Mortar Boat No. 10 - Paper Shipwright 1:250

  • Mini-Baubericht - Paper Shipwright - Mortar Boat No. 10 - 1:250


    Moinmoin zusammen.


    Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen das geniale neue Torpedoinspektionsboot von MichiK zu bauen. Doch dann stolperte ich beim blättern in Footes Civil War über folgende Textpassage:


    eleven strange vessels, compressed hexagons 60 feet long and 25 feet wide, each with a single 13-inch mortar bolted to its deck.


    Hmm, merkwürdige, hexagonale Mörser-Boote, da war doch was


    Genau das schon länger erhältliche, kleine aber feine free-download Mortar Boat No. 10 von Paper Shipwright/David Hathaway. Gibts hier auch schon in der Galerie zu bewundern, nichts desto trotz hat mich die Lust gepackt dieses zu bauen und das hier mit einem angemessenen Mini-Baubericht zu begleiten.
    Die Torpedoinspektion wird noch ein paar Tage auf ihr Boot warten müssen :(


    Bild 1: Die No. 10 ist ein schön kompakter Bausatz, alle Bauteile samt kurzer Anleitung auf nur einer A4 Seite. Das freut meine Druckerpatrone.


    Bild 2: Ein grossteil der Bauteile muss gedoppelt oder verdreifacht werden. Hab das erstmal für den ganzen Bausatz durchexerziert damit das später bei den einzelnen Baugruppen nicht mehr aufhält. Ein Flügel einer der seitlichen Türen soll am Ende offen stehen, daher wurde dieser am Bauteil 6a ausgeschnitten.
    Weiterhin sind schon mal Deck und Bodenplatte ausgeschnitten.

  • Quote

    Ooooooooooooooooooooooch...



    Verrückt... genau das war auch die Reaktion des ehrenwerten Herrn Torpedoinspezienten. Dann hat er mit dem Fuß aufgestampft und hat sich auf die Suche nach einem Beschwerdeformular gemacht...
    :D


    Tom

  • ...und wenn er nicht gestorben ist, dann sucht er noch heute!


    Aber ich schätze mal, der Herr Inspizient wird es überleben, gar so lange wirst Du für das Mörserboot ja wohl nicht brauchen.
    Ich wünsch' Dir jedenfalls viel Spaß beim Bau!


    Michi

  • Danke Michi!
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    Diese merkwürdigen schwimmenden Batterien kamen übrigens in der Anfangsphase des Amerikanischen Bürgerkrieges auf dem Mississippi zum Einsatz. Dieser mächtige Strom stellte damals wie heute eine wichtige Verkehrsader da und teilte die Südstaten in einen westlichen und östlichen Teil. Schon der oft belächelte Anakonda-Plan von Scott sah unter anderem vor, den gesamten Mississippi in die Hand der Union zu bringen und so das östliche Herzland der Konföderation vom überlebenswichtigen Transmissisippi zu trennen.


    Natürlich hatten auch die Südstaatler die strategische Wichtigkeit des Mississippis erkannt und ihn daher seit Ausbruch der Auseinandersetzungen durch eine Reihe von Befestigungen und Forts zu sichern versucht.


    Nachdem ein gewisser U. S. Grant 1861 mit der Einnahme der Forts Henry und Donelsen die konföderierten Truppen des Westlichen Kriegsschauplatzes zu einem Rückzug aus Kentucky zwang, versuchten diese auf den Bundesstaat Tennessee zurückzufallen und ihre linke Flanke auf New Madrid/Island No. 10 am Mississippi abzustützen.


    Diese gut ausgebaute Stellung wurde dadurch das nächste Ziel der von Norden vorrückenden Unionsarmee unter General John Pope, welcher eng mit Commodore Foote und seiner Flotille aus 7 Ironclads und 11 eben dieser hexagonalen Mortar Boats zusammenarbeitete. Der Kampf um New Madrid begann am 13. März 1861


    Bild 3: Die gedoppelten Längs- und Querspanten wurden ausgeschnitten und schon auf die Grundplatte aufgeklebt. Hierbei muss man noch nicht einmal darauf achten wo Bug oder Heck ist praktisch. :)
    Weiterhin sind die niedrigen Bordwände bereits ausgeschnitten und zurechtgeknickt. Auch das Deck liegt bereit, welches als nächstes auf die Spanten gesetzt wird.


    Bild 4: Hier sind Deck und Bordwände bereits in Position geklebt. Passt alles wunderbar. Solche sehr flachen Rümpfe sind ja immer etwas fitzelig im Zusammenbau, nach ein paar Flüchen klappts aber dann doch immer ganz gut. Die gedoppelten Halterungen für die Mörserprojektile sind auch schon auf das Deck gesetzt.
    Rund um den Rumpf angeordnet liegen die Teile für den Aufbau bereit die Türen müssen noch aufgedoppelt werden.


    Tom

  • Warum hat man nun diese komischen Boote gebaut?:


    Grundsätzlich hielt man einige der Befestigungen entlang des Mississippi für zu stark ausgebaut um sie durch einen schnell geführten Angriff direkt nehmen zu können. Man ging davon aus, dass eine längere Beschießung nötig sein würde um die verteidigenden Forts und Batterien nach und nach niederzukämpfen.
    Für die Flotte Footes war es außerdem besonders problematisch die Angriffe von nun an immer flussabwärts führen zu müssen. Ein Ausfall der Maschinenanlage bedeutete so zwangsläufig den Totalverlust eines Ironclad. Dieses würde hilflos auf die flussabwärts liegenden Positionen der Rebellen zutreiben. Oder darüber hinaus - immer weiter hinein ins Feindesland, ohne Hoffnung auf ein Entkommen.


    In dem Zusammenhang war es wohl auch nicht wirklich hilfreich, dass man feststellen musste, dass die (nur am Bug gepanzerten) Kanonenboote es selbst auf dem gemächlich fließenden Mississippi nicht fertig brachten bei voller Fahrt zurück ihre Position zu halten. Die Maschinen waren einfach zu schwach. Die Boote drifteten langsam aber unaufhaltsam flussabwärts. Selbst Grundanker vermochten die Boote nicht in Position zu halten.


    Aus diesem Grunde versuchte Commodore Foote bei New Madrid und Island No. 10 erst gar nicht direkt mit seinen sieben konventionellen Kanonenbooten anzugreifen. Er ließ vielmehr eine kleine Flotte dieser Mörser-Boote bauen und ging 2 Meilen flussaufwärts, außer Sicht der Südstaatlerbatterien, vor Anker. Von dieser relativ sicheren Position aus begann er nun die Stellungen der Konföderierten rund um Island No. 10 zu beschießen.


    Bild 5: Hier ist nun schon der kasemattenartige Aufbau aufgesetzt. Ich habe ihn zuerst komplett fertig gebaut und erst ganz am Schluss auf das Deck geklebt. Würde wegen der schrägen Wände wohl auch kaum anders funktionieren.
    Bei den inneren Holzverkleidungen der Stirnwände musste ich an ein paar Stellen einen Hauch seitlich wegschneiden um sie einkleben zu können. Das lag aber vermutlich eher am ungenauen Einkleben, als am Modell selber.
    Auch der obere Abschluss (Teil 7) wollte bei mir nicht 100% passen, so dass ich ihn aufschneiden und ca. 1 mm kürzen musste.
    Eine der Türen habe ich geöffnet dargestellt den offenen Flügel einfach außen auf die Aufbauwand geklebt.


    Bild 6: Als nächstes kommt die Mörserlafette dran. Alle Teile müssen gedoppelt, werden. Das ist alles schon geschehen. Wenn man genau hinschaut kann man erkennen, dass ich blöderweise die Teile 10i, welche auf die Innenseite der Seitenteile (10b') gehören, auf die Außenseiten (10b) geklebt habe (war eine klassische "3 mal richtig zurecht gelegt, dann doch das falsche Bauteil gegriffen" Situation :rolleyes: ). Dank feinem Rapidographen und etwas Farbpanscherei ist das aber auch kein Problem. Ich habe vorm Zusammenbau einfach aus den Innenseiten Außenseiten gemacht und vice versa. Die Seiten unterscheiden sich ja auch nur durch die kleinen aufgedruckten Halteringe.
    Als letztes Detail des Bootskörpers sind zwei kleine Poller hinzugekommen.

  • ...und weiter geht's:


    Der einzige Grund, weshalb man die 13in Mörser ausgerechnet auf Booten montiert zum Einsatz brachte war übrigens nur der Mangel an alternativen Transportmöglichkeiten. Dieses schwere Gerät über Land zu transportieren verbot sich schlichtweg ob der mangelnden Erschließung mit allwettertauglichen Straßen.


    Anfänglich war man sich übrigens gar nicht so sicher wer gefährlicher leben würde - die Bootsbesatzung, oder die zu beschießenden Südstaatler.
    Ein Rückstoß bedingtes Sinken der Mortar Boats beim ersten Schuss wurde nämlich nicht ausgeschlossen. Drei mutige Kanonenbootkapitäne stellten dann aber schließlich per Selbstexperiment fest, dass die Boote das Abfeuern des Mörsers nicht mit Selbstversenkung quittierten Dem Bombardement von Island No. 10 stand also nichts mehr im Wege.


    Auch wenn man nun nicht mehr ständig damit rechnen musste, sich nach dem Abschuss plötzlich auf dem Grunde des Old Man River wieder zu finden, so war der Dienst auf den Mörserbooten kein Zuckerschlecken.


    Besonders unangenehm war die schiere Lautstärke und Druckwelle des Mörsers im Innern der Panzeraufbauten. Ein Abschuss war einfach zu laut um im Innern der Kasematte bleiben zu können!
    Aus diesem Grunde musste die gesamte Besatzung vor jedem Abschuss die Kasematte verlassen. Auf Zehenspitzen balancierend, Mund weit aufgerissen, Hände auf die Ohren gepresst, kauerten sie auf dem Sims entlang der Außenwand und warteten bis einer der ihren per langem Seil den Mörser zündete. Danach wieder rein ins Boot, Rohr gesäubert und mit den schweren Geschossen und Pulverladungen hantiert.
    Das alles tagein tagaus. Lärm, Qualm, Gestank und härteste körperliche Arbeit mehr oder weniger während der gesamten Belagerung von Mitte März bis 8. April.



    Bild 7: So schaut dann der zusammengesetzte Mörser aus. Obwohl der Lauf nur aus 4 Teilen besteht, macht das Ding meiner Meinung nach einen ziemlich realistischen Eindruck. Einzig der Mündungsdurchmesser erscheint mir etwas zu groß im Verhältnis zur Manteldicke. Zuerst habe ich mit dem Gedanken gespielt die Lafette per Reißbrettstift drehbar zu lagern (daher auch die Bleistiftmarkierungen auf dem Deck), hab dann aber doch davon Abstand genommen. Sowas verleitet mich nur dazu zu viel an dem Modell herumzufummeln Katastrophe vorprogrammiert
    Kantenfärben ist hier bei dem doppelt bis vierfach geklebten Karton übrigens ein absolutes Muss.


    Bild 8: Über David Hathaways Homepage kommt man ja nicht nur an ein kostenloses Mortar Boat. Nein von einem gewissen Michi inspirierte Pappsailors gibts da ja auch. :super: Ich bin mir zwar nicht sicher wie groß die Mannschaftsstärke auf den Mörser-Booten war, aber ich habe einfach mal so lange Männchen gebastelt bis mir fürs erste die Lust vergangen ist. Alle außer dem Chef haben sich ob der schweren Arbeit schon ihrer Uniformjacken entledigt.


    Tom

  • Hallo TomTom,



    sehr gut gelungen, dein Mörser, ich denke auch Experimente mit Beweglichkeit wären riskant, habe das seinerzeit auch nicht näher erwogen.



    Ausgesprochen spannend die historischen Hintergrundinformationen, insbesondere zum Abfeuern des Mörsers, vielen Dank für Deine Mühe und Dein Engagement!


    Zaphod

  • Quote

    Ausgesprochen spannend die historischen Hintergrundinformationen, insbesondere zum Abfeuern des Mörsers, vielen Dank für Deine Mühe und Dein Engagement!


    Aber Bitte doch, sehr gern geschehen. :)


    Freut mich sehr wenn auch andere die Geschichte zu den Modellen interessant finden. Vor allem bei dieser ja eigentlich recht simplen Bastelei war die kurze Hintergrundrecherche fast spannender als der Bau selbst.


    Der Kahn ist übrigens eine Kriegswaffe ganz nach meinem Geschmack: Möglichst skurril und total nutzlos Wird wenigstens keiner verletzt. ;)


    Tom

  • Nun, ich bin mir recht sicher, dass die Dinger zumindest semipermanent am Ufer festgemacht waren (Beweisfotos folgen noch ;) ). Mit ankern im Mississippi scheint das so eine Sache gewesen zu sein Durch den schlammigen Grund war ein ausgeworfener Anker noch lange nicht mit einem stationären Schiff gleichzusetzen. Es rutschte wohl öfters einfach langsam weiter flussabwärts.


    Das Gute an so einem Mörser ist ja seine sehr steile Schussbahn und daher sehr große Rohrerhöhung. Dadurch dürfte ein grossteil des Rückstoßes eher nach unten als nach hinten gewirkt haben. Ob das jetzt wirklich pfleglicher für die Mörserboote war ist allerdings eine ganz andere Frage


    Tom

  • Der Wirkungsgrad der Mortar Boats während der Belagerung von Island No. 10 war wohl äußerst gering. Man tendierte oft dazu die Zerstörungsleistung eigener Batterien deutlich zu über- und die Schutzwirkung der gegnerischen Forts zu unterschätzen. Auch um die Treffgenauigkeit war es wohl eher schlecht bestellt.
    Bezeichnend hierfür die leicht sarkastische Aussage eines frustrierten Offiziers aus Popes Armee, dass die Navy mit ihrem Langstreckenbombardement so gerade noch den richtigen Bundesstaat treffen würde mehr aber auch nicht.


    Alles in allem stellten diese Mississippi Mortar Boats von daher wohl eher eine absolute Ressourcenverschwendung dar


    Island No. 10 wurde dann auch nicht von der Navy erobert, sondern von Pope's Infanterie. Diese hatte recht schnell New Madrid eingenommen, stand dann aber vor dem Problem auf der falschen Seite des Mississippi zu sein. Die Rebellen im Island No. 10-Bereich lagerten auf der Ostseite, während Pope westlich des Mississippi vorgerückt war dort wo New Madrid, sein erstes Ziel, lag.


    Blöderweise war keine Fähre und natürlich schon gar keine Brücke in Sicht. Dumm auch dass sich Footes Flotille weigerte ein Kanonenboot zum Übersetzen der Infanterie zu schicken. Dazu hätten sie nämlich sämtliche Batterien der nur auf so eine Chance wartenden Konföderierten passieren müssen, da Pope weiter flussabwärts stand.


    Erst nach längerem hin und her meldete sich ein Kanonenbootkapitän freiwillig den Durchbruch zu wagen. Dies gelang dann auch in einer dramatischen Gewitternacht, so dass einen Tag später auch ein zweites Boot den Mut fasste und den Rebellen auf Island No. 10 trotzte.


    Mit Hilfe der Boote waren die Truppen Popes schnell auf der richtige Seite des Flusses, versperrten den Konföderierten den einzigen Fluchtweg und nahmen auch schon bald deren Kapitulation entgegen ohne die Hilfe der immer noch 2 Meilen flussaufwärts liegenden Mortar Boat Flotille.


    Bild 9: Hier hat nun der Mörser schon seinen Platz in der Mitte des Bootes eingenommen (Darf man so was eigentlich wirklich Boot nennen? Floß ist vielleicht richtiger).
    Auch die Besatzung ist schon bei der Arbeit. Alles ist bereit für den Abschuss. Fast alle haben schon die Kasematte verlassen und der Kommandant schaut ungeduldig durch die Tür weil der letzte noch immer im Innern mit der Zündleine herum hantiert.


    Als Hintergrund dient übrigens das Faksimile einer zeitgenössische Karte, welche die Operationen von Pope und Foote während der Belagerung von Island No. 10 darstellt. Im Bild 9 zu erkennen sind unter anderem die Positionen der Mortar Boats, sowie die Batterien der Südstaatler rund um Island No. 10. Popes Infanterie befand sich flussabwärts, jenseits der linken oberen Bildecke auf dem rechten/westlichen Ufer. New Madrid liegt mittig, knapp außerhalb des oberen Bildrandes. Der Fluss fließt in einer invertierten S-Kurve von rechts unten nach links oben (Norden ist nach rechts).


    Bild 10: Missouri, März 1961. Mortar Boat No. 10 der Unionstruppen im Einsatz am Ufer des Mississippi - während der Belagerung von Island No. 10. Geschichtliche Sammlung, Louisiana State University. ;)


    Fazit: Hat Spass gemacht, das kleine Modell! Solche Kleinigkeiten und Fußnoten der Geschichte haben für mich ihren ganz eigenen Reiz. Nachbau wärmstens empfohlen!
    Danke David!


    Tom

  • Hallo, Tom!!


    Schöner und vor Allem sehr sauberer Bau!


    Vor allem begeistert mich aber Dein toller Foto-Hintergrund! Ich liebe (historische) Landkarten!


    Stephan

    Ash nazg durbatulûk, ash nazg gimbatul

    Ash nazg thrakatulûk agh burzum-ishi krimpatul

    .

    Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden,

    Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.

  • Nein, wie geil!


    Der Kartenhintergrund gefällt mir auch sehr gut, aber trotzdem: Das historische Foto ist der Oberhammer! Super gemacht!


    Michi

  • Zuerstmal:


    Michi, Zaphod, Peter, Stephan, vielen Dank für eure netten Kommentare!


    Quote

    Ich liebe (historische) Landkarten!


    Da gehts dir genau wie mir. Auch ich liebe schöne Karten. Zum ACW sind ja glücklicherweise eine ganze Menge online vorhanden. Allerdings können virtuelle Abbilder natürlich nur sehr begrenzt das feeling einer echten Papierkarte ersetzen


    Quote

    Das historische Foto ist der Oberhammer!


    Jaja, die liebe Photoshop-Lügerei, äh... -Spielerei. Macht mir auch immer wieder Spass. Geht ja auch einigermaßen fix.


    Eins hab ich noch


    Bild 11: Missouri, März 1961. Mortar Boat No. 10 - Diesmal aufgenommen vom Marine-Artilleriebeobachtungsballon No. 3 =)