Maßstab 1:250, warum?

  • Hallo Axel, hallo liebe Freunde des Kartonmodellbaus,


    mit Deiner persönlichen Meinung, dass Maßstabsdiskussionen in einem Forum überflüssig seien, magst Du für Dich völlig Recht haben. Da kann ich Dir sogar beistimmen.


    Gleichzeitig nehme ich aber wahr, dass es wirklich viele unter uns gibt, die sich wirklich dafür interessieren und sich dabei fragen, wie unser „Wundermaßstab 1:250“ überhaupt diesen
    Siegeszug antreten konnte. Dein Einwurf wird dieser berechtigen Interessenlage jedoch nicht gerecht. Es ist meiner Meinung etwas komplizierter als Du es formuliert hast.


    Mit Deiner Argumentation, dass der Maßstab 1:250 aus Platzgründen entstanden sei, kann ich Dir jedoch nicht so richtig folgen.
    Es ist bestimmt wohl so, dass die Familien in den 1950/1960-Jahren, im Zeitalter des Wirtschaftswunders, enger zusammen wohnen mussten. Die Feierabende gehörten noch nicht dem
    Fernsehkonsum. Familien hörten Radio, Mutter häkelte oder strickte, Vater bastelte Kartonflugzeuge oder Kartonschiffe oder entdeckte die Modelleisenbahn mit seinem Jüngsten. Modellbau gehörte zu den Freizeitbeschäftigungen. Kartonmodelle wurden in der Regel von den männlichen Geschwistern quasi am Fließband gebaut, je nach Füllstand der Taschengeldkasse.


    Die meisten von uns kennen noch die Masern und die Windpocken. In vielen Gesprächen weiß ich, dass in diesen Krankheitstagen sowohl eine „Scharnhorst“ als auch eine „Hipper“ gebaut worden
    sind (oder ähnliche Modellzusammenstellungen).


    Die gebauten Modelle wurden bespielt. Wie viele Modelle haben ihren Untergang in der Badewanne mit der Hilfe von „Lady-crackern“ erfahren müssen? Heute wäre es undenkbar, dass eine HMV-Bismarck mit ihren über 7000 Teilen dieses Schicksal ereilen könnte. Damals kamen solche Verluste durchaus häufig vor, nicht zuletzt, weil beispielsweise eine 2-cm-Flak nur aus einem Kartonteil und einer abgekniffenen Stecknadel bestand.


    Es wurde gebaut, was das Zeug hielt. Der Maßstab war nun einmal per Zufall 1:250, wie ich es in einem früheren Beitrag geschildert hatte. Das vielfältige Angebot und die graphische Qualität der Wilhelmshavener Modellbaubogen waren hervorragend. Der Vertrieb funktionierte über die zahlreichen Schreibwaren- und Spielzeuggeschäfte bestens. Plastikmodellbau war noch keine Konkurrenz für den
    Kartonmodellbau und wenn, dann waren diese Modelle teurer.


    Lieber Axel, der eigentliche Grund für die Entwicklung der sogenannten „Möwe Schnellbaubogen“ hatte nichts damit zu tun, dass man wenig Platz in den Wohnungen zur Verfügung hatte. Der Konstrukteur Gerhardt Neubert hatte 1960 die Vorstellung entwickelt, dass das man die Modellvolagen am besten auf A4-Format anordnen könne. Die Handhabe dieser Bogen ist so unempfindlicher gegen Verknicken und sie lassen sich besser transportieren. Er hätte sich als damals verantwortlicher Konstrukteur natürlich gerne auch von den vorhandenen Bögen in den A2/A3 Formaten gelöst. Aber dieser Gedanke ließ sich im damaligen Lehrmittelinstitut nicht umsetzen. Auch der von der Geschäftsführung gewählte Name „Möwe Schnellbaubogen“ für die „neuen Modelle im Maßstab 1:500“ hatte dem Konstrukteur nie gefallen. Seine Vorstellung war es, dass der Bastler durch die optionalen Teile ermutigt werden sollte, selbstständig seine gebauten Modelle zu verfeinern.
    (;) An Frerichs Minimodelle in 1:1250 hatte noch keiner gedacht.)


    Obwohl die Gestaltung dieser Bastelbögen auf einem hohen ästhetischen Niveau steht, dürften diese 1:500 Modelle kein kommerzieller Erfolg gewesen sein, wie man ihn von den 1:250-Modellen kannte (Vermutlich hat es nur zwei Auflagen der 16 unterschiedlichen Modellvorlagen gegeben.). Eine Weiterentwicklung ist um 1965 nicht verfolgt worden. Beispielhaft dafür ist, dass die Bundesmarine
    nur mit dem Torpedofangboot (517) vertreten ist.


    Die Idee, die jedoch geblieben ist, ist die, dass man sich von den großen Bogenformaten A2/A3 lösen wollte. Der praktizierte Transport vom Geschäft nach Hause war Anfang 1960 nicht mehr zeitgemäß. Erste Versuche, die Modellvorlagen im A4-Format zu präsentieren, sind bei der „Ilmatar“, „Regina Maris“, „Wilhelmshaven“, „Antilope“ „Anneliese Oltmann“ zu beobachten.


    Erst sehr viel später hat sich die Anpassung an das A4-Format durchgesetzt: Bei den Modellen des Passat-Verlages, der HMV-Modelle, der JSC Mikroflota, der Paper Shipwright-Modelle, den Modellen der Modellwerft, (entschuldigt bitte, dass ich nicht alle erwähnen kann), usw.


    Dies ist der heutige Standard.



    Klaus Hildebrand

  • Erste Versuche, die Modellvorlagen im A4-Format zu präsentieren, sind bei der „Ilmatar“, „Regina Maris“, „Wilhelmshaven“, „Antilope“ „Anneliese Oltmann“ zu beobachten.


    Wann sind diese "A4" Bögen denn erschienen. Wenn überhaupt, dann wahrscheinlch in kleiner Auflage. Meine "Antilope" und "Anneliese Oltmann" vom Jade-Verlag und offensichtlich, was den Papierzustand und die Afmachung betrifft schon etwas älter, sind im A3 Format.


    Davon ab: ich finde (äh fand) die Diskussion auch interessant. Habe aber nicht mitgezählt wieviel Erklärungsversuche bisher zur Sprache kamen.
    Aber wir sind hier ja in einem "Forum": will heissen,hier lässt sich so manches bis zum Er....... diskutieren, und das ist gut so (um mal den ehem. Berliner Oberbürgermeister zu zitieren), auch wenn es (vlt.sogar mir) dem einen oder anderen nicht mehr passt. Ich kenne Foren, in denen einem schon der Mund verboten wird, wenn man nicht genehme Fragen stellt (ohne vorher zu wissen, was genehm ist und was nicht).


    In diesem Sinne, fröhliches fabulieren
    wünscht Rolf aus dem sonnigen Trier :cool:

    Klebe Deinen Traum!


    Auf Helling:

    span. Panzerschiff Numancia 1900, Heinkel Models, DRK Hilfsschiff Flora,Lotsenschiff Gotthilf Hagen
    als nächstes geplant:
    TMS Seatrout,HMV
    Fertig: MS Koblenz WHV/Jade,Dampfer Albatros HMV,Bugsier 14

  • Hallo Rolf,


    schau Dir doch zum Beispiel einmal die Bögen der "Anneliese Oltmann" und der "Wilhelmshaven" an.


    Sie sind zum Zeitpunkt ihres Erscheinens sogar als A2-Druck verkauft worden. Es gibt aber auch Exemplare der "Wilhlemshaven" als LI-Druck, wo im Titelkasten steht " 1 Bogen und Bauanleitung" und der auf A4 gefaltet verkauft worden ist. Später im Jade-Verlag steht dann im Titelkasten "2 Bogen und Bauanleitung".


    Wenn Du aber genau hinschaust, dann wirst Du sehen, dass sich bei all diesen Modellen der A2-Bogen vierteln läßt.


    Ich selbst hatte mich vor Jahren darüber gewundert, warum der Konstrukteur (G.Neubert, - kannte ich damals noch nicht) die Bordwände bei der "Anneliese Oltmann" so "komisch zerlegt" hatte, Grundplatte und Mittelspant bestehen dagegen aus einem Teil. Die Bordwände um 90° drehen und so hätte man sich das lästige Zerschneiden sparen können - dies waren meine naiven Gedanken :huh: .


    Die "Ilmatar" und die "Regina Maris" sind auch auf das A4-Format gefaltet verkauft worden, vermutlich auf den Schiffen selbst. Nur am Rande: Das Modell der "Ilmatar" war wie die "Finlandia" ein Werftauftrag. Die Bauanleitung ist bei beiden Modellen sogar ins Finnische und ins Schwedische übersetzt und dem Bogen beigefügt worden.


    Viele Grüße


    Klaus Hildebrand

  • Hallo Rolf,


    vielen Dank für deine Ausführungen.


    In meinen "Oldies" schlummern noch einige Modelle in verschiedenen Ausgabeformaten. Sowohl in DIN A 2 nicht faltbar auf DIN A 4 und auf DIN A 4 aufgeteilten Druck.
    Auch die unterschiedlichen Bogenangaben finden sich dabei noch.


    Meine DIN A 2 Bogen hüte ich wie einen Augapfel. Sie werden wohl zu meinem Erbe gehören.


    Viele Grüße
    Hans-Jürgen

    Viele Grüße


    Hans-Jürgen
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    Früher oder später, aber gewiss immer wird sich die Natur an allem Tun der Menschen rächen, das wider sie selbst ist. (Johann Heinrich Pestalozzi -1746 - 1827)