Der Kartonbauer und der Schneidplotter

  • Durch die Marktpräsenz, Preisentwicklung und Qualität von Schneidplottern werden diese Geräte auch für den Kartonmodellbau immer interessanter. Meine weitreichenden Erfahrungen mit diesen Geräten (habe bisher 5 verschiedene Geräte in Verwendung und ausgiebig getestet.


    Dieser Bericht wird sich in mehrere Kapitel gliedern:


    Die Vorbereitung der Schnittdatei
    Die Einstellungen und Vorarbeiten beim Schneidplotter
    Das Verarbeiten der geschnittenen Resultate


    Heute beginnen wir mit Abschnitt Eins.


    Die Vorbereitung der Schnittdatei:


    Um etwas auf dem Schneidplotter zu schneiden benötigen wir eine Vektorgrafik. Da die eingescannten Baubögen in der Regel Bitmap-Dateien sind müssen wir diese Vektorgrafik erst erstellen. Mit Bitmaps kann unser Schneidplotter nichts anfangen.


    Ich verwende hierzu CorelDraw, aber jedes andere Programm mit der Möglichkeit Vektorgrafik zu erstellen funktioniert genau so gut. Ein passendes Zeichenprogramm ist auch beim Lieferumfang des Schneidplotters dabei (z.B. Silhouette Studio). Da es für den verwendeten Plotter (Silhouette) auch ein PlugIn für CorelDraw gibt und dieses mein Lieblings-Zeichenprogramm ist, verwende ich es natürlich.


    Aus der Bitmap schneiden wir mit der Funktion Beschneiden oder Messer den gewünschten Bauteil aus und legen ihn auf einer separaten Zeichenfläche ab. So bleibt es übersichtlich und es ist genug Platz vorhanden.

  • Das Arbeiten mit CorelDraw ist hier etwas anders, wie bei normalen CAD-Programmen. Das gewünschte Ergebnis erzielt man hier mit Addition, Subtraktion und Stanzfunktionen von grafischen Grundelementen. Es ist also ein wenig Umdenken und im Voraus Planen notwendig. Wenn man diese Grundfunktion aber einmal verstanden hat, dann geht die Arbeit leicht von der Hand und macht sogar Spaß, falls man auch an diversen Denkspielen Freude hat.


    Hier wurde unser Muster mit diversen Grundelementen versehen, die dann die endgültige Kontur ergeben sollen. Wichtige Funktionen bei CorelDraw findet man in Andockfenstern Objekt-Manager, Änderungen, Formen, Kontur und Abrunden ...

  • Eine Eigenheit von CorelDraw ist dabei zu beachten. Verschmelzen und Zuschneide Operationen sollte man mit gefüllten Flächen ohne Rand durchführen. Andernfalls können (vor allem bei sehr komplexen Formen) Fragmente von Linien übrig bleiben, die dann später als Zacken und Ausbeulungen das Ergebnis nachhaltig stören.


    Nach Durchführung der Formen Funktionen bleibt eine Außenkontur als Einzelobjekt übrig, die unserer Vorlage entspricht. Eigentlich ist das Ergebnis meistens genauer wie die Vorlage, weil bei der Erstellung der Zeichnung meist Ungenauigkeiten (Verzerrungen oder Verformungen) der Vorlage zu Tage treten. Das sind dann die ominösen kleinen Ungenauigkeiten die wir bei herkömmlich ausgeschnittenen Teilen immer wieder entdecken müssen, obwohl man mit äußerster Sorgfalt exakt ausgeschnitten hat.

  • Bei diesem Teil wäre es nicht notwendig, aber da unser Plotter auch gedruckte Teile paßgenau ausschneiden kann habe ich diese Funktion hier mit verwendet. Unser Teil sollte mit 0,5 mm Karton verstärkt werden ... also insgesamt ca. 0,7-0,8 mm dick sein. Ich verwende meistens Farbtonpapier mit 0,15 mm Dicke. 5 Teile ausgeschnitten ergeben also zusammen 0,75 mm. Mit diesem Wissen wird die Zeichnung (Vektor-Objekt und darunterliegende Bitmap) entsprechend vervielfältigt, bzw. kopiert. In einem eigenen Menüpunkt finden wir die Funktion Silhoutte Passermarken, die dann eine spezielle Markierung auf der Zeichnung anbringt. Diese Markierungsecken können dann vom Plotter eingelesen werden und dadurch kennt der Plotter die exakte Position der Teile auf dem ausgedruckten Blatt.


    Mit dem Ausdruck unserer Datei kommen wir zum Ende des ersten Abschnitts - Fortsetzung dann demnächst mit den Vorarbeiten und Einstellungen beim Schneidplotter.


    LG
    Josef

  • Hallo,
    von modernen Werkzeuggeräten verstehe ich nicht viel. Aber könnte es sein, dass hier ein Schneideautomat vorgestellt wird, der das Schneiden mit Messer oder Schere erübrigt?
    Viele Grüße
    Ulrich

                                                                                   Artikel 1 GG:

    Die Würde des Menschen ist unantastbar.

    Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt



  • Moin Josef!
    Wow, das wird interessant, ich werde gebannt Deine Beiträge zu diesem Thema studieren. Nur zum Verständnis: ist Dein Ziel, vom Plotter die Teile aus einem gekauften Bogen ausschneiden zu lassen , oder diese Teile wie Lasercuts aus Tonpapier selbst zu erstellen? Ich denke, auch Ulrichs Frage geht in die Richtung.
    Zum Ausschneiden aus dem gekauften Bogen müssten nach meiner Einschätzung doch eigentlich noch die Passermarken punktgenau auf den Bogen gedruckt werden, damit der Plotter nachher die Vektoren an der richtigen Stelle aus dem Bogen "säbelt". Wenn wir mal annehmen, es soll auf der Linie geschnitten werden, dürfte für einen sauberen Schnitt die Toleranz bei ziemlich genau einer halben Strichbreite liegen, also 0,05 mm (ca). Ich traue meinem Drucker noch zu, eine Zeichnung in sich mit ungefähr dieser Genauigkeit auf Papier zu bringen, und dem Plotter meiner Frau, mit dieser Präzision zu schneiden, aber um auf dem Bogen die Schneidmarkierung richtig zu placieren, müsste er sich den Bogen zB auch verzugsfrei mit dieser Präzision einziehen. Geht das? Ich habe bisher immer gehört, dass nur beim Offset-Druck derart präzise gearbeitet wird, weshalb zB die Sloman Alstertor mit den Schnittlinien auf der Rückseite des Bogens (oder Geldscheine :cool::cool::cool: ...) in Digitaldruck nicht funktionieren...
    Wenn ich hingegen die Teile wie Lasercuts aus Tonpapier/Weißkarton o.ä. schneide, ist eigentlich egal, wo genau auf der Seite sie sich befinden, aber das ist dann nicht mehr "Teile ausschneiden", sondern "nur" ein anderes Werkzeug für leere Formen nehmen ("Plottercuts" statt "Lasercuts") - was für sich eine hochinteressante Alternative zu LC sein kann, wenn ich zB an Schmauchspuren auf weißer Reeling denke und die Beschaffungskosten für einen vernünftigen Schneidlaser, aber ich schneide dann eben keine Teile aus meinem Bogen aus. Ich denke, dass das das ist, was Du uns vorstellen willst, und ich bin sehr sehr gespannt auf Deine praktischen Ergebnisse! 8o
    Ich könnte natürlich auch den ganzen Bogen als Vektorgrafik erstellen, zusammen mit den Schneidmarken, so dass der Drucker alles zusammen in den richtigen Entfernungen von einander ausspuckt, aber bis ich persönlich mit so einer Arbeit fertig bin, habe ich ca 4 andere Bögen analog und von Hand fertig gebaut, und möglicherweise mehr Spass dabei. Aber die Diskussion, ab Verlage das anbieten sollten, und ob wir das dann noch wollen, dürfte auf eine Neuauflage der Frage "Karton pur oder Ätzteile/LC?" hinauslaufen...

    "Ich glaube nicht, dass der Shitstorm die Weiterentwicklung der Demokratie ist." (Wolfgang Schäuble)

    Wer "Remigration" wählt, wird "Endlösung" ernten.

    Die Würde des Menschen ist unantastbar. (Artikel 1 Grundgesetz)

  • Hallo Zusammen,
    ich möchte direkt drum bitten, das für und wider von Schneidplottern woanders zu diskutieren und hier nur dem Tutorial von Josef zu lauschen. Was man schlußendlich damit umsetzen kann, will Josef ja grade vorstellen.


    Also: No Offtopic please!


    Gruß
    Jan


  • Hallo Günter,


    natürlich darf hier im Forum das für und wider diskutiert werden. Aber das soll bitte dann in einem neuen Thread geschehen. Nichts anders hatte Jan mit seinem Beitrag im Sinn es sollte auf gar keinem Fall hier irgendjemand zum Schweigen verdonnert werden.


    Michael

    "Die beste aller möglichen Welten ist eine Welt ohne Religion" John Adams (1735 - 1826) US-Präsident

  • Hallo,


    würde mich schon sehr interessieren was hier so ab geht :P


    Und da hab ich schon mal meine Fragen :


    * Ist es ein spezielles Format für diese Schneidplotter, oder hat da jeder sein eigenes Format, bzw. muss man z.B aus Corel-Draw irgendwie übersetzen ?


    * Wie ist deine Erfahrung mit den Schneidplottern ?

  • Moin Josef,
    ich hatte dich ja schon gefragt, daher hier nochmal für alle. Wie ist deine Erfahrung im Schneiden von Dickem Karton? Reicht die Genauigkeit des Plotters für mehrfache Durchgänge?


    Gruß
    Jan


  • Das Format das direkt an den Plotter geht ist in den meisten Fällen (wenig überraschend) das .plt Format. Für den Silhouette gibt es ein PlugIn für CorelDraw und Adobe Illustrator, das direkte Ausgabe an den Plotter ermöglicht. Bei anderen Programmen muß man den Umweg über Import/Export Funktion machen.


    Meine Erfahrungen mit Schneidplottern sind durchwegs positiv. Ich habe ja nie ein Geheimnis daraus gemacht, daß ich gerne neue Techniken und Anwendungsmöglichkeiten verwende, wenn ich damit bessere Modelle bauen kann und ich bin weit davon entfernt, ein Kartonpurist zu sein. Sicher ist vieles auch mit Karton und Papier machbar, ich habe da selbst ein paar recht brauchbare Beispiele geliefert ... aber manchmal steht halt der Aufwand in keinem Verhältnis zum Ergebnis. Das muß halt jeder für sich selbst entscheiden, was er will und wie er es realisieren will / kann.


    Ich will mit meinen Berichten niemanden missionieren oder darauf konditionieren, wie er etwas zu machen hat ... ich zeige nur, wie ich es mache und welche Ergebnisse ich damit erziele, was der Einzelne mit diesem Wissen macht und ob er es anwendet oder verurteilt ... ist mir ziemlich egal. :D

  • Moin Josef,
    ich hatte dich ja schon gefragt, daher hier nochmal für alle. Wie ist deine Erfahrung im Schneiden von Dickem Karton? Reicht die Genauigkeit des Plotters für mehrfache Durchgänge?


    Gruß
    Jan


    ... und hier die gleiche Antwort, für alle :whistling:


    Die maximale brauchbare Materialstärke für den Silhouette ist 0,3 mm - alles, was darüber geht kann man knicken. Ich verwende meistens Farbtonpapier mit 0,15 mm Dicke und schneide einfach mehrere Lagen, die dann zusammengeklebt werden. So kann man die meisten geforderten Materialstärken erreichen. Bei 0,15 mm schneidet der Plotter so exakt und genau, daß die einzelnen Schichten sehr gut passen und durch den Schichtaufbau erreicht man sehr stabile Teile ... sozusagen 'Sperrpapier' als pendant zum Sperrholz. Mehrer gleiche Teile zu schneiden ist ja kein zusätzlicher Aufwand, weil der Plotter arbeitet und der zusätzliche Zeitaufwand hält sich in Grenzen.


    Prinzipiell ist es möglich auch dickeres Material zu schneiden, indem man mehrmals hintereinander schneidet - die Kraft mit der die Klinge aufgedrückt wird ist begrenzt. Aber bei Mehrfach-Schnitten ist die Gefahr groß, daß das Messer beim nächsten Durchgang um eine Winzigkeit neben dem verhergehenden Schnitt liegt und das Ergebnis ist vergleichbar mit einem Aktenvernichter ...

  • Um auch weniger Technik-affinen Personen in diesem Forum näher zu bringen, um was es hier geht; in Kürze (naja, so kurz wird es doch nicht) zusammen gefaßt.


    Es geht um die Verwendung eines Schneidplotters (in diesem Fall des Silhoutte Cameo, Schneidbreite 304 mm [A3], Preis ca. EUR 300,00) für unser Hobby Karton-Modellbau. Ein Schneidplotter ist ein Gerät, daß mittels Stepper-Motoren ein Messer in x- und y-Richtung bewegen kann und daher eine Vektor-Grafik (Zeichnung) aus dem Computer konturengenau aus einem Blatt Papier oder Karton ausschneiden kann. Prinzipiell funktioniert ein Schneidplotter so ähnlich wie ein Zeichenplotter, nur wurde der Schreibstift durch ein Messer ersetzt. Zusätzlich sind noch zwei weitere Parameter hinzukgekommen - Schneidtiefe und Schneidkraft. Tatsächlich kann jeder Schneidplotter auch mit einem Zeichnstift verwendet werden und als Zeichengerät eingesetzt werden.


    Mit diesen Eigenschaften kann der Schneidplotter bereits neutrales Material schneiden, ähnlich wie ein Lasercutter. Allerdings sind im Vergleich zum Lasercutter einige Vor- und Nachteile zu erwähnen. Die Materialstärke ist aufgrund des mechanischen Vorgangs beschränkt; es kann nur eine bestimmte Menge an Kraft auf das Messer angewandt werden. Für unseren Fall bedeutet das, eine maximale Materialstärke von ca. 0,2-0,3 mm Dicke bei Papier/Karton. Brauchen wir dickeres Material, so erreichen wir das mit der Schichtung von mehreren Einzelteilen. D.h. ich schneide den benötigten Teile eben mehrmals aus und verklebe in Sandwich-Bauweise zur benötigten Dicke. Die Genauigkeit der Schnitte ist hierbei sehr hoch; die Ränder der einzelnen Teile werden nur im 0,1 mm Bereich variieren. Da ein Messer verwendet wird ist die Schnittbreite nahezu Null, während der Lasercutter hier Material entfernt. Dieses Messer ist aus Hartmetall, mit rundem Schaft und durch Kugellager drehbar aufgehängt. Bei jedem Schnitt wird es nachgezogen, man spricht daher auch von einem Schleppmesser - fast 90% aller Schneidplotter arbeiten nach dieser Methode. Leider hat dieses Nachziehen auch einen kleinen Nachteil - Konturen unter einem Durchmesser von ca. 1,5 mm werden nicht mehr exakt geschnitten ... das Messer benötigt eine kleine Zeit, bis es auf die richtige Bahn eingeschwenkt ist - da ist die Bahn auch scon wieder zu Ende. Ein weiterer Vorteile gegenüber einem Lasercutter ist die recht genaue Bestimmung der Schnitttiefe, die auch ein Ritzen gestattet. Weiters kann auch Material geschnitten werden, daß beim Laser aufgrund der Entstehung von giftigen Gasen problematisch ist (PVC-Folien). Ursprünglich ist dieses Schneiden von PVC-Folien auch die eigentlich Hauptanwendung für Schneidplotter - damit werden Schilderbeschriftungen, Autowerbung u.ä. aus selbstklebender PVC-Folie geschnitten.


    Unser Schneidplotter hat noch eine zusätzliche Funktion, die sich Passermarken einlesen nennt. D.h. er kann auch vorher ausgedruckte Teile exakt auf der Linie schneiden, wenn der Ausdruck mit Passermarken versehen wurde und diese vom Schneidplotter eingelesen wurden. Durch diese Markierungen erkennt der Plotter die Lage der Schneidkonturen und die Ausrichtung des Ausdrucks und kann schräg eingezogenes Papier erkennen und entsprechend korrigieren. Ich verwende dafür mehrere Layer in meinem Programm. Auf eine Ebene kommt die Grafik, d.h. die eingescannten Bauteile aus dem Bogen. Auf einer weiteren Ebene werden diese Grafiken dann nachgezeichnet, es wird eine Vektorgrafik erstellt die alles zu Schneidende darstellt und die Lagerichtig über den Bitmaps sitzt. Auf eine weiter Ebene kommen dann (automatisch) die Passermarken. Dann wird ausgedruckt, wobei ich die Schneidlinien (Vektorgrafik) nicht mitdrucke, die würden mich beim Ausdruck nur stören. Dann wird der Ausdruck in den Schneidplotter gelegt - Passermarken eingelesen - und dann wird nur die Ebene mit den Schneidlinien (Vektorgrafik) geschnitten. Die Teile werden aus dem Bogen herausgelöst, man spricht hier von entgittern, und der weiteren Verwendung zugeführt.


    Der Originalbogen bleibt von der ganzen Prozedur unberührt, wir arbeiten nur mit Kopien des Originals.


    Natürlich mache ich das nicht bei allen Teilen so ... einfache Teile werden weiterhin normal mit Messer und Lineal geschnitten. Bei komplizierten Teilen jedoch, viele Rundungen, sehr klein oder große Genauigkeit notwendig ... macht dieser Aufwand (für mich) schon Sinn. So werde ich z.B. das Gehäuse für den Motor und das Getriebe für die Lok auf diese Art machen - nur so ist die genaue Position (auf ca. 0,05 mm genau) der Bohrungen für die Gleitlager realisierbar. Außerdem arbeite ich soweiso sehr viel mit Härtung durch Superkleber und da kommt mir die gute Saugfähigkeit des verwendeten Tonpapier (130 g/m²) gerade Recht. Man wird später beim Baubericht der Lok noch sehen, daß ich hier Techniken verwende, die ohne Schneidplotter schlichtweg unmöglich wären ...


    Servus
    Josef

  • interessantes Thema ...
    Hab' auch schon probiert mit einem Schneideplotter zu arbeiten. Bei Folien klappt das Ganze ja ziemlich präziese.
    Bei Papier hatte ich aber immer das Problem, dass ich das Papier nicht mehr unbeschädigt von der Trägermatte abbekommen hab`. Wie machst du denn das ?


    Also, eine Genauigkeit von 0,05 mm hinzukriegen ist ja absolut fantastisch ...
    Es würde mich in dem Zusammenhang auch interessieren, ob du einen Laserdruck für die Passerkreuz brauchst.
    Bei einem Tintenstrahldruck verläuft ja die Tinte ein bißchen auf dem Papier. Ich könnte mir vorstellen, dass das einer absoluten Präzision entgegensteht.
    Gibt`s da schon Erfahrungen ?


    Viele grüße
    freakyluke

  • Servus freakyluke!


    Das Entgittern werde ich im dritten Teil behandeln.


    Die Genauigkeit von 0,05 mm bezieht sich auf die Toleranz von identisch, geschnittenen Teilen zueinander. Beim Schneiden auf Linie kann man von etwa ± 0,1 mm ausgehen. Die Ungenauigkeiten, die man im späteren Verlauf des Kurses sehen wird stammen weniger vom Schneidplotter, sondern eher von der ungenauen Bitmap. Wenn ich eine Konstruktion mit konzentrischen Teilen habe, dann setzte ich diese Kreise auch konzentrisch und baue nicht künstliche Fehler ein, nur damit der Schnitt zum (fehlerhaften, ungenauen) Ausdruck paßt.


    LG
    Josef

  • Die Einstellungen und Vorarbeiten beim Schneidplotter


    Um zu verhindern, daß unser Schneidplotter sich bei jedem Schneidauftrag selbst zerschneidet, muß unser Ausdruck auf eine Schneidunterlage. Im Lieferumfang des Plotters ist zu diesem Zweck eine dickere Kunststofffolie mit einem Haftkleber beigelegt. Diese Schneidunterlage gibt es auch als Verbrauchsteil zum Nachkaufen ... vergeßt sie, die ist nahezu unbrauchbar. Bei den ersten 2-3 Schneidauftragen hält der Kleber unseren Bogen Papier so fest, daß die ausgeschnittenen Teile kaum ohne Zerstörung runter zu kriegen sind ... und dann ist der Kleber bald verbraucht und hält überhaupt nicht mehr. Nach mehreren Versuchen mit alternativen Methoden (z.B. Haftpapierin Rollenform, das der Maler verwendet) bin ich auf die optimale Lösung gekommen. Man nimmt einfach einen weiteren Bogen vom Farbtonpapier und sprüht ihn mit Haftkleber (Creative Mount von 3M) ein. Dieser Kleber verwandelt unseren Papierbogen in ein großes 'PostIt'. Der Kleber ist ergiebig, der Gestank hält sich in Grenzen und der Haftfilm ist ideal zwischen 'hält' und 'leicht lösbar'.

  • Im zweiten Abschnitt (Optionen) wird der Überschnitt und die Messereinstellung vorgenommen. Überschnitt bedeutet. daß das Messer (in diesem Fall) um 0,1 mm über den Rand einer Ecke weiterfährt - dadurch wird sichergestellt, daß auch die Ecken sauber ausgeschnitten werden und beim späteren Ablösen nicht ausfransen. Bei dickerem Material kann man hier auch höhere Werte einstellen. Bei den Messerseinstellungen haben sich diese Werte für das Farbtonpapier als ideal erwiesen. Die Schneidtiefe wird direkt am Messer eingestellt (mit einem kleinen beiliegenden Werkzeug) - hier 2 - Schneidkraft mit 9 - und Geschwindigkeit von 5 ergibt einen guten Kompromiss aus Genauigkeit und Geschwindigkeit. Aufgrund der Physik (Beschleunigung und Verzögerung) schneidet der Plotter bei langsamen Geschwindigkeiten genauer braucht aber dafür auch viel länger. Die optimalen Werte lassen sich durch Testschnitte ermitteln und können dann auch für jedes Material gespeichert werden.

  • Als nächstes spannen wir unsere 'verhaftete' Doppellage Papier ein und stellen den Schneidkopf manuell über die erste Markierung - das volle Quadrat bei der Passermarkierung links oben. Diese Position markiert auch den Nullpunkt für unseren Schneidkopf - wir können also die Lage der Zeichnung in CorelDraw 1:1 in den Schneidplotter übernehmen. Nach einem Klick auf Plotten startet das Gerät automatisch mit dem einlesen der Markierungen und beginnt nach einer kleinen Kunstpause mit dem Schneiden. Bei dieser Musterdatei dauert der komplette Schneidvorgang ca. 3 Minuten. Das Video ist leider zu groß und konnte nicht hochgeladen werden.


    http://www.youtube.com/watch?v…vJ1U&feature=youtu.be


    Nächstes Mal kommt dann der letzte Abschnitt, der zeigt wie ich die geschnittenen Teile weiter verarbeite.


    LG
    Josef


  • Glücklicherweise hatten wir diese sarkastische Weltanschauung nicht bei der Einführung der Dampfmaschine ... sonst würden wir noch heute in der Tretmühle hängen und hätten gar keine Zeit für Hobbys.


    P.S.: Modell-Fan und Modellwerft beschäftigen sich doch auch recht intensiv mit Plastikmodellbau? Da ist ja Dein Automat, der die Teile formt, die Du dann nur mehr zusammenkleben mußt ...


    Gruß
    Josef

  • Hallo Fuchsjos,
    vielen Dank für den Tipp mit dem 3M Creative Mount. Das werd ich mal probieren.
    Die Erfahrungen, die du beschreibst, mit dem kaum möglichen Abziehen des Papiers von der Kaufschneidmatte hatte ich nämlich auch schn gemacht, weshalb ich den Schneidplotter nicht mehr für Papierarbeiten verwendet hab.


    Viele Grüße
    freakyluke

  • Hallo Josef
    Da mich dieses Thema sehr interessiert,habe ich auch mal eine Frage dazu.
    Ist es mit einem Schneidplotter auch möglich,solche Teile auszuschneiden,wie sie auf
    den beigefügten Bildern zu sehen sind ( einige der Streben sind nur 0,8mm Breit )?


    Mit immerwährenden klebenden Grüßen von der Kieler Förde
    Thorsten

  • Servus Thorsten!


    Als Antwort auf Deine Frage habe ich schnell mal so ein ähnliches Teil gezeichnet, zwei mal geplottet und ein Extrem-Makro-Foto gemacht. Der Hauptrahmen ist 1 mm dick - die Kreuzstege sind 0,5 mm dick. Die Einstellungen im Plotter wurden ein wenig geändert; Überschnitt AUS, Geschwindigkeit auf 3.


    Einen Teil habe ich schon komplett entgittert, der andere Teile ist erst teilweise entgittert, d.h. der hängt noch am Träger. Den Spray-Haftkleber kann man natürlich auch auf der Seite aufsprühen, die dann später die Teile enthalten soll. Das erleichtert die weitere Verarbeitung teilweise erheblich, weil der Teil von selbst auf Oberflächen haftet.


    Einen weiteren Trick habe ich bei der Verwendung von Maler-Abdeckpapier entdeckt. Der Kleber von diesen Abdeckpapieren stößt Superkleber ab. bzw. geht nur sehr schwer eine Verbindung mit Superkleber ein. Man kann also die Teile (von überflüssigem befreit) noch auf dem Träger mit Superkleber tränken - die fallen dann fast von selbst ab - und sind gleichzeitig gehärtet und verfestigt (zum Aushärten auf ein Stück Küchenrolle legen). Das Problem bei diesen dünnen Teilen ist das anschließende Verkleben ... mit Weißleim, oder anderen wasserhältigen Klebern ist da nichts zu machen - wenn die feucht werden winden sie sich in alle Richtungen und dehnen sich in Längsrichtung ziemlich stark aus.


    LG
    Josef

  • Hallo Josef
    Vielen Dank für deine schnelle Antwort.Danach,was du in deinem Bild zeigst,wird es für mich immer interessanter,
    mir in absehbarer Zeit einen Schneidplotter zu kaufen.Da werde ich mich dann aber noch genauer drüber informieren,
    welches Gerät es sein soll.Ich möchte dann ja auch DIN A3 mit schneiden können.


    Viele Grüße von der Kieler Förde
    Thorsten

    Was nicht passt,wird passend gemacht ( und wenn es auch 10 Anläufe braucht ) erst ;( dann ?( zuletzt :D

  • Die geschnittenen Teile sollten in ihrer Lage auf dem Bogen berücksichtigt werden (nicht verdrehen oder kippen) und genau so miteinander verklebt werden. Irgendwo muß das Messer ja ansetzten, bzw. anfangen zu schneiden. Bei gleichen Teilen ist dieser Anschnitt auch immer an der selben Stelle und die Teile passen am Besten zueinander, wenn man darauf achtet. Zum Verkleben der Teile verwende ich UHU Office Pen, den ich in eine kleine Nadelflasche umfülle (diese Fläschchen gibt es als zubehör in Dampfershops/Elektronische Zigarette z.B. http://www.besserdampfen.de ). Der Kleber hat einige Sekunden offene Zeit, läßt genug Zeit zum ausrichten und zieht dann rasch an. Er trägt nicht auf und wellt das Papier nicht. Ich verteile mit der Nadelflasche einige Tupfen auf dem Teil, lege ein anderes Teil darauf und richte mit den Fingern an der Kante die Teile zueinander aus. Wenn die Ränder passen, drücke ich die Teile flächig aneinander und mache die nächste Schicht.

  • Quote

    und ein wenig Toleranz/Kleber ergeben eine Dicke von ca. 0,95 mm.


    Erfahrungsgemäss wird die Kleberschicht nach einigen Tagen dünner, da das Lösungsmittel <verdunstet>.
    Damit dürfte Deine Toleranz noch weniger ausmachen.


    Müssteste mal nach einer Woche nochma nachmessen... ^^

  • Vielen Dank für deinen Sachlichen und Ausgiebigen Vortrag.


    Dankend
    Rainer

    Im Bau:
    NYK Castor auf A3 Vergrößert und Ferngesteuert; USS Enterprise in ca. 1:800 von Paperhobby


    Warteschleife:
    HMV "Schlepper" ; HMV ZENIT; HMV Nordic; HMV Altmark;....... (und alles was ich noch bauen muss um die vorig genannten hinzubekommen)


    Modelle: (im Papiersektor)
    Schlepper aus Blockrückseite und Küchenrollenkern (mit 5 Jähriger Tochter gebaut & Ferngesteuert)

  • Moin zusammen,


    ja herzlichen Dank für das Tutorial. Wenn ich an manche Bauprojekte denke, wäre so ein Teil nett. Einige hundertmale das gleiche Bauteil? So würde es gehen!


    DANKE


    Gruß
    Hadu

    Vielleicht kommt der Tag, an dem mehr Leute checken, dass Idiotie nicht links oder rechts ist, sondern in erster Linie daher rührt, dass jemand ein Idiot ist! (M. Tegge)




    www.modell-und-geschichte.jimdo.com


    Mitglied der Luft'46-Gang

  • Lieber Josef,


    vielen Dank für dieses interessante Tutorial.


    Zwei Fragen habe ich an Dich.

    Wenn man das Trägerpapier nun nach unten wegbiegt kommen die geschnittenen Teile frei und können ohne Verformungen abgehoben werden.

    Wie oft kann man das Trägerpapier wiederverwenden?

    Wenn die Ränder passen, drücke ich die Teile flächig aneinander und mache die nächste Schicht.

    Mit unserem wichtigsten Werkzeug - unseren Fingern - oder verwendest Du auch Lehrdorne zur Führung?


    LG
    René

    ....es ist 5 vor 33

    Demokratie ist alternativlos!

    "sei a Mensch"

  • Servus 3,1416!


    Das Trägerpapier (ist ja nur ein weiteres Blatt Tonpapier) verwende ich nur einmal.


    Das Anpassen der einzelnen Lagen mache ich mit den Fingern .. die sind dafür am Besten geeignet; man könnte auch Bohrungen oder Schlitze mitschneiden lassen und damit die Teile ausrichten ... aber mit den Fingern geht es (bei mir) am Besten. Wichtig ist nur der richtige Kleber, und da ist der Office Pen ideal - ich habe es auch mit vielen anderen Klebern versucht, aber das war nicht so ideal. Weißleim wellt zu stark und es dauert zu lange, UHU Alleskleber bindet zu schnell ab und trägt auf ... usw.


    Ach ja, noch ein kleiner Tip am Rande - der Office Pen kann auch gummieren, d.h. Kleber dünn auftragen und trocknen lassen - nix passiert - getrockneten Kleber leicht anfeuchten (abschlecken z.B., ist ungiftig und schmeckt süß) und das Zeug klebt sehr schnell wie Hölle ... funktioniert genauso wie bei den guten alten Briefmarken :thumbup:


    Servus aus dem 21. Hieb
    Josef

  • Ach ja, noch ein kleiner Tip am Rande - der Office Pen kann auch gummieren, d.h. Kleber dünn auftragen und trocknen lassen - nix passiert - getrockneten Kleber leicht anfeuchten (abschlecken z.B., ist ungiftig und schmeckt süß) und das Zeug klebt sehr schnell wie Hölle ... funktioniert genauso wie bei den guten alten Briefmarken :thumbup:

    Man lernt nie aus. ^^


    René

    ....es ist 5 vor 33

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    "sei a Mensch"

  • Danke Josef,


    für Dein Tutorial und die Einführung in ein weiteres Feld der Beschäftigung und in unserem Freizeitverhalten und der Nutzenherstellung von Bau- bzw., Einzelteilen, die mehrfach benötigt. Dummerweise ersetzt diese Arbeits- und Vorgehensweise nicht den präzisen Schnitt der Einzelperson am Objekt und die weitere Verarbeitung desselben. Dumm aber auch ... da werden wir doch wohl auch in Zukunft noch mit Skalpell, Cutter, Schere und anderen scharfen Gegenständen uns abmühen und versuchen, etwas Brauchbares zustande zu bringen. Egal ...


    mit liebem Gruß
    Wilfried