Hallo,
hier ein Projekt, an dem ich seit recht langer Zeit arbeite. Es handelt sich um das polnische Schiff "Kosciuszko" vom JSC Verlag. Der Maßstab beträgt 1:400.
Die Kosciuszko war eines der ersten drei Schiffe der "Gdynia-America Line". gebaut wurde sie 1915 bei Barclay, Curle & Co. in Glasgow. Sie hatte 6522 brt und konnte 712 Passagiere befördern. Als "Czariza" befuhr sie unter russischer Flagge die Ostsee, kam nach einigen Wirren während des ersten Weltkriegs als "Lituania" an die dänische "Baltic America Line". 1930 kaufte die GAL sie zusammen mit den Schiffen "Polonia" und "Pulaski".
Bis zum zweiten Weltkrieg blieben diese Schiffe im Dienst, dann wurden sie von England übernommen. 1950 wurde die Kosciuszko verschrottet.
Zum Bausatz:
Der Kartonbausatz ist JSC typisch recht einfach detailliert, Winden sind nur kleine Pappzylinder, Poller sind nur aufgedruckt, kleine Lüfter sind nur zweidimensional dargestellt, etc.
Der Rumpf besteht aus "Schachteln", die unten offen sind. Damit ist der Rumpf zwar einfach zu bauen, er hat aber seine Tücken. So hatte ich viel Sorgfalt darauf bedacht, daß der Rumpf gerade bleibt, nach dem aufkleben der ersten Aufbauten jedoch dauerte es nur wenige Tage bis der Bug und das Heck sich einige Milimeter in die Höhe reckten... Es fällt nicht zu dramatisch auf, allerdings ist derselbe Effekt auf der JSC Homepage zu sehen.
Die Masten, Davits und Ladebäume müssen nach Schablonen aus Holz und/oder Draht angefertigt werden. Das ging recht problemlos, für die Masten habe ich Schaschlickspiesse in eine Bohrmaschiene eingespannt und mit Schleifpapier auf den richtigen Durchmesser geschliffen. Die übrigen Teile sind aus 0,5mm Messingdraht oder 0,3mm Kupferdraht gebogen.
Ich habe zum ersten Mal Ätzreling aus Messing von GPM benutzt. Das hat sich als deutlich schwieriger erwiesen als die HMV Ätzsätze aus Neusilber, da das Messing wesentlich weicher ist. Außerdem sind die Relingstützen nicht immer passend, man muß "frickeln" bis alles passt.
Aus 0,5mm Drahtstückchen habe ich Poller hergestellt und auf das Deck geklebt, ich finde den Effekt überraschend stark. Eine Ankerkette habe ich ebenfalls zugerüstet.
Der übrige Detaillierungsgrad entspricht dem was JSC vorgesehen hat. Die kleinsten Lüfter sind also nur zweidimensional ausgeführt. Ich habe das deshalb so gelassen, weil in 1:400 ein mit deutlichem Mehraufwand gerollter Lüfter nicht stark auffällt, ganz davon abgesehen ob ich so ein fitzeliges Teill befriedigend herstellen kann. Aus demselben Grund sind die Winschen so wie JSC sie vorsieht, nähmlich kleine schwarze Zylinder. Entscheidend war für mich der Gesamteindruck, und in 1:400 ist der (meiner Meinung nach) ausreichend.
Die Takelage entstand wieder mithilfe von Nylon Angelschnur, die mittels Lötkolben gespannt wurde. Leider habe ich dabei die Ladebäume nach oben gezogen, lieber wäre mir eine völlig waagerechte Ausrichtung.
Auf den Fotos ist das Schiff noch nicht ganz fertig, es fehlen noch Anker, der hintere Flaggenstock, Flaggen und ein paar Relingteile.
Es war für mich recht schwierig eine ausreichende Dokumentation über das Schiff zu bekommen. Die Takelage entstand nach Abbildungen, die ich dem Internet entnommen habe. Auch die Platzierung der Reling istz im Wesentlichen geraten. Allerdings habe ich im Laufe des Baus ohnehin große Zweifel bekommen ob der Korrektheit der JSC Konstruktion.
Fazit: Trotz mäßiger Detaillierung und in einigen Details zweifelhafter historischer Akkuratesse hat der Bausatz viel Spaß gemacht, der Kartonteil geht recht schnell von Statten, die Paßgenauigkeit ist gut, bis auf das Schonerheck (lag aber wohl mehr am Erbauer als am Konstrukteur). Mit etwas mehr Aufwand entsteht ein Schiffsmodell, welches zwar bei Makrofotographie einen schweren Stand hat, dem "live" Betrachter jedoch einen sehr stimmigen Gesamteindruck vermittelt.