Nachdem ich zur Abwechselung mal wieder einen Kartonbausatz angefangen habe, habe ich mich einfach mal angemeldet und stelle ein paar Bilder ein. Der letzte Ausflug in den Kartonbau ist schon ein paar Jahre her; damals habe ich das Modell des Stuttgarter Trambahnwagens von Schreiber gebaut den ich einfach mal zeigen möchte.
Schließlich gibt es nicht nur die bis auf die einzelne Papierfaser runtergehenden Unglaublichmodelle sondern auch solche die sich mit den Mitteln des Normalsterblichen bauen lassen. Es war mein zweites Kartonmodell (nach der Proud Mary von Schreiber); lediglich in den 80ern habe ich das AKW-Modell gebaut—das ist allerdings irgendwann einem Umzug zum Opfer gefallen. Faszinierend finde ich die tollen Konstal-Straßenbahnmodelle von Modelik -- aber realistisch bleiben, die sind erstmal weit über meinen Fähigkeiten.
Muss da auch dem Besitzer des Ladens im Nachhinein dankbar sein in den ich nach einigem Stöbern hier im Forum gelatscht bin. Natürlich wollte ich auch so ein tolles HMV-Modell; der Rat doch erstmal mit was Einfacherem anzufangen war genau richtig. Schon bei der Straßenbahn gabs erste Fortschritte im Vergleich zum Schiff.
Allerdings sind die Schreiber-Modelle an einigen Stellen aus meiner Sicht denn doch zu sehr vereinfacht und mit geringen Mitteln ist mehr draus zu machen. Das fällt (dem Modellbahner) eh auf und noch mehr beim Vergleich mit dem Vorbild. Der Stuttgarter Straßenbahnwagen hat den Vorteil dass er noch in Natura existiert und für Sonderfahrten eingesetzt wird. Es finden sich also viele Bilder im Netz aus denen sich gute Inspirationen ableiten lassen. Baue allerdings wie mir gefällt, es muss nicht sklavisch Vorbildgetreu sein. Echte Profis wären sicherlich nach Stuttgart zum Straßenbahnmuseum gefahren und hätten den Wagen in Natura angeschaut…bin aber kein echter Profi.
An den Plattformen sind die Stangen aus Draht und auch die Haltegriffe sind ergänzt. Letzteres habe ich leider zu spät überlegt, da war die Außenhaut schon aufgeklebt und ich musste von der Kante her ein Loch bohren. Einfach eine Aussparrung in die Kartonseele und dann erste die Außenbeplankung aufkleben wäre viel einfacher gewesen …. aber warum einfach wenn es auch kompliziert geht?.
Na gut, ich muss zugeben, eigentlich war die Griffstange ja der Ansatzpunkt für Veränderungen überhaupt. Schließlich bin ich in der Zeit modellbahnerisch sozialisiert als die angespritzten Griffstangen durch die freistehenden ersetzt wurden... dann kamen ja die freistehenden Scheibenwischer, die geätzten und durchbrochenen Trittstufen und Dachläufe, die Metallräder bei Dampfloks...
An den Fenstern zum Fahrgastraum sind jeweils 3 kleine Metallstangen ergänzt, das waren glaube ich urspünglich Stecknadeln von einem Hemdenkauf. Unter dem Dach den Plattform noch die Lederbänder für die Klingel aus Tonkartonstreifchen.
Am Fahrpult finde ich die 2-dimensionalen Fahrschalter und den Weichenumsteller primitiv, sind sie doch sehr prominent. Die sind ersetzt durch Kupferadern aus einem Haus-Elektrokabel. Das Material lässt sich sehr gut biegen und mit einem Hämmerchen auch plattklopfen. Sieht m.E. wesentlich weniger spielzeughaft aus als der Originalbausatz.
Wovon ich leider erst zu spät gelesen habe ist der Tablettenverpackungstrick für den Bau der Frontscheinwerfer. Dann wären die auch noch wesentlich plastischer geworden.
Die Plattformen sind darüber hinaus mit Tonkartonstreifen „beplankt“. Sieht man kaum, obwohl, das Original wäre nicht wirklich schön gewesen.
Im Fahrgestellbereich zunächst einige Nieten ergänzt, das wertet das Modell schön auf. Sind einfach ausgestanzte Tonkartonteile, eigentlich aber noch zu flach.
Besonders störend fand ich die lediglich 2-dimensionalen Blattfederpakete, die habe ich 3-dimensional aus zusammengeklebten Papierstreifen zusammengeschustert. Und die Schraubfeder-„Röhren“ des originalen Modells sind durch gerollte Litze (Isolierung drangelassen) ersetzt. Im Original gibt’s noch einen (Elekro?)Kasten mit ein paar Leitungen, den habe ich ergänzt. Das Modell hat auch noch ein paar Bremsbacken bekommen, aber die sind nicht wirklich sichtbar
Im Inneren habe ich Vorhänge angebracht, die hat der Wagen im Museum ebenfalls. Hier habe ich lediglich eine perfekt gebügelte Variante hinbekommen – der Wagen wird vermutlich gerade für eine Sonderfahrt mit dem Straßenbahnvorstand hübsch gemacht. In der (Museums-)Realität sind die Vorhänge irgendwie zusammengerollt – keine Idee wie sich das hätte umsetzen lassen ohne das es nach Röhre aussieht.
Auch habe ich Halteschlaufen zum Festhalten während der Fahrt eingezogen. Im Original sind das lediglich 2 durchgehende Lederbänder, allerdings wären diese von Außen überhaupt nicht sichtbar gewesen. Insofern eine bewußte Abweichung vom Vorbild – einfach wie es gefällt.
Auf dem Dach habe ich die oberen Abdeckhauben „geöffnet“, d.h. statt des geschlossenen schwarzen Kastens einfach nur die obere Blechabdeckung gebaut, so ergibt sich ein schöner Durchblick . Ich denke unter den Abdeckungen sind beim Vorbild Bremswiderstände (die Bremsenergie in Wärme umwandeln). Das habe ich frei Schnauze mit irgendeinem schwarzen Plastiknetz angedeutet, war glaube ich im Vorleben mal Teppichrutschstop und die Haltepfosten waren Bügelperlen (dass das unlackiertes Plastik ist fällt in der Realität nicht auf). Aus Modellbahnlitze gabs zusätzlich noch einen Griff für jede Abdeckhaube.
Eine völlige Fehlkonstruktion ist der Lyrabügel (vulgo: Stromabnehmer). Der ist in der vorliegenden Form als flaches Papierteil ohne weitere Verstärkungen viel zu labbelig, insofern habe ich mir eine Schablone aus Karton gebaut und daran einen Draht angepasst. Ist das erste Mal dass ich bei einem Schreiber-Bogen ein wirklich nicht baubares Teil gesehen habe (aber mit insgesamt 3 gebauten Modellen lässt sich auch nicht von einer repräsentativen Stichprobe reden)
Summa summarum ein schönes Modell – auch wenn es Schreiber-Stufe 3 ist bekommt man es als Laie mit einiger Sorgfalt beim Bau doch gut hin. Und ein paar kleine Stücke Draht werten es ungemein auf, denn im Original gebaut an einigen Stellen zu spielzeughaft.