Torpedoboote der kaiserlichen Marine

  • Liebe Kartonbaufreunde,
    liebe Spezialisten für Schiffahrtsgeschichte,


    in inem kürzlich erworbenen antiquarischen Buch, herausgegeben 1902, fand ich das folgende Foto,das vermutlich als Lesezeichen verwendet wurde.
    Leider trägt das ziemlich gut erhaltene Foto keinerlei Bezeichnung, weder zum Motiv, Aufnahmeort oder dem Urheber.


    Nach einiger Suche im Forum, bei Wikipedia und weiterem "googlen"
    vermute ich, daß es sich um Torpedoboote der kaiserlichen Marine handelt, Zeitraum 1900 bis 1914??


    Ich bin sicher, daß in unseren Forumsreihen Fachleute sind, die mehr zu diesem Bild sagen können.


    Gerade habe ich in dem Buch"Die Schiffe der deutschen Flotten 1848 bis 1945" von Hans Jürgen Hansen noch was erhellendes gefunden:
    Demnach begann 1911 eine neue Nummerierung der Boote, die bisher verwendeten Werftinitialen wurden einheitlich durch den Buchstaben "T" ersetzt, am Bug trugen die Fahrzeuge nur die beiden letzten Ziffern ihrer Bezeichnung.
    Danach könnte es sich um "Große Torpedoboote", gebaut zwischen 1906 und 1911 handeln.


    Aber vielleicht wißt Ihr ja noch viel genaueres.



    Schöne Grüße
    Hansjörg

  • Servus Hansjörg,


    mit Deiner Recherche liegst Du ganz richtig, es handelt sich um die Boote V/T 151, V/T 155, V/T 157 und V/T 158, gebaut in den Jahren 1907 bis 1908 bei der A.G. "Vulcan" in Stettin. der Groener gibt für die Umbenennung von V 15x in T 15x den 24.9.1917 an, die sicherlich aufgrund des Baubeginns der 1916er-Mob Boote S 152 - 157 und V 158 - 165 erfolgt ist (Von 1885 an, beginnend mit S 7, wurde jede Zahl nur einmal vergeben, davor kam ein Buchstabe, der die Bauwerft bezeichnet hat. Das Schema ging bis zum Germania-Boot G 197 des Jahres 1911, dann begann die Nummerierung mit dem Vulcan-Boot V 1 wieder von vorne).


    Weiterhin belegt der grau Anstrich mit dem schwarzen Band über Kessel- und Maschinenräumen, daß es sich hierbei um eine Kriegsaufnahme handeln muß.


    Mehr, insbesondere über den Aufnahmeort, kann ich Dir auch nicht mehr sagen.


    Viele Grüße!
    Michi

  • Grüß Dich Michi


    und vielen Dank für Deine schnelle und fundierte Antwort.


    Schöne Feiertage noch
    wünscht


    Hansjörg

    ...und noch immer gibt es kein Kartonmodell der Transall C-160 und der Heinkel He 280 ... seufz...!

  • Hallo zusammen,


    ich bin zwar nun kein Experte in Torpedobooten, aber nach den Schornsteinen zu urteilen (vorderer höher als der hintere), vorderer abgeschrägt, hinterer gerade) handelt es sich wohl eher um Torpedoboote vom Typ 1913, genauer um die Boote S51, S55, S57 und S58 gebaut von der Schichau Werft 1914.


    Hier mal ein Link:
    http://www.german-navy.de/hoch…oboats/gtb1913/index.html


    Wobei mir leider gerade keine Literatur vorliegt.



    Schöne Grüsse



    René


    Kartonbau.de ... Mein Forum

  • Hallo René,
    hallo Hagen


    vielen Dank für Eure Beiträge, auf diese Weise scheint mir das Thema doch schon ziemlich "eingekreist" zu sein.


    Ich hab nun mal einen Ausschnitt aus dem Foto gemacht, so daß man die Einzelheiten besser sieht. Das ist sicher auch für unsere ganz Detailversessenen interessant.


    Servus
    Hansjörg

  • Sodele,


    ich hab mal noch etwas rumgegooglet ... nach der Flagge, die zu sehen ist, zu urteilen wurde das Bild vor 1919 aufgenommen. Auch die Detils lassen mich auf Torpedoboot Typ 1913 schließen. Außerdem habe ich noch eine Aufnahme im Web gefunden, auf der teilweise die gleichen Boote zu sehen sind und die Botte 55, 57 und 58 der 2. Torpedoboot-Halbflotille in Swinemünde zugeordnet werden. Dazu passen die Infos von http://www.german-navy.de, wonach die Boote 57 und 68 in der Baltischen See durch Minentrefer verloren gingen. Die Boote 51 und 55 wurde 1919 an Eng...Großbritannien ausgeliefert.


    Wenn also die beiden Boote 57 und 58 1916 in Dienst gestellt wurden und ebenso 1916 sanken, dann dürfte die Aufnahme aus dem Zeitraum 5.2.1916 (Indienststellung 58 ) bis 5.5.1916 (Untergang 57) stammen.


    Vielleicht können aber auch die Kollegen vom Forum Marinearchiv weiterhelfen.


    Schöne Grüsse


    René


    Kartonbau.de ... Mein Forum

  • Noch'n paar Beobachtungen:
    Die fraglichen 13er Schichauboote haben eine deutlich höhere Brücke als gezeigt. Insbesondere liegen die Brückennocken nicht direkt auf den Klohäuseln (das sind die schmalen, seitlichen Deckshäuser links und rechts der Brücke) auf, sondern stützen sich über eine Gitterkonstruktion darauf ab.


    Weiter haben sie keinen Ladebaum am achteren Mast.


    Weiter von vorn nach hinten: Achterer Schornstein, TR-Satz, Kompaßpodest, Geschütz, TR-Satz, Hütte mit achterem Mast. Auf dem Bild sieht man aber klar, daß auf dem Boot mit der Nummer 57 der achtere Mast weit vor dem Kompaßpodest steht.


    S53 bis S66 kommen daher nicht in Frage.


    Zur Schornsteinhöhe: V 150 bis V 160 sind zwar mit zwei gleich hohen Schornsteinen abgeliefert worden, aber

    Quote

    V 150 - 161 im Krieg auf vorderen Schornstein Aufsatz


    (Groener)
    Daß während des Krieges der vordere Mast verlängert worden ist (damit man direkt von der Brücke aus signalisieren kann) habe ich zwar nicht textlich belegt, ist jetzt aber auch nicht gerade phantastisch.


    Also, ich bleibe bei der Serie V 150 bis V160! ;)
    Michi

  • Hallo René, hallo Michi


    es ist absolut beeindruckend was sich aus so einer Postkarte herauslesen läßt und welche Mühe ihr euch bei Euren Recherchen gebt. Ob nun "S" oder doch "V", jedenfalls nochmal herzlichen Dank für Euern Einsatz.


    Was mich noch beschäftigt: Welche Funktion hatte das rohrartige Teil am bzw vor dem Bug? Ich habe das so deutlich sonst noch nirgendwo gesehen.


    Schöne Grüße
    Hansjörg

  • Hallo Hansjörg,


    ganz sicher bin ich nicht, aber ich vermute mal, daß es sich dabei um die Spiere eines Bugschutzgerätes zur Minenabwehr handelt. Die Spiere hängt dabei an einem Gelenk (unterhalb der Wasserlinie; die "Leisten" am Bug, die schräg nach vorn unterwasser zeigen, gehören wohl da dazu) und wird im Betrieb nach schräg unten geklappt. An den beiden Ösen am Ende werden dann Räumotter o.ä. befestigt, die Minen vom Schiff wegdrücken und abschneiden. Oder irgendwie so ungefähr... über Räumgeräte im allgemeinen und die der Kaiserlichen Marine im besonderen gibt es leider nur sehr wenige Informationen, da bin ich leider sehr auf Raten und Vermuten angewiesen. :(


    Viele Grüße!
    Michi

  • Hallo, Michi


    das war doch schon ne ganze Menge! Vielen Dank und einen schönen sonnigen Sonntag noch.


    Servus
    Hansjörg

    ...und noch immer gibt es kein Kartonmodell der Transall C-160 und der Heinkel He 280 ... seufz...!

  • Quote

    Original von MichiK
    Hallo Hansjörg,


    ganz sicher bin ich nicht, aber ich vermute mal, daß es sich dabei um die Spiere eines Bugschutzgerätes zur Minenabwehr handelt. Die Spiere hängt dabei an einem Gelenk (unterhalb der Wasserlinie; die "Leisten" am Bug, die schräg nach vorn unterwasser zeigen, gehören wohl da dazu) und wird im Betrieb nach schräg unten geklappt. An den beiden Ösen am Ende werden dann Räumotter o.ä. befestigt, die Minen vom Schiff wegdrücken und abschneiden. Oder irgendwie so ungefähr... über Räumgeräte im allgemeinen und die der Kaiserlichen Marine im besonderen gibt es leider nur sehr wenige Informationen, da bin ich leider sehr auf Raten und Vermuten angewiesen. :(


    Viele Grüße!
    Michi


    Moin zusammen,
    bin gerade erst über dieses Thema gestolpert.
    Auf dem Bild sind ehemalige Torpedoboote zu sehen, die zu Minensuchern umgebaut wurden. Daher auch die Räumeinrichtung am Bug. Torpedoboote hatten diese Einrichtung nicht, hätte viel zu viel Fahrt gekostet...
    Beste Grüße
    Fiete

  • Gerade stehen zwei Ansichtskarten in der Bucht, die das Bugschutzgerät (an einem Minensuchboot) zeigen:
    http://cgi.ebay.de/Foto-AK-Min…nsichtskarte_Zubeh%C3%B6r
    http://cgi.ebay.de/Foto-AK-Minensucher-mit-Besatzung-und-vorderem-Minensuc_W0QQitemZ360121714490QQcmdZViewItemQQptZAnsichtskarte_Zubeh%C3%B6r?hash=item360121714490&_trksid=p3286.c0.m14&_trkparms=66%3A2|65%3A10|39%3A1|240%3A1318


    An den beiden kleinen Davits könnten Scheerbretter o.ä. hängen, so richtig erkennen kann ich es aber leider nicht.


    Viele Grüße!
    Michi

  • Hallo Freunde,
    höchst interessant, was hier die Spezialisten so alles erkennen können. Respekt, Respekt.



    Mit freundlichen Grüßen


    modellschiff

                                                                                   Artikel 1 GG:

    Die Würde des Menschen ist unantastbar.

    Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt



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