Reling, Schutzgitter, Geländer eine Herausforderung für Kartonmodellbauer (nicht nur bei Schiffen). Hier eine selbst erprobte Methode mit den Varianten I bis III.
I Folie, selbstgezeichnet
>> Beispiel siehe unten Foto "Oceanic", ein altes Schätzchen von mir, noch mit 'unveredelten', also ungefärbten Schnittkanten.
Material: Folie für Overhead-Präsentation (0,1 mm, hochtransparent, zum Selbstbeschriften), Folienstift schwarz fein (dünnste Spitze!) und wasserunlöslich, Lineal und ggf. Kurvenlineale, Abdeckpapier (Löschpapier)
Die Folie wird auf die abzuzeichnende Relingteile gelegt und fixiert. Achtung, IMMER die Außenreling auswählen!!! Dann mit Lineal und Folienstift die Reling abzeichnen. Abdeckpapier unter die Hand legen, sonst schreibt der Stift später nicht auf den von der Hand eingefetteten Flächen! Nach dem Abzeichnen Folie verscheiben, nächstes Relingstück aussuchen und abzeichnen ...
Der Vorteil der Methode: Es wird wenig Folie gebraucht, weil nur die benötigten Teile gesammelt werden. Die Relingabstände und krümmungen (Deckschwung!) stimmen mit dem Modell überein. Man kann auch Leitern und Niedergänge (Seitenteile der Treppen) übernehmen, selbst Hubschraubergitter sind kein Problem.
Bei der Verwendung der Folie gilt: Rundungen sind wie bei Papier herstellbar, allerdings muß die Folie wesentlich stärker gerundet werden, weil sie durch ihre Elastizität zurückfedert. Echte scharfe Abkantungen sind kaum zu erreichen, dann lieber ein scharfer Schnitt und die Stütze an der Schnittkante etwas mit dem Stift nachziehen. <Tip für Experten: Stiftspitze kann mit Scalpell angeschärft werden!> Verkleben kann man sie gut mit Uhu möglichst frisch mit hohem Lösungsmittelanteil -, wobei die Kleberaupe auf der unbeschrifteten Seite aufgebracht werden sollte. WARNUNG: So stabil wie eine Papierreling wird das Ganze nicht!!!
Schwierigkeiten ergeben sich durch Umkonstruktionen, wenn z.B. bei einem Deck die Innenreling hochzuklappen und die Außenreling daran festzukleben ist (Schanzkleid- oder Verdopplungsmethode). Dann ist die Innenreling vorzugsweise in eine nach unten zu knickende Klebelasche umzufunktionieren oder (falls die Situation dies nicht erlaubt, weil z.B. sonst sichtbar!) sogar abzuschneiden! Eine andere Schwierigkeit sind Niedergänge (Treppen) in Aufbauwinkeln, so daß eine Seite an die Aufbauwand stößt. Meistens ist auf der Aufbauwand der Platz der Treppenreling markiert und farblich ausgespart. Hier hilft nur ein Einfärben der weißen Fläche oder Überkleben mit einem Stück Farbfläche (bei neueren Modellen oft vorhanden).
Die größte Schwierigkeit dürfte jedoch sein, daß bei Kriegsschiffen meist die Außenreling rund um das Hautdeck total fehlt (dies ist dann die ultimative Herausforderung für Kreative!).
Nachteile der Methode sind die geringe Farbauswahl bei der Reling (schwarz, die anderen Farbtöne sind zu vergessen oder es gibt sie nicht mit feinen Spitzen), und welches Passagierschiff hat schon schwarze Relings! Doch besser als ein Bretterzaum ist es allemal.
Ein weiterer Nachteil besonders beim Fotografieren und der Präsentation ist die glänzende Folie in den Relingzwischenräumen. Außerdem kann man vergessen, das Modell mit Mattlack zu konservieren (sieht echt scheußlich aus).
II Folie, kopiert
>>Beispiel siehe unten Foto der "Nella Dan" (weitere Fotos siehe Gallerie)
Material: Folie für Overhead-Präsentation (0,1 mm, transparent, für Kopierer), Zugang zum Kopiergerät.
ACHTUNG, SEHR WICHTIG: Auf richtige Folienauswahl achten, sonst versaut die Folie die Kopierertrommel wird teuer! Der feien Unterschied: Folien zum Selbstzeichnen haben ein weicheres Material, in dessen Oberfläche sich die Tinte der speziellen Folienstifte einätzt. Folien für Kopierer sind hitzebeständig, weil der Toner eingebrannt wird. Folien für Tintenstrahldrucker haben eine Gelatineschicht als Oberfläche, die die Farbe aufnimmt, allerdings hitzeempfindlich ist. FALSCHE FOLIEN wickeln sich schmelzend um die Walze im Kopierer und versauen diese rettungslos! TEUER!! Lieber 3- bis 7-mal prüfen!
Bei dieser Kopier-Methode wird der Bogen als Schwarz-Weiß-Kopie einfach abkopiert, wenn er Relingteile enthält. Das bedeutet, man schmeißt später alles weg, was nicht Außenreling oder sonst unbrauchbar ist.
Vorteil: Die Zeichnung ist feiner und präziser. Hier sind selbst Radarschirm-Gitter werwendbar.
Die Verarbeitung usw. ist die gleiche wie bei den selbstgezeichneten Relings. Aber Vorsicht, die feinen Linien neigen bei starker Beanspruchung (runden!) zum Verschwinden, insbesondere wenn der Kopierer seine Betriebstemperatur noch nicht hatte und die Farbpigmente nicht ausreichend in die Folie gebrannt wuren.
Bei den Nachteilen kommt der relativ hohe Folienverbrauch hinzu. Außerdem: Selbstschnitzen der Außenreling am Hauptdeck von Kriegsschiffen bleibt angesagt. Und für mich der größte Nachteil: Durch die Filigranität der Relingdarstellung ist diese aus etwas größerem Betrachtungsabstand kaum noch sichtbar (zu fein für das menschliche Auge vor dem Hintergund eines mit Linien übersäten Schiffsmodells). Und dafür der Aufwand?!
III Folie aus dem Tintenstrahldrucker
Material: Folie für Overhead-Präsentation (0,1 mm, transparent, für Tintenstrahldrucker), Zugang zu einem Scanner und Nutzung eines Bildbearbeitungsprogramms
Im Prinzip gilt hier das gleiche wie bei den kopierten Relings, nur kommt ein weiteres Arbeitsschritt hinzu: Man muß die Relingteile erst einmal einscannen. Dafür kann man mit einem Bildbearbeitungsprogramm alles Unerwünschte herausnehmen und alle Relingteile auf einer oder mehr Seiten konzentrieren. Wenn gewünscht kann man auch die Farbe ändern (außer weiß geht fast alles).
Bei der Verarbeitung gilt das schon Gesagte mit dem Zusatz, daß hier die Farben feuchtigkeitsempfindlich sind und bei sehr scharfen Winkeln die Gelatineschicht durch Überdehnung leicht weißlich wird.
Vorteil: weniger Folienverbrauch als bei der Kopiermethode durch Verdichtung.
Nachteil: zusätzlicher nicht unbeträchtlicher Aufwand am PC. Und was ist mit Formaten größer als DIN A4, nicht jeder hat eine A3-Scanner. Die Farben bis auf schwarz werden durchscheinend, und weiß für Passagierschiffe geht gar nicht. Machmal ist auch die Maßhaltigkeit des Scans ein Problem: Verzerrungen sind möglich.
Soweit meine Erfahrungen, viel Erfolg beim Ausprobieren
Papier-Tiger