vordruck genau auszurichten. Das Abfallmaterial ergibt gerade bei kleinen Löchern sehr interessante Formen, die gut verwendet werden können. So wurde z.B. das Ventil bei den Reifen von Willys Jeep genau aus solchen Abfallstücken gemacht.
Nachteil: Auch ein Nachteil dieser Stanzen sollte jedoch erwähnt werden. Konstruktionsbedingt wird bei diesen Stanzen das Material nach innen verdrängt, wo ziemliche Platznot besteht und das Material daher extrem verdichtet werden muß. Daher benötigt es auch wesentlich mehr Kraft zum Stanzen. Mit meiner Bohrmaschine sind daher nur Löcher bis max. 5,0 mm in 1 mm dickem Karton machbar. Größere Lochdurchmesser verursachen gerade mal einen zarten Abdruck auf dem Karton. Ich habe mir jedoch schon eine kleine Zahnstangenpresse bestellt (ca. 1 Tonne Preßkraft) und dann werden wir ja sehen ... Da die Teile gehärtet sind, sollte man mit dem Hammer etwas vorsichtig sein, da ein Bruch möglich ist.
Liebe Grüsse vom
Josef