Karmann Ghia, VW Typ 14, Annette Scholz Verlag, 1:25

  • Hallo Kartonmodellbaufreunde,
    nun ist es an der Zeit, dass ich euch auch mal wieder mit einem Baubericht beglücken möchte. Es ist ja nicht so, als sei meine Wenigkeit in den letzten Monaten untätig gewesen. Nur die Objekte waren aus meiner Sicht entweder einen ausführlichen Bericht nicht wert oder waren für andere Zwecke, z.B. für den AGK, erstellt worden.


    Genug der Vorrede, das Opfer meiner Schneide- und Klebewut ist mal wieder ein ziviles Fahrzeug. Es handelt sich um den Bogen des "Karmann Ghia", herausgegeben 1996 vom Annette - Scholz - Verlag (ASV) aus Ronnenberg. Mittlerweile kann die Konstruktion schon als ein wenig betagt angesehen werden, denn der urheberrechtliche Hinweis datiert den Bogen auf 1996. Verantwortlich für die Konstruktion zeichnete sich ein Herr Oktavian Carabela, nach damaliger Aussage des Verlages ein rumänischer Staatsbürger. Gemäß den Angaben auf den Bogen konstruierte der gute Mann mehrere Modelle für den ASV, wie in der Datenbank des AGK ersichtlich:http://www.kartonmodellbau.org…a=793-Oktavian%20Carabela


    Das Vorbild ist ein sogenannter VW Typ 14, welcher von 1955 bis 1974 in 443466 Exemplaren gefertigt wurde. (Quelle: Wikipedia). Als Ergänzung zog ich das Buch "Karmann Ghia - der VW im Gala - Kleid" von Peter Kurze und Lutz Gaas zu Rate. Da ich das Modell auch noch ein wenig verfeinern wollte war es mir besonders wichtig exakt zu bestimmen, welches Baujahr das als Original dem Modellbogen zugrunde liegende Objekt hatte. Die vielen Detailfotos im Buch gestatteten das Modell auf die Produktion von vor 1964 zu bestimmen. Anhand dieser Bilder waren dann auch einige Modifikationen angebracht.
    Quelle der nachfolgenden Bilder: wikipedia

  • Der Modellbaubogen des "Karmann Ghia" Typ 14 vom ASV besteht aus drei farbigen Bogen im Format DIN A4. Dazu kommt ein Bogen Graupappe, welcher zum Verstärken der Räder dienen soll. Ein Stück Plastikfolie mit Scheibenwischern bedruckt für die Windschutzscheibe liegt ebenso bei wie Holzspieße für die Achsen. Im Prinzip wird dem Modellbaueinsteiger alles an erforderlichen Material mitgeliefert, er muss nur noch das Werkzeug hinzufügen. Die Anleitung besteht aus einer Explosionszeichnung und einem ausführlichen schriftlichen Teil. Letzterer richtet sich in erster Linie eher an Neueinsteiger als denn an ambitionierte erfahrene Modellbauer.

  • Gut erinnere ich mich noch an Bilder des fertig gebauten Modells von Ausstellungen. Auch unser Forumsmitglied Jürgen Lätzsch alias der "Pappenbauer" hatte an anderer Stelle hier im Forum ein Modell gebaut vorgestellt. Die Passgenauigkeit dieser Konstruktionen vom ASV muss leider mitunter als sehr fragwürdig eingestuft werden, und auch die Umsetzung der geometrischen Formen ist mitunter eigenwillig zu nennen. Zuerst machte ich den Versuch, das Modell direkt aus einem Originalbogen zu bauen. Und ich muss zugeben, ich scheiterte kläglich! Gelangen mir die Rundungen an den vorderen Kotflügeln noch leidlich, so hatten die hinteren Kotflügel nur Knicke, und es fehlte der harmonische Übergang. Die Räder waren mir viel zu flach und zu plakativ. Neee, so nicht! Dazu kam, dass mir persönlich der Ursprungsmaßstab 1:22,5 überhaupt nicht zusagte. Also wurde der Bogen gescannt, leicht bearbeitet und dann auf 1:25 verkleinert wieder ausgedruckt.


    Der im Originalbogen verwendete Karton war recht dünn und dazu etwas steif und spröde, ihm fehlte meines Erachtens die Geschmeidigkeit die für das Erstellen der Rundungen bei solch einem Fahrzeug erforderlich ist. Bei der Wahl des Kartons für meine Ausdrucke hatte ich dann ein glücklicheres Händchen, und meine Angewohnheit, Tintenstrahlerdrucke mit Klarlack zu überziehen, schuf eine stabile und dennoch geschmeidige Kartonsubstanz. Wie schon geschrieben, sind diese Konstruktionen vom ASV mitunter nicht die präzisesten. Besonders bei den hinteren Kotflügeln war ein sorgfältiges beischneiden und anpassen erforderlich. Die unten stehen Fotos zeigen die ersten unbefriedigenden Versuche am Originalbogen.

  • Ich stellte mir öfters die Frage, warum die fertigen Modelle, die mir bisher immer zu Gesicht kamen, recht unstimmig in den Proportionen wirkten. Als die Karosserie in fortgeschrittenen Stadium war erklärte es sich dann. Die starken Rundungen zwangen den Karton in Formen, in denen er eigentlich nicht bleiben mochte. Dem Fahrzeug fehlte in der Konstruktion halt ein stabiles Gerüst, ein Skelett sozusagen, dass die Kartonteile der Karosserie in ihre Form zwingen würde. Da es sich um ein Cabrio mit kompletter Inneneinrichtung handelte löste ich diese Probleme durch das massive Verstärken mit Finnpappe von 1 mm. Die Fahrzeugfront mit dem Kofferraum (Der "Karmann Ghia" hatte wie der Käfer einen Heckmotor...) wurde regelrecht in Form gepresst, um die charakteristische Schnauze zu ergeben. Auch die Inneneinrichtung wurde mit dieser Finnpappe ringsum verstärkt, wie auch das Armaturenbrett. Dadurch zwangen diese Teile alle anderen in eine dauerhaft stabile Form. Aus einem weiteren Ausdruck gestaltete ich ein wenig Innenverkleidung, denn sonst wäre an manchen Stellen rund um die Fahrgastzelle die hässliche unbedruckte Kartonrückseite dort zu sehen gewesen.

  • Zugegeben, bei einigen Bauteilen war auch fröhliches Raten und Interpretieren angesagt. Besonders bei der Rücksitzbank und dem offenen Verdeck blieb nur die freie Deutung. Einen Liniencode gab es nicht, und die textliche Anleitung war überhaupt keine Hilfe. Im Gegenteil, wer sich nach ihr richtete hatte wohl mehr Probleme als nötig. So sollte laut Anleitungstext erst die komplette Inneneinrichtung fertiggestellt, in die Karosserie eingesetzt und dann das Armaturenbrett eingesetzt werden. Herzlichen Glückwunsch, wer so vorginge, den erwartete eine elende Fummelei! Meine Vorgehensweise: Erst die Karosserie erstellen und verstärken, das verstärkte Armaturenbrett einsetzen und dann die komplette Inneneinrichtung einsetzen. Danach die wiederum verstärkte Bodenplatte einsetzen. Und dann die diversen Kleinteile.


    Es war bei diesem Modell wirklich wichtig, jeden Schritt zu überlegen, die Reihenfolge in der Bauanleitung in Frage zu stellen und immer wieder sorgfältig anzupassen. Denn der Fehlerteufel lauerte an Stellen, die sich später nur schwer korrigieren ließen! Hier ein Millimeter zu viel, dort 0,5 mm zu wenig....

  • Ach, die Bodenplatte. Auch so ein trauriges unvorteilhaftes Gebilde. Ich entschied mich dazu, jeweils an den Stellen wo die Achsen sitzen sollten, die Platte nach oben abzuwinkeln. Wer das Fahrzeug in der Seitenansicht betrachtet dem fällt auf, das die Front und Heckpartie ca. 3 - 5 mm höher sind als die Mittelpartie. Durchaus richtig, denn die Bodenbleche beim VW Käfer waren zumindest vorne auch deutlich sichtbar nach oben gebogen. Auf den Fotos kann man auch sehen, wie die Bodenplatte über die einklebten Verstärkungen ragt und sich mit diesen verbindet. Man kann sich gut vorstellen, wer die hier deutlich zu kurze Bodenplatte an die Front- und Heckpartie zu kleben versucht verzieht dabei die gesamte Karosserie und staucht sie wieder zusammen.
    Die Radkästen entwarf ich selber um den Achsen mehr Halt zu geben und um den Blick auf die ungeschönte Innenseite zu verbergen.

  • Nun montierte ich die diversen Kleinteile, welche dem Fahrzeug sein markantes Profil geben sollten. Die Windschutzscheibe klebte ich zuerst grob auf doppelseitiges Klebeband, schnitt dann die Innenfläche heraus, zog die rückseitige Schutzfolie ab und klebte das Gebilde dann auch Transparentfolie. Das dem Bogen beigefügte Folienstück wurde nicht benutzt und verworfen. Anschließend die Umrandung abgeschnitten, und schon hatte ich eine schöne stabile Scheibe aus drei Lagen. Eine simple und effektive Methode, Scheiben zu verglasen. Die dabei auftretende gelbe Innenseitenfärbung nahm ich hierbei gerne in Kauf. Das Lenkrad wurde innen ausgeschnitten, was auch nicht vorgesehen war, und der Schaltknauf erhielt eine schöne Perle, stimmig wie im Original. Und ein Paar Nummernschilder durften dann natürlich nicht fehlen. Die Scheibenwischer zeichnete ich nach und klebte sie auf der Folie auf.

  • Die Räder bildeten dann den Abschluss. Ursprünglich hatte ich beabsichtigt, sie durch Räder von einem anderen Bogen des Lehrmittelinstitutes Wilhelmshaven, welcher einen VW Bus zeigt, zu ersetzen. Diesen Plan verwarf ich jedoch, die Seitenflächen der Radaußenseite wurde lediglich ein wenig erhöht und von dem erwähnten fremden Bogen aus Wilhelmshaven übernahm ich dann nur die Radkappen. Unbrauchbar war für mich allerdings die in der Anleitung vorgegebene Methode, die Raddicke durch oftmaliges verstärken auf Graupappe zu erreichen und dann mit der Radlauffläche zu ummanteln. Lediglich die Radseiten wurden auf 1 mm Finnpappe verstärkt und dann in die vorbereitete Radlauffläche eingesetzt, so dass das Rad selber ein Hohlkörper wurde.


    Ich persönliche liebe es, Modelle in kleinen Dioramen zu präsentieren. Man nehme: Eine Holzplatte aus dem Baumarkt, und lackiere sie in einer gewünschten Farbe. Ok, das von mir gewählte Rot war dann doch wohl eher ein kleiner optischer Fehlgriff... Dann darauf eine Straßenpflasterimitation, wie in diesem Falle von "Tamiya". Und zu guter Letzt noch ein paar Damen in passender Bekleidung der Ära des Originals. Und voila, fertig ist ein einfaches Diorama.

  • Fazit: Der Bau dieses Modell war nicht ohne Anspruch. Die Anzahl der Bauteile ist in keinster Weise eine Herausforderung, doch die vielen kleinen Ungenauigkeiten und der meiner Meinung nach ungeeignete Originalkarton könnten dem weniger erfahrenen Modellbauer schon die Laune am Objekt vermiesen. Wenn das Gebilde dann am Ende ganz anders aussieht als man das Vorbild in Erinnerung hat ist eine Enttäuschung vorprogrammiert. Was bei den Modellen aus dem Hause ASV in 1:45 oder 1:120 noch stimmig wirken mag wirkt leider in 1:22,5 recht grotesk und muss durch viel Eigeninitiative ergänzt und korrigiert werden. Wenn dann noch eine schwer abzuwickelnde Form mit diversen Rundungen dazukommt ist so mancher ambitionierte Kartonmodellbaufreund doch an seine Grenzen geführt. Und das ist schade.


    Axel Huppers

    Das Unvollendete liegt in der Natur.


    Es ist eine große Kunst, ja Weisheit, im richtigen Moment aufzuhören.


    Wir sollten uns alle vor dem Perfektionismus in acht nehmen.

  • Guten Tag Axel,


    der Sekretärinnen-Porsche - ich fasse es nicht? :D Die Porportionen finde ich sehr gelungen und er wurde ja keine 120 km von mir entfernt gebaut ...

  • Hallo Axel,
    Ein toll geschriebener Bau Bericht, ein tolles Modell, wird man das Auto auch am Freitag in Duisburg sehen, ich tat mich freuen.
    Gruß Uwe

    Man lebt ruhiger, wenn man nicht alles sagt was man weiß, nicht alles glaubt, was man hört und über den Rest einfach nur lächelt.

  • Moin,


    natürlich bringe ich das Modell am Freitag mit zum Treffen in DU - Rheinhausen. Bin doch auf die Kommentare gespannt... :D


    Viele Grüße


    Axel

    Das Unvollendete liegt in der Natur.


    Es ist eine große Kunst, ja Weisheit, im richtigen Moment aufzuhören.


    Wir sollten uns alle vor dem Perfektionismus in acht nehmen.

  • Hi Axel...
    Ich fasse es nicht. :love:
    Das ist das allertollste Automodell was mir je untergekommen ist. :thumbup:
    Dein Karmann Ghia ist der absolute Hit. :thumbsup: Ich freu mich auf Freitag.
    Gruß, Renee

    Im Wald boten sich mir zwei Wege dar.

    Ich nahm den, der weniger betreten war!

  • Hallo Axel,


    Das Traumauto für mich aus meiner Jugendzeit. Toll gemacht das kleine Diorama. Bei uns im Ort fährt so ein schönes Stück in ROT. Jedesmal wenn ich das Auto fahren sehe, kommt man(n) in die Versuchung hinterher zu pfeifen.

    Schöne Grüße aus dem Dümmerland!


    Horst