Moin zusammen,
nachdem jetzt die „dazwischengeschobenen“ Modelle STOLPMÜNDE und FEHMARNBELT fertig sind, kann ich nun das eigentlich im Anschluss an die BUGSIER 18 geplante Modell angehen. Es ist mal wieder ein Exemplar aus der „grauen Ecke“… Und ein bisschen größer… Aber der erforderliche Platz in der Vitrine ist schon seit langem reserviert.
„Aller guten Dinge sind drei!“, heißt ein Sprichwort. Und mit der USS INDIANAPOLIS werde ich jetzt den dritten der von Darius Lipinski für den Möwe-Verlag konstruierten amerikanischen Kreuzer in Angriff nehmen. Auch dieser Bau wird sicherlich ein Vergnügen werden, dafür bürgt der Name des Konstrukteurs und insofern kann man auch wirklich von einem „guten Ding“ im Sinne des genannten Sprichwortes reden… Von der Reihenfolge her war es das zweite Modell von Lipinski für den Verlag und vom Original her war das Schiff der älteste dieser drei Kreuzer.
Dass ich das Modell gerade jetzt in Angriff nehme, hat einen ganz profanen Grund: Für die erforderlichen „Malerarbeiten“ hatte ich seinerzeit bei USS ALASKA und USS SAN FRANCISCO auf Farben eines britischen Herstellers zurückgegriffen, die ziemlich naturgetreu sind/waren. Dieser Hersteller hat jedoch zwischenzeitlich „dicke Backen“ gemacht, wie man so schön sagt und weil solche Farben mit der Zeit eintrocknen, werde ich versuchen, die INDY fertigzustellen, bevor dieses bedauerliche Ereignis eintritt…
Das Schiff hat eine bewegte und eindrucksvolle Geschichte hinter sich, allerdings ohne „Happy End“. Gebaut wurde es als zweites Schiff der PORTLAND-Klasse bei New York Shipbuilding, Camden, wo es am 07.11.1931 von Stapel lief. Ein Jahr später, am 15.11.1932, stellte USS INDIANAPOLIS in Dienst.
Das Schiff war 186 m lang, 20 m breit und hatte einen maximalen Tiefgang von 7,4 m. Als typischer „Washington-Kreuzer“ hatte es eine Konstruktions-Wasserverdrängung von 10.110 t, die maximale Verdrängung betrug 12.776 t. Angetrieben wurde das Schiff von vier Turbinen, die eine Leistung von 107.000 wPS entwickelten und auf vier Propeller brachten. Dabei lief das Schiff rd. 33 kn, also umgerechnet gute 60 km/h.
Die Hauptbewaffnung bestand aus neun 8“L/55 Geschützen (dabei bedeutet „L“ die Länge des Seelenrohres in Kalibern, also hier 20,3 cm x 55 = 1.116,5 cm), die in drei Türmen untergebracht waren. Die Sekundärbewaffnung bestand aus acht 5“L/25 Geschützen, die sowohl zur Flugabwehr als auch zum Beschuss von See- und Landzielen eingesetzt werden konnten. (Daher auch die Bezeichnung „dual purpose gun“; in der einschlägigen deutschen Literatur teilweise etwas sehr direkt mit „Doppelzweck-Geschütz“ übersetzt). Die Maschinenwaffenbatterie gewann im Laufe des Krieges zunehmend an Bedeutung bei der Abwehr angreifender Flugzeuge. Zunächst waren an Bord 1.1“-Vierlinge eingebaut, die sich jedoch recht bald als relativ anfällig erwiesen. Daher wurden auf dem Schiff - sobald verfügbar - 40-mm-Vierlinge eingebaut. Ergänzt wurde die Flakbewaffnung durch eine Reihe von 20-mm-Oerlikons. Die Besatzung bestand aus 1.196 Mann.
Nach seiner Indienststellung absolvierte das Schiff zunächst seine Einfahrzeit, in der USN als „shakedown-cruise“ bezeichnet. Nach anschließenden Restarbeiten in der Werft wurde sie Flaggschiff der Aufklärungsstreitkräfte und verbrachte die überwiegende Zeit bis zum Ausbruch des Krieges in pazifischen Gewässern. Zwischendurch wurde sie wiederholt durch den amerikanischen Präsidenten Roosevelt als „Staatsyacht“ genutzt, so u.a. bei einer Südamerikareise im Jahre 1936.
Nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor am 07.12.1941 war USS INDIANAPOLIS an der - erfolglosen - Suche nach den japanischen Flugzeugträgern beteiligt. Anfang 1942 operierte sie zusammen mit anderen Einheiten der USN im Bereich Neu Guineas, ab Mitte des Jahres im Bereich der Aleuten. Im Zuge dieser Operationen war sie an mehreren Landzielschießen beteiligt und versenkte am 19. Februar 1943 den japanischen Frachter AKAGANE MARU.
Nach einer Anfang Mai 1943 beendeten Überholung im Mare Island Navy Yard machte Admiral Spruance, der Befehlshaber der 5. Flotte, die USS INDIANAPOLIS zu seinem Flaggschiff. An sich hätte ihm dafür eines der modernen Schlachtschiffe zugestanden. Sein Kollege Halsey als Befehlshaber der 3. Flotte wählte dementsprechend auch die USS NEW JERSEY als sein Flaggschiff. Doch Spruance wollte als Befehlshaber dem Geschehen möglichst nahe sein, insbesondere bei den Landungen auf den Pazifik-Inseln. Er hielt es für falsch, dabei ein modernes Schlachtschiff der Gefahr von umfangreicheren Beschädigungen auszusetzen. Einem vergleichsweise alten Kreuzer konnte man seiner Auffassung nach ein solches Risiko ruhig zumuten. Dass er sich letztendlich für genau dieses Schiff entschied, hatte sicherlich damit zu tun, dass er zu der Stadt Indianapolis eine besondere Beziehung hatte, schließlich war er dort teilweise aufgewachsen.
Als Flaggschiff der 5. Flotte nahm die INDY an den Landeoperationen bei den Gilbert-Inseln, den Marschall-Inseln, den Marianen, Iwo Jima und Okinawa teil. Im Zuge der Marianen-Operation war sie auch an der zweitägigen Schlacht in der Philippinensee beteiligt. Vor Okinawa erhielt sie einen Bombentreffer und wurde daraufhin im März 1945 zur (letzten) Reparatur nach Mare Island in die Werft geschickt. Bei der Gelegenheit wurde übrigens zur Gewichtserleichterung das Steuerbord-Katapult ausgebaut. (Das Modell stellt also mit seinen zwei Katapulten und dem Measure 22 Tarnschema den Zustand dar, den das Schiff nach dem vorletzten Werftaufenthalt [reguläre Überholung] hatte, also von Dezember 1944 bis März 1945, eine relativ kurze Zeitspanne.)
Nach diesem letzten Werftaufenthalt, der bis Anfang Juli 1945 dauerte, wurde das Schiff dazu benutzt, die Komponenten der für Hiroshima bestimmten Atombombe nach Tinian zu bringen. Die Reise wurde in Rekordzeit (10 Tage) absolviert: Das Schiff verließ San Francisco am 16. Juli 1945 und lief bis zum Zwischenstopp in Pearl Harbor durchgehend 29 kn (rd. 54 km/h). Sie erzielte damit eine neue Rekordzeit für diese Strecke mit 74 ½ Stunden! Nach Auffüllen der Bestände setzte sie die Fahrt nach Tinian mit etwas gemächlicheren 24 kn (rd. 44 km/h) fort und langte dort am 26. Juli an. Nach Ablieferung ihrer absolut geheimen Fracht sollte die INDY nach Leyte laufen, um sich dort wieder der Flotte anzuschließen. Obwohl den Landdienststellen bekannt war, dass sich in dem zu passierenden Seegebiet japanische U-Boote aufhielten, wurde die Schiffsleitung nicht darüber informiert. Das Schiff erhielt auch keine Eskorte, sondern musste als Einzelfahrer laufen. Am 30. Juli wurde das Schiff von dem U-Boot I-58 unter dem Kommando von Kapitän z.S. Mochitsuro Hashimoto kurz nach Mitternacht torpediert. Die INDY sank innerhalb einer Viertelstunde.
Aufgrund von Nachlässigkeiten bei der Überwachung des eigenen Schiffsverkehrs durch die USN wurde das Schiff zunächst nicht vermisst. Die Überlebenden wurden erst nach vier Tagen zufällig von einem Flugboot aus gesichtet. Von den ursprünglich rd. 900 Überlebenden des Unterganges konnten nur noch 316 Mann gerettet werden. Alle übrigen erlagen ihren Verletzungen, Dehydrierung, Erschöpfung, Sonnenstich oder Haiangriffen. Zu den Überlebenden gehörte auch der Kommandant Charles B. McVay III. Dieser wurde, weil die US Navy einen Sündenbock brauchte - und weil der Marinechef, Fleet Admiral Ernest J. King sich für einen Streit, den er mit McVay’s Vater gehabt hatte, rächen wollte (der Autor Barrett Tillman verwendet in seinem Buch über den „Marianas Turkey Shoot“ mit Blick auf McVay das Wort „persecuted“, was so viel wie „(religiös) verfolgt“ bedeutet…) -, vor ein Kriegsgericht gestellt (übrigens der einzige Kommandant eines Schiffes der USN, der im 2. Weltkrieg für den Verlust seines Schiffes durch Kriegseinwirkung vor einem Kriegsgericht landete) und für schuldig befunden, den Verlust seines Schiffes verursacht zu haben. Er sei, so der Vorwurf, nicht Zick-zack-Kurs gelaufen. Dabei wurde völlig außer Acht gelassen, dass es Kommandanten praktisch frei gestellt war, bei schlechter Sicht eben nicht Zick-zack-Kurs zu laufen. Außerdem bestätigten U-Boot-Leute während der Gerichtsverhandlung, dass das feindliche U-Boot auch im Falle eines gelaufenen Zick-zack-Kurses einen erfolgreichen Angriff hätte fahren können. Doch diese Hinweise wurden bewusst nicht berücksichtigt, die USN brauchte einen Schuldigen, um von den Versäumnissen der Landdienststellen abzulenken, und Ernie King seine Rache. Das Urteil wurde ein Jahr später von Admiral Nimitz außer Kraft gesetzt (er hatte zwischenzeitlich den Posten von King übernommen, sonst wäre das mit Sicherheit nicht passiert…), sodass McVay in der Navy blieb und als Rear Admiral aus dem Dienst schied; allerdings blieb der Vorwurf selbst weiter bestehen.
Die Überlebenden-Organisation und später auch der Autor Dan Kurzman versuchten jedoch seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, die Politik in den USA davon zu überzeugen, den Kommandanten von dem Vorwurf einer Pflichtverletzung zu entlasten. Der USN gelang es über einen langen Zeitraum, diese Versuche scheitern zu lassen. Erst im Jahre 2000 wurden durch einen 12jährigen Schüler, der sich im Rahmen eines Geschichtsprojektes seiner Schule mit diesem Thema befasste, die Ungereimtheiten des Militärgerichtsverfahrens, die letztendlich zu einem Justizirrtum führten, weithin publik gemacht. Daraufhin wurde McVay, der sich im November 1968 das Leben genommen hatte, im Oktober 2000 posthum durch den Kongress von dem genannten Vorwurf entlastet.
Am 19. August 2017 wurde das Wrack schließlich geortet und anhand der „hullnumber“, der Schiffsglocke und einiger Schriftzüge identifiziert. Es liegt auf ca. 5.500 m Tiefe zwischen Guam und dem Golf von Leyte. Es bleibt zu hoffen, dass man dieses Kriegsgrab in Ruhe lässt und es nicht chinesischen Wrackräubern zum Opfer fällt, wie dies schon vielen Schiffen passiert ist, die im 2. Weltkrieg im Pazifik versenkt wurden.
Die Vorrede ist diesmal wieder ein wenig ausführlicher geworden, aber ich dachte, dass es den einen oder anderen doch interessiert, was es mit der Geschichte - und dem Untergang - dieses Schiffes auf sich hat. Wer sich näher damit befassen möchte, dem sei das sehr gut recherchierte (englische) Buch „Fatal Voyage“ von Dan Kurzman empfohlen, näheres dazu HIER.
Wie schon bei der USS SAN FRANCISCO (Baubericht HIER) werde ich voraussichtlich nur einige wenige Verbesserungen vornehmen. So werde ich die relativ einfach gezeichneten Maschinenwaffen durch solche des ALASKA-Bogens ersetzen und die 5“-Geschütze entsprechend der FRISCO-Version anpassen. Und ich werde auf die gedrehten Rohre von GPM zurückgreifen, die mir bei der FRISCO schon so gut gefallen haben. Ansonsten lasse ich mich mal überraschen, was mich so erwartet.
Ausgehend von den Erfahrungen, die ich seinerzeit mit dem Bau der FRISCO gemacht habe, gehe ich davon aus, dass der Bau der INDY so um die zwei Jahre dauern wird. Wobei, in 17 Monaten droht der Ruhestand, dann könnte ich möglicherweise etwas mehr Zeit für dies Hobby haben... Aber so genau weiß man das ja nicht… Das Mitlesen dieses Bauberichtes geschieht also auf eigene Gefahr, ein zügiger Zusammenklebefortschritt kann nicht garantiert werden. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie ihren Psychiater oder Modellbauhändler.
Genug der Worte, ab jetzt wird gebastelt…