Kreuzer NOVIK / JSC / 1:250

  • Auf dem Weg in den Fernen Osten hat der Kreuzer NOVIK noch einmal bei seiner Bauwerft vorbeigeschaut, um sich dortselbst fotographisch ein letztes Mal ablichten zu lassen - Paßbilder kann man schließlich immer gebrauchen :D


    Die Baunummer 012 ist bislang das aufwändigste Projekt meiner Bauwerft gewesen, sowohl zeit- als auch "kreativmäßig".
    Was mich am meisten freut, ist die Tatsache, daß der weiße Rumpf auch jetzt noch wirklich weiß ist. Die Behandlung des Bogens mit Fixativ-Spray vor dem Bau hat sich also echt bezahlt gemacht.
    Ich kann das nur jedem empfehlen, der einmal ein weißes Modell bauen will ...

  • In den 1890er Jahren plante die russische Marine ein umfangreiches Aufrüstungsprogramm ihrer Flotte, um sich speziell der veränderten politischen und militärischen Machtkonstellation in Fernost anzupassen. Dort war das Kaiserreich Japan im Begriff, stark an Einfluß zu gewinnen und die russischen Interessen, vornehmlich in Korea, zu bedrohen.


    Entsprechende Planungen sahen vor, Linienschiffe, Panzerkreuzer, Geschütze Kreuzer und Zerstörer/Torpedoboote zu bauen.
    Allerdings war die russische Schiffbauindustrie zur damaligen Zeit nicht in der Lage, ein derart umfangreiches Bauprogramm allein zu bewältigen.
    So entschied man sich, einige der Schiffe im Ausland bauen zu lassen und es wurden daher Aufträge an Werften in nahezu allen Schiffbaunationen der damaligen Zeit vergeben.

  • So wurde ein Baulos über 4 Geschützte Kreuzer bzw. schnelle Aufklärungskreuzer der 3000t - Klasse ausgeschrieben.
    Ein Auftrag ging nach Dänemark zu Burmeister & Wain (Bojarin), und eine Order ging nach Deutschland an die Schichau-Werft, die bislang hauptsächlich mit dem Bau von Torpedobooten/Zerstörern und Kanonenbooten beschäftigt war.
    Zwei weitere Kreuzer sollten nach deutschen Plänen in Russland nachgebaut werden.


    So wurde im Februar 1900 der Kiel für den schnellen Geschützten Kreuzer NOVIK gelegt. Bereits Anfang August konnte der Stapellauf erfolgen.
    Allerdings verhinderte ein strenger Winter die endgültige Fertigstellung und Ausrüstung des Schiffes noch im selben Jahr.
    Erst im Mai 1901 lief das Schiff, nun bereits unter russischer Flagge, zu einer ersten Probefahrt aus.
    Bedingt durch Schwingungsprobleme, die durch die Schrauben verursacht wurden (und deren mehrmaligen Austausch erforderten), verließ der Kreuzer erst ein Jahr später, im Mai 1902, endgültig seine Bauwerft in Richtung Kronstadt.

  • Werfen wir mal mit ein paar Fakten um uns:


    Technische Daten


    Verdrängung: 3.080 t
    Länge: 110,0 m
    Breite: 12,2 m
    Tiefgang: 5,0 m
    Besatzung: 340 Mann


    Antrieb:
    12 Schulz-Thornycroft-Kessel lieferten Dampf für 3 Dreifach-Expansions-Dampfmaschinen mit insgesamt fast 18.000 PS.
    Die Kraft wurde über 3 Schrauben ins Wasser gebracht.
    Geschwindigkeit: 25 kn
    Reichweite: theoretisch 5.000 sm, tatsächlich reichte der Kohlenvorrat für 3.200 sm bei 10 kn und nur 500 sm bei 20 kn
    Bunkermenge: 510 t Kohle


    Bewaffnung:


    * 6 × 120-mm-L/45-Canet-Geschütze
    * 6 × 47-mm-L/43-Hotchkiss-Schnellfeuergeschütze
    * 2 × 37-mm-L/23-Hotchkiss-Schnellfeuergeschütze
    * 2 × 7,62-mm-Maxim-Maschinengewehre (im Mast)
    * 5 Torpedorohre (1x Heck, 2x Mittschiffs, 2x Vorschiff)


    * 1 × 64-mm-L/19-Baranowski-Landungsgeschütz


    ....

  • Das schlanke Schiff war der schnellste Kreuzer seiner Zeit. Bei Meilenfahrten erreichte NOVIK wiederholt Geschwindigkeiten von bis zu 25 kn.
    Für damalige Verhältnisse war das eine beachtliche Leistung.
    Nicht umsonst gab sich die russische Marineführung derart beindruckt, daß sogleich zwei nahezu identische Nachbauten auf eigenen Werften in Auftrag gegeben wurden.
    Basierend auf den Bauplänen des NOVIK entstanden so die beiden Halbschwestern Izumrud und Shemtshug.

  • Ende des Jahres 1902 verlegte NOVIK in den Fernen Osten nach Port Arthur, wo der Kreuzer Anfang April 1903 eintraf.


    Auf Grund der sich abzeichnenden Kriegsgefahr mit dem kaiserlichen Japan erhielten viele Schiffe des Pazifischen Geschwaders den olivgrünen Tarnanstrich, so auch NOVIK.


    Der Beginn des Russisch-Japanischen Krieges am 9. Februar 1904 fand NOVIK in Port Arthur.
    Der Kreuzer verfolgte ergebnislos die angreifenden Torpedoboote und wurde während des Beschusses des Stützpunktes durch die japanische Flotte beschädigt.
    Nach 9 Tagen war NOVIK jedoch wieder einsatzbereit.
    In der darauf folgenden Zeit machte sich der Kreuzer wiederholt um die Besserung der Moral verdient, da das Schiff in kürzester Zeit auslauf- und kampfbereit war. So auch am 10. März 1904, als es als einziges Schiff der Flotte in der Lage war, den durch japanische Zerstörer und Kreuzer in Bedrängnis geratenen russischen Torpedobooten Stereguschy und Reschitelny zu Hilfe zu eilen.

  • Mitte April nahm NOVIK am einzigen regulären Flottenvorstoß ins Gelbe Meer teil. Während dieses Einsatzes verlor die russische Flotte ein Linienschiff samt dem Flottenchef Makarow durch japanische Minen, ein weiteres Linienschiff wurde dabei durch weitere Minentreffer beschädigt.


    Am 10. August 1904 fand auf Druck des Zaren einen weiteren Ausbruchsversuch der eingeschlossenen Flotte statt.
    Ziel der Unternehmung war, nach Wladiwostock zu laufen und sich mit dem dort stationierten Kreuzergeschwader zu vereinigen.
    Auch NOVIK gehörte zu den Schiffen, die an dem Ausbruch teilnahmen.
    Am Mittag des 10. August war die russische Flotte in Reichweite der wartenden Japaner. Um 13:00 wurde das Gefecht eröffnet, und knapp 1 Stunde später war der Durchbruch durch die japanische Linie gelungen.
    Jedoch wendete sich das Blatt zum Nachmittag, als die russischen Schiffe wieder eingeholt und sich ein Parallelgefecht entwickelte.

  • Durch den Ausfall des Flaggschiffes geriet die russische Flotte in Unordnung und koordiniertes Handeln war nicht mehr möglich. Mit Einsetzen der Dunkelheit löste sich der Verband mehr und mehr auf.
    NOVIK flüchtete zusammen mit anderen Schiffen zuerst ins deutsche Schutzgebiet Kiatschou, verließ den Hafen von Tsingtao aber wieder, um doch noch nach Wladiwostock zu gelangen.
    Allerdings blieb dieser Versuch den Japanern nicht verborgen.


    Das Schicksal ereilte NOVIK auf der Insel Sachalin in der Aniwa-Bucht.
    Während der Kohlenübernahme wurde der Kreuzer vom japanischen Panzerkreuzer Tsushima gesichtet und agegriffen. NOVIK war in diesem Gefecht seinem Gegner weit unterlegen.
    Mehrere Treffer unterhalb der Wasserlinie ließen eine Flucht nicht zu, NOVIK war in der Bucht eingeschlossen.
    Mit dem Eintreffen eines weiteren japanischen Kreuzers, der Chitose, war das Kräfteverhältnis endgültig zugunsten der Japaner und die russische Besatzung versenkte ihr Schiff.


    Aus dem halb unter Wasser liegenden Wrack wurden später die Hauptgeschütze geborgen und als Küstenartillerie eingestetzt.

  • Im Jahr 1906 hoben die Japaner das Wrack und ließen es reparieren und umbauen. Unter dem Namen SUZUYA wurde der ehemalige russische Kreuzer nun Bestandteil der kaiserlich-japanischen Marine.
    Klassifiziert als Aviso, diente das Schiff unter der Flagge seines einstige Gegners noch bis ins Jahr 1913, um dann, als mittlerweile völlig veraltet, außer Dienst gestellt und verschrottet zu werden.


    Mal sehen, ob mein NOVIK länger lebt, als das Original - also nur die Zeit als NOVIK natürlich :D


    Gruß
    Peter

  • Hallo Peter,


    auch von mir herzlichen Glückwunsch ! Mit einer ruhigen Hand, viel Recherche und Liebe zum Detail hast ein großartiges Modell geschaffen !


    Zaphod

  • Moin zusammen,


    das ist ein wunderschönes Schiff und prima gebaut!!!


    Ich freu mich besonders über die begleitende Worte zur Geschichte des schnellen Kreuzers und die Hintergründe.
    Das mit den Schwingungsproblemen scheint in der damaligen Zeit nicht aussergewöhnlich gewesen zu sein, so hatte die "Lusitania" und eingeschränkt auch ihre Schwester die gleichen Probleme.


    Danke für den schönen Baubericht und die Bilder!


    Gruß
    Hadu

    Vielleicht kommt der Tag, an dem mehr Leute checken, dass Idiotie nicht links oder rechts ist, sondern in erster Linie daher rührt, dass jemand ein Idiot ist! (M. Tegge)




    www.modell-und-geschichte.jimdo.com


    Mitglied der Luft'46-Gang

  • Moin Peter,


    an dieser Stelle auch von mir Gratulation zu diesem Schmuckstück (mir ist die Fertigstellung irgendwie durch die Lappen gegangen, sorry!!).


    Ein absolut sauber gebautes und überzeugendes Modell, hervorragend getakelt und fotografisch genial in Szene gesetzt. Dann noch die Infos zum Original und was haben wir? Eine Präsentation die keine Wünsche offen lässt.


    Toll, vielen Dank :)


    Grüße


    Lars