Zeichnerische Abwicklung von unregelmäßig gekrümmten Flächen

  • Hallo Modellbaufreunde !


    Ich habe die Bordwände meiner letzten vier Modelle (Krabbenkutter POLARIS, Ausflugsschiff WEGA, Forschungskutter LITTORINA und Rettungskreuzer HERMANN APELT) mit der zeichnerischen Abwicklungsmethode konstruiert. Sie ist beschrieben worden von dem längst verstorbenen Dietrich Schmitt in seinem Umdruck "Abwicklung und Co". Ich habe mit ihr gute Erfahrungen gemacht, auch im Hinblick auf den Zeitaufwand, so dass ich wohl dabei bleiben werde. Ich habe versucht, euch einmal diese Methode mit meinen Mitteln zu erläutern. Ich hoffe, ihr steigt da durch (hat meine Frau auch geschafft) und vielleicht probiert der eine oder andere es ja einmal aus.


    Viel Erfolg
    Henning



    Zeichnerische Abwicklung von unregelmäßig gekrümmten Flächen
    (z.B. von Bordwänden)


    Grundlage dieser zeichnerischen Abwicklung ist wie bei dem rechnerischen Verfahren die Dreiecksmethode. Dreiecke kann man zeichnerisch konstruieren, wenn alle Seiten des Dreiecks bekannt sind. Man zeichnet eine Seite und schlägt um die beiden Endpunkte Kreise mit den jeweiligen Radien der beiden anderen Seiten. Der Schnittpunkt der Kreise ist die gesuchte dritte Ecke des Dreiecks.


    Um die Bordwand in Annäherung zu konstruieren, denkt man sich die Bordwand als ein Netz von aneinander gereihten Dreiecken. Im gewählten Beispiel soll die Abwicklung der Bordwand zwischen den Spanten 9 und 10 und den Eckpunkten A,B,C,D) geschildert werden. Da dieses Viereck geometrisch unbestimmt ist, fügen wir eine Diagonale ein, so dass wir zwei konstruierbare Dreiecke haben.


    Ausgangsdaten sind der Grundriss (Bild 1) mit der inneren Wasserlinie (Grundplatte), dem gläsernen, äußeren Deck und der Lage der Spanten. Außerdem werden die Spanten (Bilder 2,3) und der Höhenverlauf der oberen Bordwandkante (Bild 4) benötigt.


    I Wir fangen mit der linken Kante (A-B) des Vierecks an, die wir aus dem Spant 9 abgreifen.


    II Im zweiten Schritt greifen wir mit dem Zirkel die Länge der oberen Bordwandkante zwischen Spant 9 und 10 ab (B-C) und tragen sie am oberen Eckpunkt (B) der erste Kante (A-B)
    an.


    III Im dritten Schritt wird die Diagonale von unten links nach oben rechts ermittelt (A-C). Sie ist die einzige Linie, die nicht direkt aus den Ausgangsdaten abgegriffen werden kann. Um
    die wahre Länge der Diagonalen zu ermitteln, nehmen wir die projizierte Diagonale aus dem Grundriss (A-C*)


    IV und tragen daran rechts die senkrechte Höhe von Spant 10 an. Die wahre Länge der Diagonalen ist die Hypotenuse des Dreiecks (A-C*-C), die wir


    V mit dem Zirkelschlag unten am Eckpunkt A abtragen. Der gesuchte obere, rechte Eckpunkt (C) ist der Schnittpunkt der beiden Kreise.


    VI Den letzten Punkt D bestimmen wir, indem wir den Abschnitt der Wasserlinie zwischen Spant 9 und Spant 10 (A-D) abgreifen und den Zirkel um A schlagen und


    VII um den Punkt C den Zirkel mit dem Radius der Außenkante von Spant 10 (D-C) schlagen. Der Schnittpunkt der beiden Kreise ist der gesuchte Punkt D.

  • Moin Henning,


    ich bewundere deine Frau. Beim ersten Durchlesen habe ich noch nicht wirklich was verstanden, werde also morgen mich nocheinmal damit auseinandersetzen.


    Gruß pianisto

  • Hallo Henning


    Danke für diese lehrreiche Erklärung. Ich habe zwar den Eindruck, dass ich alles verstanden habe, aber mit einigen Bezeichnungen komme ich nicht klar: bei mir müsste es unter III heissen "...von unten links nach oben rechts ermittelt (A-C)". Im Bild IV verwirrt mich das "D", da es m.E. der Fusspunkt der Senkrechten durch C auf die Ebene der Grundplatte ist, also so etwas wie "C*", was dann auch im Text angepasst werden müsste.


    Hilf mir bitte mal!


    Andi

    Für unser Ego und unser Vergnügen opfern wir alles - solange es den Anderen gehört.

  • Hallo Andi !


    Vielen Dank für deine aufmerksamen Hinweise. Du hast in beiden Fällen Recht. Ich habe es entsprechend korrigiert.


    Gruß
    Henning

  • Moin, moin Henning,


    deine interessanten Ausführungen wecken Erinnerungen an das Studium.....Lehrfach "Darstellende Geometrie"....und an die "Methode der finiten Elemente"..... :thumbup:


    Gruß
    HaJo

    Exercitatio artem parat!