"Gatling Gun" von 1874, Downloadmodell im Maßstab 1:4

  • Hallo liebe Kartonverbieger,


    ich möchte euch an dieser Stelle mit einem Baubericht einer sogenannten "Gatling Gun" beglücken, eines Modellbaubogens aus den Weiten des Internets. Der betreffende Modellbaubogen wurde auf Basis eines Videospiels mit Namen "Call of Juarez: Bound in Blood" entworfen. Durch folgende Internetseite wurde ich darauf aufmerksam:


    http://docs7.chomikuj.pl/1685499564,PL,0,0,readme(1).txt


    Verstanden habe ich das dazugehörige System mit der Bezahlung allerdings aufgrund mangelnder technischer Erfahrung und der Sprachbarriere dann aber leider nicht. Glücklicherweise konnte mir ein Arbeitskollege aushelfen, und so landete schließlich doch die Datei in der Version im Maßstab 1:4 auf meiner Festplatte. Bedauerlicherweise hatte sich der Konstrukteur auch nicht auf seinem Machwerk verewigt, so dass ich ihn an dieser Stelle nicht namentlich vorstellen kann.


    Sollte hier einer der geneigten Leser in der Lage sein ausführlicher zu erläutern was man präzise tun muss um in den Genuss dieses Modellbaubogens zu gelangen so wäre ich ihm sehr dankbar.

  • Bevor ich mit dem Baubericht beginne, zuerst ein kleiner geschichtlicher Einstieg, wie es sich gehört. Der Amerikaner Richard Jordan Gatling entwarf um 1861 die erste Waffe dieser Art. Begeisterung löste er bei den Militärs der damaligen Zeit jedoch keineswegs aus. Erst kurz vor Ende des US-Bürgerkrieges wurden vereinzelt Waffen dieses Typs, praktisch aber nur auf Seiten der Nordstaaten, eingesetzt. Trotz weiterer Modifikationen und Verbesserungen erfüllten sie oftmals nicht die Erwartungen die von den Militärs in sie gesetzt wurde, und wurden daher auch recht zügig von den Maschinengewehren z.B. von Maxim verdrängt. Für weitere und tiefergehende Informationen verweise ich an dieser Stelle auf Wikipedia:


    http://de.wikipedia.org/wiki/Gatling-Repetiergesch%C3%BCtz


    Die beiden folgenden Bilder sind ebenfalls bei Wikipedia entnommen.

  • Anfangs war man sich bei den Militärs auch nicht ganz klar, wie die Waffe eingesetzt werden sollte. Konservative Militärs sahen sie mehr als Artilleriewaffe denn als Maschinengewehr für die Infanterie und verwendeten sie dementsprechend. In den Filmaufnahmen im untenstehenden Link wird dies sehr anschaulich dokumentiert, das Ausrichten, Einschießen und die verwendeten Feuerbefehle könnten wohl eher einem Artilleriegeschütz zugeordnet werden. In den letzten Filmsequenzen wird dabei auch die sehr starke Rauchentwicklung deutlich, die von der Waffe ausging. Ein großes Problem, welches die Besatzung stark beeinträchtigte und die Zielgenauigkeit verringerte.


    http://www.youtube.com/watch?v=hqFJ2SuRAPw


    Die Munitionszufuhr und die damalige Qualität der Munition erleichterten die Handhabung auch keineswegs. Und der hohe körperliche Aufwand machte die Waffe nicht für jedermann geeignet, wie man in diesem Filmchen ersehen kann:


    http://www.youtube.com/watch?v=UbXPdDMdKQA

    Das Unvollendete liegt in der Natur.


    Es ist eine große Kunst, ja Weisheit, im richtigen Moment aufzuhören.


    Wir sollten uns alle vor dem Perfektionismus in acht nehmen.

  • Was meiner persönlichen Ansicht nach recht amüsant erscheint ist aufgrund dieses Hintergrundwissens, wie diese Waffe als Stilelement in Wildwestfilmen eingesetzt wird. Der Protagonist greift dort zur Kurbel und treibt seine Gegner vor sich her und schlägt sie in die Flucht. Besonders witzig, es werden oftmals Waffen eingesetzt, die zu dem Zeitpunkt, als der jeweilige Film spielt, noch gar nicht erfunden waren. Prominentes Beispiel: In dem Film "Vera Cruz" mit Burt Lancaster und Gary Cooper wurde in einer der Schlussszenen eine "Gatling Gun" eingesetzt. Der Film spielte etwa 1866 - 1867, die verwendete Waffe mit dem charakteristischen Magazin in Form eines "Donut" wurde jedoch erst ab 1883 eingeführt. Die dementsprechende Szene beginnt im folgenden Film ab 01:23:


    http://www.youtube.com/watch?v=3OS0KONzQ0U


    Und wie sollte es daher auch anders sein, auch die hier von mir gebaute "Gatling Gun" passt überhaupt nicht zum zeitgenössischen Hintergrund des Videospiels. Denn dieses spielt kurz nach Ende des US - Bürgerkrieges, die verwendete Waffe jedoch ist ein Modell "Camel" auf Dreibein mit dem Magazin "Broadwell Drum" und wurde in dieser Form erst ab 1874 gebaut. Als letzte Info zum Vorbild hier noch eine recht gelungene Animation der Funktionsweise einer Waffe dieses Typs:


    http://www.youtube.com/watch?v=t9qEToARkIM

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  • So, jetzt aber endlich zum Baubericht! Die Datei war eine pdo - Datei, nicht ganz nach meinem persönlichen Geschmack, aber einem (fast) geschenkten Gaul schaute man halt nicht ins Maul. Besonders dass keine ausdruckbare Anleitung in konventioneller Form existierte erschwerte mir persönlich später den Zusammenbau. Immer wieder am Rechner nachschauen, zurück an den Basteltisch, wieder zurück an den Rechner, zoomen, drehen, zurück an den Basteltisch, diese Art zu arbeiten war nicht ganz mein Stil und ich empfand es mitunter als nervend.

  • In einer ersten Stufe entstanden die Bauteile des rückwärtigen Körpers, in welchem sich im Original auch der Verschluss verbirgt. Die Passgenauigkeit ist zwar gut, dennoch wurde schon bei den ersten Bauteilen ersichtlich dass massives Verstärken dringend erforderlich war. Bei dieser Größe sind die vom Konstrukteur vorgesehenen Laschen wenig hilfreich, ich verstärkte die planen Flächen auf Finnpappe von 1,2 mm und verklebte die Bauteile sodann stumpf.

  • Besonders die Stabilität der Läufe bereitete mir Sorgen. Daher besorgte ich mir aus einem Fachladen für Flugdrachenzubehör Carbonstäbe in der passenden Größe und ummantelte diese, passend abgelängt, mit den Kartonteilen. Das Ergebnis war sehr stabil, aber auch ein wenig schwer. Und ich begann mir daher erste Sorgen um die Stabilität des Drehlagers zu machen.

  • Neugierig fügte ich sodann die vorbereiteten Einzelteile zusammen, und es wuchs ein imposantes Gebilde heran, dessen Ausmaße mich beeindruckten. Angesichts des nun schon erreichten Gewichtes kippte ich den bisherigen Plan, das eigentliche Geschütz drehbar lagernd zu gestalten. Anfangs hatte ich auch sogar überlegt, diverse Mechanismen beweglich zu gestalten. So keimte in mir zuerst der Gedanke, die Rotationsmöglichkeit mit Hilfe eines kleinen Elektromotors zu simulieren. Und sogar der Einbau eines Getriebes auf Basis einer Papiermechanik wurde von mir anfangs erwogen, um die Kurbelfunktion zu ermöglichen. Dazu hätte ich das Modell von Beginn an jedoch völlig anders aufbauen und umgestalten müssen, nun war es dafür zu spät.

  • In der nächsten Stufe entstanden dann die Teile des Dreibeins und des Aufnahmelagers. Die vorgesehene Möglichkeit des beweglichen Drehlagers wurde wie schon erwähnt von mir fallengelassen. Die betreffenden Bauteile wurden auf das massivste mit Finnpappe in 1,2 mm verstärkt, zusätzlich ließ ich in die Hohlräume der Standbeine größere Mengen Klebstoff laufen und durch Drehbewegungen diese großflächig innen benetzen. So verbanden sich die Flächen zu einer stabilen Einheit. Auch das schwarze Mittelstück, die Verbindung der drei Standbeine, wurde auf das massivste verstärkt. Jede der kleinen winkeligen Flächen erhielt sein eigenes Kartonverstärkungsteil, sorgfältig eingepasst, mit viel Leim verbunden. Hier galt aus meiner persönlichen Sicht, ein Höchstmaß an Stabilität zu erhalten.

  • Das Geschütz konnte wahlweise mit zwei verschiedenen Magazinen dargestellt werden. Ich entschied mich für das charakteristische "Broadwell Drum" anstelle der gerne und öfter gezeigten Stangenmagazine. Den Handgriff auf dem Magazin gestaltete ich aus einem Stück Messingdraht. Das ursprünglich dem Bogen beiliegende dazugehörige Kartonbauteil erschien mir an dieser Stelle wenig sinnig. Das war aber auch das einzige Bauteil, welches ich nicht aus Karton fertigte und welches ich nicht dem Bogen entnahm!

  • Über die restlichen Bauteile, die vielen kleinen Accessoires, wie Kurbel, Haltegriffe und Halteschienen, gibt es wenig aufregendes zu berichten, die Passgenauigkeit war ausgezeichnet. Bei diesen Teilen macht sich der Mangel einer konventionellen Bauanleitung besonders deutlich bemerkbar. Es gelang mir zwar immer, durch hochzoomen und drehen der dreidimensionalen Anleitung alles zu ergründen, leicht und einfach war dies mitunter nicht. Und wie ich zuvor schon einmal schrieb, mich persönlich nervend.

  • Aber schließlich waren alle Teile verbaut, und das fertige Gebilde benötigte nur noch einen stabilen Untersatz, um auch sicher zu Ausstellungen und Treffen transportiert werden zu können. Dazu erwarb ich eine runde Massivholzplatte von 40 cm Durchmesser, eigentlich eine Servierplatte für Aufschnitt aus der Gastronomie, beklebte diese mit grüner Rasenimitationsfläche des Modellbahnzubehörherstellers Noch und verklebte die Füße des Dreibeins sodann stabil auf der Platte.
    Voila!

  • Mein persönliches abschließendes Fazit: Ein sehr interessantes weil ungewöhnliches Modell, dass allerdings unter manchen Unzulänglichkeiten litt. Und diese waren aller Wahrscheinlichkeit nach eine Folge davon, dass der Konstrukteur wenig Erfahrung auf dem Gebiet der praktischen Anwendbarkeit von Modellbogenkonstruktionen besaß.
    Das bedauerliche Problem, was so manche Konstruktion im Netz mit sich bringt: Die modernen Abwicklungs-, Grafik- und Designprogramme erleichtern zwar enorm das Konstruieren. Doch ob dieses digitale Konstrukt dann auch in der erzeugten (Datei-) Form praktisch für die Masse der Modellbauer ohne Hilfestellung baubar wird, bleibt mitunter wahrscheinlich fraglich. Denn der Modellbauer /User kann sich nicht immer so einfach in die Lage und den Blickwinkel des Konstrukteurs versetzen.

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  • Hallo Axel,



    danke für Deinen Bericht und für die kritischen (film)historischen Anmerkungen!


    Die Gatling steht auf einer Platte von 40cm Durchmesser - pfuh, dann ist sie selber auch ca. 40cm hoch?



    Zaphod

  • Hallo Zaphod,


    gutes Augenmaß... ;)


    Das Gebilde erhebt sich nahezu 38 cm von der Grundplatte und ist gute 37 cm lang. Gerne hätte ich auch eine passende Figur danebengestellt, aber bislang habe ich keine Geeignete gefunden. Soll heißen, die wenigen geeigneten Figuren z.B. aus den USA sind mir auch einfach zu teuer!


    Vielleicht weiß jemand Rat?


    Axel

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    Edited once, last by Axel Huppers ().

  • Servus liebe Kartonverbieger!


    Nun gräbt der liebe Axel wieder ein uraltes Thema aus... :D


    Aber wie heißt es doch so schön: was lange währt, wird endlich gut. Kürzlich entdeckte ich bei einem Besuch einer privaten STAR WARS - Ausstellung in Mönchengladbach eine geeignete Figur.


    Nun ja, Größe und Haltung und Bekleidung ließen zumindest auf eine Verwendung schließen. Also im Netz recherchiert und für kleines Geld ergattert.


    Voila!


    Damit ist dieses Bauprojekt nach einer über fünfjährigen schöpferischen Pause auch endlich fertig geworden.


    Viele Grüße


    Axel

  • Hi Axel...
    Schade ist eigentlich nur, dass sie nicht aus Papier ist :huh:
    Das wäre ein zusätzliches Highlight gewesen :thumbup:
    Gruß, Renee

    Im Wald boten sich mir zwei Wege dar.

    Ich nahm den, der weniger betreten war!

  • Servus Renee,


    stimmt, da hast du natürlich vollkommen recht. Aber leider habe ich bislang noch keine wirklich brauchbare Figur gefunden, die gepasst hätte. Ritter oder Fantasyfiguren wollte ich nicht, und die wenigen stilistisch Geeigneten waren so mickrig, eine Vergrößerung hätte nicht gepasst.


    Einen Versuch mit einem britischen Kolonialoffizier dieser Ära habe ich gemacht, doch wenn man versucht ein Figürchen von ca. 1:18 auf 1:4 aufzuplustern bleibt doch zu viel auf der Strecke, als dass es noch einen brauchbaren Eindruck hinterlässt.


    Danke für all die Liker und für deine Antwort, Zaphod.


    Viele Grüße


    Axel

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  • Hallo und Moin,


    und wieder grabe ich dieses alte Thema aus.


    Ich habe inzwischen erhebliche Platzprobleme und muss mich von manch alten Dingen trennen. Schweren Herzens habe ich beschlossen, dazu gehört auch diese "Gatling Gun".


    Wenn jemand also dieses Modell haben möchte, oder Jemanden oder eine Institution kennt der dieses Modell gerne haben möchte, dann bitte melden.


    Viele Grüße


    Axel

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