Nachdem ich den Paderborner Dom von Peter Gierhardt als kleine Fingerübung zwischendurch fertiggestellt habe (Fotos werden sicherlich noch folgen), habe ich mir schon das nächste Modell vorgenommen. Vor einigen Wochen kam der Bogen ins Haus und jetzt werde ich ihn bauen. Es handelt sich um das neue Modell
Burg Kreuzenstein
1:250
JFS 736
14½ Bogen
Schreiber-Bogen im Aue-Verlag
Konstrukteur: Przemyslaw Tabernacki
Bild beim Aue-Verlag, http://www.schreiber-bogen.de/__/736-g.jpg
Auf Bogenabbildungen verzichte ich mal, weil ich schon angefangen habe zu bauen... Aber ich möchte dennoch den Bogen kurz beschreiben, denn ich finde, man muss das Modell auch ein wenig kritisch sehen, obwohl es ein tolles Vorbild hat. Ich selber habe mit der Meersburg, Neuschwanstein und der Frauenkirche Dresden einige Tabernacki-Modelle gebaut. Mittlerweile bin ich seine "Verstärkungs-Orgien" auf 1mm-Graupappe irgendwie gewohnt – und finde das nicht unbedingt hilfreich, besonders für Anfänger. Bei der Meersburg hielt sich das Ganze in Grenzen, und auch wenn manche Untergerüste mit Spanten dem Modell zu mehr Standfestigkeit verhelfen – das Ausschneiden nervt. Macht aber Muckis... Bei der Kreuzenstein hingegen finden sich nur wenige dieser zu verstärkenden Teile. Ich werde im Verlauf des Baus auf einige Stellen dieser Art hinweisen. Dann hat Tabernacki gerne ein Faible zum Verstärken von Brüstungen etc. und auch zum Verfeinern von Details wie Rücksprüngen. An der Kreuzenstein findet man kurioserweise sowohl einige Detailbauten als auch dann unerklärlicherweise flache Wandflächen, die es wunderbar auszugestalten verdient hätten. Allein der Brückengang in der Mitte der Burg: er ist schlicht und einfach – flach... Ein Kasten, sonst nix! Das prominenteste Teil der Burg wird verflacht, während woanders z. B. ein kleiner Innenbalkon gebaut werden muss. Diese leichte Inkonsequenz zieht sich durch das gesamte Modell.
Was ebenfalls zu bemängeln ist: die fotorealistische Textur mag auf den ersten Blick gelungen sein, jedoch verrät fast jedes Fenster den Kamerastandort von Tabernacki. Er hat sich außer der Entzerrung wenig bis gar keine Mühe gemacht, die Fenster zu bearbeiten. Mal fällt ein schiefer Fenstersims in den Rahmen ein, weil er von sehr schräg unten reinguckt, mal werden die Fenster einfach gespiegelt (ebenso wie diverse Teilstrukturen). Während der Kollege Gierhardt JEDES Fenster in seinen Texturen entzerrt und mit realistischen Licht- und Schattenwürfen ergänzt, werden hier lustlos schiefe und perspektivisch unkorrigiert Fenster auf die Wand geklatscht. Richtig wild wird es bei Tabernackis ebenso neuem Modell Hildesheimer Dom, wo die Fenster Samba tanzen... Hier sollte sich der ansonsten sehr akkurate Konstrukteur in Zukunft wieder mehr Mühe geben.
Schlimm allerdings ist der Bogenverbrauch. Man kauft 14½ Bogen – und davon werden erstmal 2½ für eine Bilderanleitung verbraucht, die die einzelnen Schritte (mit teilweise etwas ungelenk zusammengebauten Teilen) darstellt. Auf der Rückseite findet sich deutscher und englischer Text. Tabernacki hat auch ein etwas großzügiges Händchen beim Verteilen der Teile auf den Bogen. Ich behaupte einfach mal frech, er könnte einen halben Bogen eingespart haben, wenn er etwas eleganter die Teile platziert hätte. Zudem orientiert er sich in Grundzügen an dem Tesa-Bogen der Kreuzenstein (wenn auch nicht mit der damaligen Würfel-Bauweise für den Untergrund) und verbraucht viele weiße Flächen. Gut, der "Burgberg" zu Anfang und die Grundplatte sind legitim, aber danach kommen wieder so manche weißen Wände, wo man eher denkt, die hätte es nicht unbedingt gebraucht... Und Baustufen-Fotos hätte man dann ebenso gut in die Weißflächen platzieren können – ich erinnere da nur an den Meister Hubert Siegmund, der (besonders auf den Bogen der Burg Eltz) jede noch so freie Fläche für Lagepläne und Montageskizzen genutzt hatte. Insofern hätte man gut und gerne zwei Bogen in toto sparen können...
Alles in allem (und genug der Meckerei): ein schönes Vorbild und sicherlich ein gut umgesetztes Modell, das zu manchen Superungen einlädt. Im Laufe des Berichtes werde ich solche Sachen vorstellen, wo man etwas mehr machen kann bzw. wo Tabernacki "geschludert" hat. Es ist ein schönes, mittelgroßes Modell und nicht unbedingt Tabernackis bester Wurf, jedoch sehr ansprechend. Ich werde also damit mal anfangen.