Konstruktionsbericht: Friedhofskapelle „Michelchen“, Marburg, 1:250

  • Nachdem der Bogen mit den Stadttoren nahezu druckreif ist (Baubericht von Johannes), möchte ich euch gerne an meinem nächsten Projekt teilhaben lassen.


    Am Berghang gegenüber der Marburger Elisabethkirche liegt ein hübscher kleiner Friedhof. Dessen gotische Kapelle St. Michael, genannt das „Michelchen“, wurde zwischen 1268 und 1270 erbaut, als auch die Elisabethkirche noch eine Großbaustelle war. Anscheinend entstand sie direkt im Anschluss an deren Sakristei, vermutlich sogar durch denselben Bautrupp, der enge Kontakte zur Kölner Dombauhütte unterhielt. Dach und Türmchen sind von 1583 und wurden vor drei Jahren neu gedeckt.



    Auf dem Friedhof haben sich noch etliche alte Grabmäler erhalten, das älteste von 1566, das neueste von 1888.

    Angeblich liegen auch die Gebeine der Heiligen Elisabeth selbst auf diesem Friedhof, seit Landgraf Philipp sie während der Reformation aus ihrem goldenen Schrein geraubt hat – insofern die Knochen, die er später zurückgab, nicht doch die echten waren.



    Mein Modell wird im „Standard-“Maßstab 1:250 handliche 7 cm Länge haben.

    Von den Grabmälern werde ich auf jeden Fall diejenigen darstellen, die an den Außenwänden der Kapelle angebracht sind, das steht außer Frage. Unter den Freistehenden sind auch ein paar Schätzchen; ob, wieviele, welche, und wie ich die auch umsetze muss ich mir noch gut überlegen.

    Darüber hinaus habe ich ein einfaches Postkartenmodell geplant. Vielleicht kann ich mich auch zu Versionen in größeren Maßstäben (1:87? 1:150?) aufraffen, ich verspreche aber nichts.

  • Sehr schön, dass Du Dich um die (Bau)Denkmäler von Marburg so sehr bemühst. Ich folge Dir mal interessehalber...


    Denkmalinteressierte Grüße aus Hannover, Dirk

    Kun dat nich sien as dat mutt - mutt dat sien as dat kun

  • Guten Morgen Katharina!
    Auch ich bin gerne dabei!

    Mit besten Grüßen aus Hagen

    Christoph



    "Der Mensch ist nur da in der vollen Bedeutung des Wortes Mensch wo er spielt und er spielt nur da, wo er Mensch ist."
    Friederich Schiller

  • Servus Katharina ,


    ein schönes Vorbild hast Du Dir ausgesucht :thumbup:


    Freue mich auf Fortschritte und wünsche Dir gutes Gelingen sowie viel Freude bei der Umsetzung :rolleyes:


    Mit freundlichen Grüßen aus der Steiermark


    Kurt

  • Das Projekt beginnt damit, soviel Material wie möglich zu sammeln.

    Zum Glück kann ich mittlerweile eine recht ansehnliche und sehr gut sortierte Marburg-Fachbibliothek mein Eigen nennen.

    Der Bücherstapel hier schaut ja einigermaßen imposant aus, aber zum Michelchen steht nirgends mehr als ein Absatz. Die umfangreichsten Texte sind 9 Seiten von 1886 und 16 Seiten von 2010 (hier nicht abgebildet – das Büchlein ist schon lange vergriffen und antiquarisch hab ichs auch nicht auftreiben können, aber wofür gibts die Unibibliothek). Nagut, sooviel gibts zu der Kapelle auch garnicht zu sagen. Das Schrifttum über die Grabmäler ist etwas ergiebiger.

    Spaßeshalber habe ich auch die Urkunden mit der Ersterwähnung und der Weihenachricht rausgesucht.



  • Das hiesige Archiv bewahrt einige Planzeichnungen der Kapelle.

    Einmal mittelgute von sonstwann (der Zeichner ist ein alter Bekannter: es ist der Architekt des Hauses am Pilgrimstein), stellenweise inakkurat, aber immerhin online verfügbar.

    Und zweitens tatsächlich brauchbare von 1971. Die Zeichnungen habe ich zur Reproduktion in Auftrag gegeben: die werden dann im Archiv quasi verzerrungsfrei professionell abphotographiert, das wird ein paar Wochen dauern und ein paar Euro kosten. Fürs erste hab ich aber meine eigene Kamera drübergehalten (ich weiß nicht ob ich die Bilder hier zeigen darf, deswegen lass ichs lieber) und die wichtigsten Maße mit dem Lineal abgenommen.

    Überdies habe ich selbst am Michelchen das Bandmaß angelegt, vor allem für Details wie die Türen und die Strebepfeiler.


    Noch ein kleiner Geheimtipp: in den Geoportalen der Bundesländer (hier für Hessen) läßt sich die amtliche Liegenschaftskarte einsehen, mit ziemlich genauen und stets aktuellen Grundrissen für nahezu jedes Gebäude – in rot überlagert mein eigenes Aufmaß.


  • Zusätzlich zu den Planzeichnungen habe ich mir noch sämtliche Photos abgespeichert die ich ergoogeln konnte. Dazu kommt noch ein Haufen selbstgemachter Bilder, hauptsächlich von obskuren Winkelchen: wen interessiert schon das Dachgesims hinter den Regenrinnen?


    Obendrein hat mir mein Vater :love:im Oktober ein paar Drohnenaufnahmen von der Kapelle gemacht, natürlich mit landgräflichem Privilegio Genehmigung vom Regierungspräsidium.


    Alles in allem sollte das für ein Modellbauprojekt eine ausreichende, ja geradezu traumhafte, Menge an Referenzmaterial sein. Falls sich doch noch irgendwelche Fragen auftun sollten hab ichs eh nicht weit.


  • Hallo Katharina,

    sehr schönes Projekt, schon allein wegen des Namens, aber nicht nur. :thumbup:


    Gruß

    Michel

    Ich betrachte auch einen siegreichen Krieg an sich immer als Übel, welches die Staatskunst den Völkern zu ersparen bemüht sein muß. (Otto von Bismarck)

  • Die erste große Schwierigkeit der Konstruktion besteht darin, all mein gesammeltes Material zu harmonisieren. Selbst die besten Pläne sind nicht zu hundert Prozent akkurat, und bei der Vielzahl von Quellen mit denen ich arbeite kommen immer wieder Differenzen an den Tag. Ich muss also für jedes einzelne Maß die verlässlichste und praktikabelste Version herausfinden.


    Unterm Strich entstammt der Grundriss meinen eigenen Messungen, Wandhöhe und Dachneigung den 1971er-Plänen (die Scans hat mir das Archiv inzwischen zugeschickt) und der Dachreiter den Drohnenaufnahmen. Als Abgleich diente eine Aufnahme aus größerer Entfernung, die ich als zweites Bild ganz zu Anfang dieses Berichts gezeigt hatte.


    So habe ich jetzt also ein einfaches Weißmodell des Kapellchens, das die richtigen Maße und Proportionen hat.

    Falls jemand nachbauen möchte, habe ich die Teile mal als PDF angehängt :)


  • Hallo Katharina,

    schön, dass Du Dir die Marburger Gebäude vornimmst.

    Ulrich

                                                                                   Artikel 1 GG:

    Die Würde des Menschen ist unantastbar.

    Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt



  • Moin Katharina,
    schönes Projekt!
    Darf ich fragen, mit welchem Programm Du zeichnest?
    Weiter gutes Gelingen und beste Grüße aus Hannover,
    Manfred

    Es muss nicht alles perfekt sein, was gut tut.

  • Hallo Katharina!

    Erst jetzt auf deinen Bericht gestoßen, da bin ich doch dabei! Habe gleich mal den Tipp mit den Geoportalen probiert, kann ich aufrufen, habe aber noch nicht rausbekommen wie ich zu entsprechenden Grundrissen komm ?(

    Quote from Katharina


    Die erste große Schwierigkeit der Konstruktion besteht darin, all mein gesammeltes Material zu harmonisieren

    Da muss ich dir recht geben! Ich sammle auch immer so viel wie möglich Material! (und am Ende fehlt trotzdem etwas ;( )

    Nun wünsche ich dir noch viel Spaß und Erfolg mit deinem Kirchlein!

    LG Harald