Berliner Schloss

  • Tag zusammen,


    eine "Dienstfahrt" brachte mich heute unerwartet an einen Ort, der für uns Kartonmodellarchitekten ein äußerst interessantes Modell des alten Berliner Zentrums mit Stadtschloss zeigt.


    Auf einer Fläche von etwa 50 m² hat Horst Dühring (Quelle: http://berliner-schloss.de/) in jahrelanger Arbeit Haus für Haus sehr detailgetreu nachgebaut. Der Maßstab ist etwa 1:100 und die Gebäude sind zum großen Teil aus Karton, oder anders gesagt. Karton wurde zum großen Teil an den sichtbaren Flächen als Baumaterial verwendet.


    Für jeden Berlinbesucher ein sehr empfehlenswertes Ziel, die Ausstellung ist frei und sie liegt nahe am Gendarmenmarkt, also mittendrin in Berlin!


    Ein paar Impressionen von heute:

  • Hallo, Godwin!
    @)
    Ick bin ja sowat von bejeistat! :yahoo:
    Noch ein Grund mehr, mal wieder nach Berlin zu fahren...
    Nun gute Nacht!
    Kartonkapitän

    Ich schnipsel mit Schere, ich klebe und falz';
    das is zwar nur Schimäre, doch mich unterhalt's! :P(frei nach Johann Nestroy)

  • Argghh. Wenn man diese Bilder sieht ,merkt man erst den Verlust der Stadtmitte .
    Das Diorama ist wirklich erste Sahne, muß sehen das ich zu Ostern hinkomme.


    Marc
    So ist es, dauernd über Geldmangel klagen und solche Gelegenheit verstreichen lassen


    Gruß Robi

    Jean Luc Picard ( USS Enterprise): Die Summe der Intelligenz auf dem Planeten bleibt immer gleich, nur die Bevölkerung wächst.


    Andere haben Flugzeugträger, wir haben die Gorch Fock.


    I´m a Billiever, #17, Go Buffalo

  • Da bin ich ja auch schon wieder voll begeistert 8o
    Aber um auf die qm-Zahl zu kommen,muss ich wohl an meinen Dioramen noch etwas zulegen :D
    für sowas immer zu haben,Tommy

    Was wäre ein Leben ohne Kartonbau---eben eines ohne...

  • Der "Förderverein Berliner Schloss e.V." hat sich zum Ziel gesetzt, das im Februar 1945 durch Bomben zerstörte und später vollständig gesprengte Berliner Schloss wieder aufzubauen. Der Verein ist sehr aktiv, der Bundestag hat dem Wiederaufbau zugestimmt. Im Moment ist man in Berlin dabei, den auf dem Standort des Berliner Schlosses zu DDR-Zeiten errichteten "Palast der Republik" abzureißen. Dieses Vorhaben verzögert sich aber von Monat zu Monat. entsprechend steigen die Kosten dafür.


    Wann dann mit dem Wiederaufbau des Berliner Schlosses (Humboldt-Forum) tatsächlich begonnen wird, steht in den Sternen.


    An dieser Stelle möchte ich aber noch einen Katallog des Fördervereins vorstellen. Er enthält interessante Fotos und für Architekturfreaks einige sehr schöne Abbildungen unter dem Motto: "vom Foto zur Zeichnung zur Computergrafik".



    Grüße!


    godwin

  • Der Aufbau des Berliner Schlosses ist ein Projekt, das auch auf gut begründete Kritik gestoßen ist.
    Erstaunlich ist für mich, dass man diese Kritik heute kaum noch hört. Der Förderverein hat es verstanden, durch permanente Wiederholung seiner Position und durch publikumswirksame Aktionen dies alles in den Hintergrund zu drängen.


    1. Es sind keine ausreichend detaillierten Pläne des Innenlebens der oftmals umgebauten Schlosses mehr vorhanden. Man müsste also hinter einer "Originalfassade" etwas ganz Anderes bauen


    2. Während die Frauenkirche in Dresden einen hohen Symbol- und architektonischen Wert hat, geht dem Stadtschloss beides ab. Die letzten Hohenzollern sind weder zu ihrer Zeit, noch für die heutige demokratische Gesellschaft ein Vorbild.


    3. Was sollte in das Schloss? Bei der Frauenkirche ergab sich die Nutzung von alleine, für das Schloss hätte man nichts bzw. müsste mühsam eine "Nutzung" erfinden. Berlin hat schon so große Probleme, seinen Museumsbestand angemessen zu erhalten, soviel ich weiß ist das Naturkundliche Museum (der genaue Name ist mir leider entfallen) zum Teil immer noch Kriegsruine, obwohl hier Exponate von Weltrang vorhanden wären (und im derzeitigen Museum einer schleichenden Zerstörung ausgesetzt sind).



    4. Berlin ist ausgesprochen pleite. Es gibt (u.a. im sozialen Sektor) zahlreiche sinnvolle Wege. Geld auszugeben. Der Förderverein wird es nie schaffen den vermutlich im Milliardenbereich liegenden Betrag zusammenzubekommen.



    5. Das alles spricht nicht gegen den Abriss des Palastes der Republik, ein Bombentrichter ist ästhetischer als diese Monstrosität.



    Zaphod

  • Hi Zaphod,


    Ein sehr leidiges Thema, als Berliner schlagen hier 2 Herzen in meiner Brust.


    Grundsätzlich: Das Ding wird richtig teuer, Spenden werden hier bei weitem nicht reichen, Berlin ist wirklich Pleite, da beißt die Maus den Faden nicht ab.


    Andererseits fehlt gerade in Mitte ein Bindeglied , die bisher neugeschaffenen Bauten kann man meines Erachtens nach allesamt in die Tonne treten (Potsdamer Platz, Pariser Platz etc, WÜÜÜRRRGG!) . Also warum nicht ein halbwegs Potjemkinsches Dorf, die Fassade und der Baukörper im Volumen bringen schon mächtig was her.


    Es liesse sich vortrefflich streiten über Architektur und moderne Stadtplanung, aber gerade in Berlin fehlt was. Fahr mal nach Paris, mann die Stadt ist harmonisch gewachsen und kann sich architektonische Ausreisser leisten ( Centre Pompidou und wie sie alle heissen), Berlin mit seinen Kriegsfolgen ist dagegen ein Tummelfeld aller Architekten ohne Sinn und Verstand für Stadtansichten geworden.


    Just my 2 Cents


    Robi

    Jean Luc Picard ( USS Enterprise): Die Summe der Intelligenz auf dem Planeten bleibt immer gleich, nur die Bevölkerung wächst.


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    I´m a Billiever, #17, Go Buffalo

  • Hallo,


    m. E. hatten die historischen Inseln in den weitgehend kriegszerstörten Städten identitätsstiftenden Charakter, seien es bspw. der Hildesheimer Markt, die Hannoversche Altstadt oder der Frankfurter Römer; allesamt künstliche Gebilde, nach denen aber die Bevölkerung gegen teilweise erbitterte Bockigkeit der Stadtplaner rief.


    Man mag das Berliner Schloss schön oder meinetwegen auch als Abschluss der Linden nötig finden (ich gehör weder zu der einen noch zu der anderen Fraktion), aber identitätsstiftend ist es für die Berliner sicher nicht.


    Berlin ist nicht sondern ist stets am werden - eine Fototapete braucht es hier sicher nicht.


    G&D


    Marc

  • Moin zusammen,


    und demnächst gibt es noch einen weiteren Modellbogen vom Berliner Schloss. Der HMV hat als Auftragsarbeit für den Förderverein Berliner Schloss e. V. ein Modell des Schlosses so wie es wieder aufgebaut werden soll entwickelt. Das Modell hat den Maßstab 1:400, 840 Teile, Konstrukteur Peter Brandt, 32 Bogen, Grundplatte 40 x 57,1 cm. Verkaufspreis 19,90 Euro. Erscheinungstermin Anfang Juli. Dann zu erwerben beim HMV und beim Förderverein.

  • Hallo,


    also wenn ich mir Photos vom alten Stadtschloss ansehe, muss ich sagen, dass das schon architektonisch gerade außen m.E. nicht ansprechend ist. Ein Kasten mit einem recht unmotiviert eingepflanzten großen Turm.
    Das einzig Spannende sind für mich die verschiedenen Innenhöfe, mit den zahlreichen Anbauten. Die aber soll es beim neuen Stadtschloss nicht geben.


    Zaphod

  • Unser Modell gibt ja die aktuelle Planung wieder, wie gebaut werden soll. Ob so gebaut wird, weiß ich natürlich nicht. Der Schlüterhof soll demnach wieder aufgebaut werden und den finde ich auch durchaus ansprechend. Rein modelltechnisch fand ich den Schlüterhof und das gesamte Eingangsportal mit Kuppel äußerst spannend. Aber auch der Rest hat beim Bau wirklich Spaß gemacht. Ohne Frage kann man sich über die Mischung von Moderne und klassischem Wiederaufbau streiten. Glücklicherweise muss ich dazu aber keine Meinung haben. Als Modell jedenfalls kann sich das Berliner Schloss definitiv sehen lassen.


    Schöne Grüße
    Benjamin

  • Quote

    Originally posted by Christian Biskup...entdeckt, dass es einen Modellbaubogen vom Berliner Schloss gibt...


    Jetzt nicht mehr :D -habe gerade den letzten vom Ladentisch weggekauft. Aber die haben bestimmt irgendwo noch mehr davon. Der Herausgeber ist Farbenspiel - J. Müller, Berlin 2006, als Designer wird Marcus Müller genannt, die Adresse ist bei mir um die Ecke (Steglitz, Stindestr. 16, Tel. 79783963). Der Bausatz besteht aus 15 Bögen A4, davon 12 auf Karton, 3 auf Papier gedruckt, plus 1 Bogen Anleitung. Der Druck ist relativ grober Tintenstrahldruck und, muss ich leider sagen, sieht nicht sehr professionell aus. Also mein Canon kann das besser... Aber gut, das gebaute Modell im Laden war zwar schon etwas zerfleddert, sah aber ganz nett aus. Als Vergleich zu dem neuen Modell von HMV (freue mich drauf!) wird es sicher gute Dienste leisten.
    Noch 'ne Anmerkung: Der Neubau heißt natürlich *nicht* Stadtschloss Berlin, er heißt Humboldtforum. Der Plan ist auch nicht, eine Replik des Schlosses zu errichten, sondern die Fassade zu verwenden und mit mit völlig neuem Innenleben zu füllen, insofern ist die Aussage "die bankrotten Berliner bauen sich ein neues Schloss" so nicht ganz richtig (das bankrott stimmt natürlich :( ). Ob man die Gestalt unbedingt dem Stadtschloss annähern musste, kann man diskutieren; ich bin zwiespältig- finde es eigentlich einfallslos, habe aber auch zu viele hässliche Neubauten gesehen.
    Danke an Godwin für den ursprünglichen Tip und an Chrissi für den Modelltip!

  • Die Argumente gegen das neue "Stadtschloss" werden in einem aktuellen
    Artikel in der "ZEIT" vorgestellt.


    http://www.zeit.de/2010/24/Berliner-Stadtschloss


    Der Baugebinn ist auf 2014 verschoben und Anfang Mai hat der Bundesbauminister vorgeschlagen, auf die Rekonstruktion der historischen Fassade "vorerst" zu verzichten.


    In der gedruckten Zeit ist übrigens ein deutlich besseres Foto von der riesigen Rasenfläche, die da angelegt worden ist. Es gibt Schlimmeres ...



    Zaphod

  • Hallo,


    ich bin eigentlich immer gegen diesen "billigen" Abklatsch von irgendwelchen historischen Gebäuden. Bei uns in Braunschweig ist es quasi dasselbe: Ein Schloss mit richtig "fetten" Einkaufszenter innen und direkt anschließend.


    Allerdings ist die Aussage auf die historische Fassade zu verzichten ja ziemlich hart. Schließlich haben tausende für Einzelteile gespendet. Ich wette die würden es nicht gutheißen wenn diese durch Betonteile ausgetauscht werden...


    Aber Diskussion ist eh zwecklos und nicht Sinn des Forums :]


    Pietschker: Ich würde mich freuen, wenn du den Bausatz etwas genauer erläutern würdest , also mit Bild :D Finde es schön, dass der Bausatz doch den historischen Zustand wiedergibt.


    Ich jedenfalls freue mich auf den Neubau der Hannoveraner Schlosses 8o


    Gute Nacht!

  • Quote

    Original von Christian Biskup
    Hallo,


    ich bin eigentlich immer gegen diesen "billigen" Abklatsch von irgendwelchen historischen Gebäuden.
    ...
    Allerdings ist die Aussage auf die historische Fassade zu verzichten ja ziemlich hart.
    ...


    Es gibt m.E eine gute Alternative zur Rekonstruktion der Fassade:


    [Blocked Image: http://schlossdebatte.de/wp-content/uploads/2008/12/unter-den-linden-phase-1.jpg]
    Quelle: schlossdebatte.de


    Das ist der Entwurf des Architektenbüros Kuehn Malvezzi, der in dem Wettbewerb seinerzeit den Sonderpreis gewonnen hat und der vermutlich deswegen nicht als zu realisierender Entwurf ausgewählt wurde, weil eben die Schlossnostalgiker eine Fassadenrekonstruktion wollten.


    Ich finde diesen Entwurf ausserordentlich gelungen. Die Historische Mitte Berlins hat vielleicht etwas Besseres verdient als eine plumpe, rückwärtsgewandte Rekonstruktion vergangener Monarchieherrlichkeit.

    Fertig: MS WILHELM GUSTLOFF, 1:250



    Aufwachen - es ist 5 vor 33...

  • Quote

    ...Chrissi schriebr: Ich würde mich freuen, wenn du den Bausatz etwas genauer erläutern würdest...


    Here you go!
    Ich muss mich bezüglich der Bogenzahl noch korrigieren, man sollte die Tüte vor dem Zählen schon ganz öffnen. Es sind insgesamt 19 Bögen plus eine Seite Anleitung, von den Modellbögen sind 12 auf ca. 150 g-Papier gedruckt, 2 auf 100er, und 5 auf 80er. Bei den 5 dünnen Bögen sind 3 Grundplatte (nach Anleitung auf Karton aufzuziehen), einer hat Geländerrückseiten und einer den Kurfürstenflügel (s. 13), die beiden 100er Bögen (S. 8 und 11) tragen Kuppelteile und den Lynarbau. H. Müller hat mir auf Nachfrage erklärt, dass die Bogenstärke bewusst gewählt wurde, um die filigranen Faltungen einiger Gebäude und die Kuppeln besser baubar zu machen (im Kurfürstenflügel eine Faltserien mit 2-5 mm zwischen den Faltlinien). Ich vermute, dass einige Flächen jetzt wiederum eine kleine Verstärkung ganz gut brauchen könnten.
    Hergestellt wuden die Bögen als Scans und Tintenstrahldrucke von kolorierten Federzeichnungen, das erklärt die manchmal etwas grobe Rasterung. Es handelt sich, so wie ich das verstanden habe, um eine Erstkonstruktion, und dafür sieht sie erst mal sehr gelungen aus- angenommen, beim Bau passt alles (H. Müller hat mir versichert, dass etliche Probebauten gemacht wurden).
    Ich freue mich jedenfalls aufs Bauen- hoffentlich werde ich fertig, bevor das Humboldtforum steht :)

  • Hallo Freunde,
    diese Diskussion gab es in Frankfurt, als man den Römer wieder aufbaute. Heute kümmert sich kein Mensch mehr drum, ob das Disneyland sei oder nicht. Im Gegenteil, das sog. techn. Rathaus der 70er Jahre wird abgebrochen und es kommen noch mehr Fachwerkhäuser hinzu. Der Römerplatz ist ein Besuchermagnet.
    In Dresen diskutierte man ebenso heftig und kein Mensch empfindet etwas Negatives mehr, dass nicht nur die Frauenkirche, sondern auch die Umgebung nach alten Vorbildern wieder aufgebaut wird.
    Und so wird es auch mit dem Humboldtzentrum und dem Stadtschloss (neuer brandbg. Landtag) in Potsdam werden.


    Mit freundlichen Grüßen


    modellschiff

                                                                                   Artikel 1 GG:

    Die Würde des Menschen ist unantastbar.

    Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt



  • Als ich im vorigen Jahr die Ausstellung besuchte, hatte ich Gelegenheit, mich mit einer dort angestellten Dame zu unterhalten. Sie sagte, dass Herr Dühring nicht allein dieses Diorama erschaffen hat. So hatte er, neben dem eigentlichen Modellbau, die künstlerische Leitung. Beteiligt waren an diesem Mammutwerk teilweise bis zu 4 Modellbauer. Begonnen wurde der Bau Anfang der 80er Jahre in der DDR.
    P.S. Ich will das Schloss wieder haben :)
    Legoarchitektur bzw. zeitgenössische Architektur junger wilder Minimalisten, die sich mit abstrusen Glas-Beton-Entwürfen, welche vor Kälte nur so strotzen, einen Namen machen wollen, gibt es schon genug.