Da bin ich schon wieder. Vielleicht habt Ihr gedacht, na, so ein Newbie, jetzt hatter mal nen kleinen Micky-Maus-Bausatz gemacht, nett... Aber: Die Geschichte geht weiter! Mit dem MM-Bausatz bin ich der ganzen Idee eines Disney-Schlosses nähergetreten, habe angefangen, mich intensiv mit den grundlegenden Visionen Walt Disneys zu beschäftigen und auch mit der Baugeschichte aller Schlösser. Ich bin dabei auf soviele Details und Kuriositäten gestoßen, daß mich dieses ganze Thema "Disney-Schloß" nicht mehr losgelassen hat. Und damit wurde ich natürlich auch ein bißchen unzufrieden mit dem Micky-Maus-Schloß, das für die Zielgruppe natürlich sehr fordernd war, aber ansonsten doch etwas arg vereinfacht dargestellt wurde. Ein bißchen durchs Netz gesurft, und ich bin auf die Modelle der "Disney Experience" gestoßen, eine Website, auf der sich die Hardcor-Disney-Nerds treffen und wo es eine Unzahl an Modellbaubogen zum Download gibt. Die allermeisten interessieren mich nicht, bis auf...: Das Modell des ersten Disney-Schlosses, des Sleeping Beauty Castle in Anaheim, Kalifornien.
Hier ein Bild vom Eröffnunstag 1955.
So ungefähr sehen die ca. 40 Seiten (amerikanisches A4-Format) zum Download aus. Es handelt sich um ein paar hundert Teile, und der Anspruch wird vom Autor mit "8 von 10" angegeben. Aber: eins störte mich von Anfang an... Der Autor hat sich in der Gestaltung am heutigen Aussehen orientiert, das stark von der Ursprungsversion 1955 abweicht. Im Original hatte das Schloß matt-strukturierte Oberflächen in einem zarten Altrose für das Hauptgebäude, während alle übrigen Gebäudeteile naturfarben verputzt waren. Die Dächer waren in unterschiedlichen matt-blauen Tönen gehalten. Heute ist das Schloß vollständig pink angemalt, die Dächer türkisblau und alle Stukkaturen (!) sind mit Goldbronze angepinselt - scheußlich! Also war schnell der Plan geboren, das Schloß in seiner - annähernd - ursprünglichen Fassung zu bauen, was auch bauliche Eingriffe bedeutet.
Hier ein Beispiel dafür, welche Aufgaben zu lösen waren: Zuerst müssen praktisch sämtliche Farben und Oberflächentexturen fast aller Bauteile verändert werden. Ich arbeite seit vielen Jahren mit InkScape, und hier seht Ihr, wie ich die - heute buntbemalten - Außenmauern mit Hilfe von Filtern in ein mittelhelles Grau gebracht habe. Herausfordernd dabei, daß die naturfarbenen Schluß- und Decksteine nicht oder fast nicht farblich verändert werden durften, was viel Maskierarbeit erforderte.
Hier eine weitere Beispielseite: links (steht leider kopf) meine Farbgebung, rechts das Original. Die runden Dächer zum Beispiel haben dort orthogonale Schindeldeckungen, was im Modell dann natürlich furchtbar aussieht bzw. ausgesehen hätte. Ich mußte also eine entsprechende "Runddeckung" entwerfen, inklusive einer subtilen farblichen Changierung, um dem Original nahezukommen.
Hier sind meine Farbstudien zu den Hauptteilen zu sehen.
Ein weiterer Anspruch bestand darin, die Fenster "zu öffnen", bzw. mit Hilfe von Folie transparent zu gestalten. Das Highlight: nicht nur habe ich mit einer Vielzahl von Gelbtönen gearbeitet, um eine subitle Optik zu erzielen, ich habe die schwarzen Gitter auf eine Seite gedruckt, das Gelb auf die andere, so daß von außen dann matte "Bleistege" zu sehen sind und glänzende "Glasscheiben" (Lasertoner wirkt sonst matt auf Folie).
Viele Jahre später (*übertreib*) wird dann das Haupthaus fertig. Der Autor, Robert Nava, hat hier eine Alternativversion angeboten: Schon kurz nach der Eröffnung wurde die Loggia auf der Rückseite mit Fenstern geschlossen, und natürlich habe ich die alternative Originalversion gewählt, die wunderbare Einblicke in die Tiefe erlaubt. Die zwei dünnen Säulen habe ich von hinten mit Schaschlikspießen verstärkt, um zu gewährleisten, daß sie gerade sind und bleiben.
Bei den großen Öffnungen war es schwierig, die Bauten orthogonal zu fertigen. Viele Teile greifen ineinander, und es erforderte doch einiges Geschick, zum Beispiel die hängende Laterne zu bauen.
Ich habe den gesamten Bausatz auf weißen Karton von Clairefontaine gedruckt, 160 g. Eigentlich schön, aber für diffizile Kleinteile hätte ich besser Papier gewählt. Na ja, hinterher ist man immer schlauer. Beachte die schöne Tiefenstaffelung über drei Ebenen, ganz hinten hängt ein Gobelin.
Für diese winzigen Türmchen wäre Papier ebenfalls besser gewesen, aber das Ergebnis hält auch kritischen Augen stand.