Hallo Mitkleber.
Meine Seatrout schwimmt fröhlich auf den Meeren umher, der Draken fliegt (ab und zu sogar über unseren südlichen Nachbarn); also ein neues Modell. Wie gewisse Personen auf der Insel sagen würden: "And to something completely different". Diesmal etwas auf dem Land. Dann probiere ich mal eine Lokomotive, eine kleine so für zwischendurch: Der Glaskasten.
Zum Vorbild:
Bauart: B h2
Treibraddurchmesser: 1006 mm
Länge über Puffer: 6984 mm
Höchstgeschwindigkeit: 50 km/h
Leistung: 210 PSi
Kesselüberdruck: 12 kp/cm2 (Quelle: Horst J. Obermayer, Taschenbuch Deutsche Dampflokomotiven, Stuttgart 1988 )
Bayern hatte als eines der größeren Flächenländer um die Wende zum 20. Jahrhundert ein sehr gut ausgebautes Lokalbahnnetz. Die Gemeinden in der Fläche drängten alle auf einen Anschluß an die Eisenbahn und damit an die große weite Welt, besonders um die (landwirtschaftlichen) Erzeugnisse in den nächsten größeren Ort zu bringen (z.B. Ottobeuren Memmingen 1900). Die Gemeinden mußten den Grund und Boden für die Eisenbahn kostenlos zur Verfügung stellen. Der Bau der Bahnlinie wurde vom Staat bezahlt. Der Bau der Lokalbahnen wurde bewußt einfach gehalten. So wurde versucht mit möglichst wenig Erdbewegungen auszukommen, auch wenn deshalb enge Kurven und Gegensteigungen in Kauf genommen werden mußten. Die Schienen waren leichter ausgelegt für zweiachsige Personen- und Güterwagen. Der Betrieb war so einfach wie möglich gehalten. Auf vielen Stationen tat kein Bahnbeamter Dienst sondern die Abfertigung der Züge wurde an ortsansässige Agenten auf Dienstvertrag übertragen. Die normale Geschwindigkeit war in der Regel auf 20 km/h höchstens 25 km/h beschränkt, deshalb war es meistens nicht nötig die Bahnstrecke aufwendig zu sichern mit z.B. Schrankenanlagen. Den laufenden Betrieb mußte die Staatsbahn trotzdem bezahlen. Die Personalkosten waren schon immer der größte Posten in einem Unternehmen, auch wenn es Königlich Bayerische Staatsbahn heißt.
Deshalb wurden die beiden Lokomotivfabriken J.A.Maffei und Krauss & Comp. 1905 beauftragt eine leichte, zweifach gekuppelte Lokomotive zu entwickeln, die von einem Mann zu bedienen sein sollte. Eine vom Lokführer zu bedienende Schüttfeuerung ermöglichte die Einsparung des Heizers. Die ersten Loks wurden als ML 2/2 (Motorlokomotive für Lokalbahnbetrieb mit insgesamt 2 Achsen (von denen 2 angetrieben waren) bezeichnet. 1906 wurden sie anläßlich einer völligen Neuordnung bei der Fahrzeugbezeichnungen in PtL 2/2 (Personenzug-Tenderlokomotive für Lokalbahnbetrieb) umbenannt. Zwischen 1905 und 1914 entstanden fünf Unterbauarten des Glaskasten in insgesamt 79 Exemplaren; davon lieferte Krauß & Comp. 54, J.A.Maffei 24 und in Lizenz die Schweizer Wunterthur 1 Lokomotive.
Die ersten Maschinen bewährten sich aufgrund der komplizierten Bauart (mit Innentriebwerk bei Krauß, dem Doppelzylinder bei Maffei) im Betrieb nicht so richtig. Die Fa Krauß baute zwischen 1908 und 1909 29 Lokomotiven mit Außentriebwerken und Blindwelle, ab 1911 dann noch einmal 13 Maschinen ohne Blindwelle, die sich hervorragend bewährten. Im Jahr 1909 wurden drei Maschinen nach Preußen geliefert.
Das Vorbild des Modells mit der Nummer 4522 das dem Bausatz zugrundeliegt wurde im Jahr 1908 von Krauß (Fabriknummer 5904) an die Königlich Bayerische Staatsbahn geliefert. Sie wurde immer im oberbayerischen Raum eingesetzt. Die Lok wurde von der DRG mit der Betriebsnummer 98 304 übernommen. 1945 kam sie an die ÖBB und wurde mit der Betriebsnummer 688.01 eingereiht. In Österreich wurde sie in den Zfl Wörgl, Wien Ost, St. Pölten, Wien West, Linz und Salzburg eingesetzt, wo sie dann auch am 15.91959 verschrottet wurde.
(Quelle: Steffen Lüdecke, Die Baureihe 98, Bd. 1, EK-Verlag 1999, ISBN-978-3-88255-135-8)