Zuerst ein herzliches Hallo hier im Forum!
Als ich jetzt diesen Tread gesehen habe, dachte ich mir, na, da kannst du ja auch ein wenig Senf dazugeben. Hab ja schon einige Erfahrung darin -
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Als Erstes - sei dir bewusst, auch WAS du dich beim Konstruieren einlässt. Schau dir verschiedene Modellbögen an - egal welche. Einfache, Komplizierte, Schiffe, Flugzeuge, Architektur. Das mag jetzt blöd klingen, aber dahinter steckt VIEL Arbeit. Das ich nix, was man mal in der Pause von etwas anderem macht. Da gehen Wochen drauf. Realistischer sind Monate - bei größeren Modellen.
Ich arbeite seit Beginn an mit RHINO 3D (gibts leider nicht gratis und ist für Windows und MAC). Dieses Programm hat den Vorteil, dass es aus den konstruierten Formen Abwicklungen macht - mit Knopfdruck. (darüber könnte ich schon seitenweise schreiben, was dabei alles zu beachten ist). Ein Programm, wo du quasi händisch Abwicklungen machen musst, kannst du vergessen. Komplizierte Formen kannst du nicht einfach so abwickeln. Ja schon, aber dafür brauchst du WIRKLICH gute Kenntnisse in Geometrie. Ganz wichtig - du musst dir Formen geistig vorstellen können. Wie schaut was aus, wie könnte was ausschauen. Grundschulkenntnisse sind vielleicht hilfreich, werden dir aber bei richtig komplizierten Modellen kaum helfen. Du musst dir Lösungen im Kopf ausdenken können - mach ich seher oft, wenn ich irgendwo nicht weiterkomme. Meistens fällt mir dann in der Nacht etwas ein, oder zu den unmöglichsten Zeitpunkten.... is wirklich so :-)
Ich hab ein paar Fotos von meinen Konstruktionen (TSR.2 und F-100) angehängt. Wenn du da den Durchblick hast, dann ist alles kein Problem

Ansonsten musst du dir bewusst sein, dass es viel Zeit und Einsatz braucht, um sich in ein Programm einzuarbeiten, damit am Ende sowas rauskommt. Ich bin 12 Jahre im Geschäft und bei weitem weiß und kann ich alles. Immer noch finde ich Lösungen, die mir vielleicht von 4 oder 5 Jahren gar nicht in den Sinn gekommen sind. Es ist alles ein lebendiger Prozess.
Grundlage sind zu aller erst Zeichnungen. Aus allen Richtungen. Eine 08/15 Seitenansicht eines Flugzeuges, Schiffes usw. kannst du VERGESSEN. Du hast damit irgendwas, aber noch lange nicht die komplette Form. Querschnitte bei Schiffen und Flugzeugen sind das Um und Auf bei Konstruktionen. Bei Architektur sind es halt Ansichten aus allen Richtungen und Winkeln. Suche dir Detailfotos zusammen - und finde genau das nicht, was du brauchst :-)
Wenn du was machst - beschränke dich auf das Notwendigste und verliere dich NICHT in Details! Die sind zwar für Nietenzähler und Detailfreaks das Maß aller Dinge (und anscheinend der vorherrschende Kundenwunsch), verlangsamen den Entstehungsprozess aber gewaltig und bringen in den Meisten Fällen genau nichts. Was nützt es mir, ein 20.000 Teile cockpit zu haben, von dem man am Ende nichts sieht. Lieber etwas ein wenig einfacher machen und dafür baubar - ohne Frust.
Wie schon erwähnt - berücksichtige die Papierstärke! IMMER! Miss, bevor du anfängst zu konstruieren, dein "Lieblingspapier" nach und plane es in alle Teile ein, die es betrifft. Spanten, Längen von Verbindungslaschen, Teile, die in andere Teile geschoben werden (z.B Innenseiten von Lufteinlässen oder Triebwerken)
Leg dir einen Plan zurecht, wie du an ein Modell rangehst. Bei mir fängt es mit dem Zeichnen der Ansichten an, dann kommt der Rumpf. Alles andere - Tragflächen, Triebwerke, Leitwerke, Cockpit, Fahrwerk - basiert darauf. Es hat keinen Sinn, wenn du mit dem Triebwerk anfängst und nicht weißt, ob es am Ende in den Rumpf passt.
Mach die Abwicklungen erst, wenn das Modell fertig konstruiert ist. Zwischendrin kann man aber immer wieder schaun, ob der gerade konstruierte Teil abwickelbar ist. Da ist dann ein Programm, dass automatisch Abwicklungen macht enorm hilfreich. Händisch dürftest du da schon am Verzweifeln sein.....
Nach dem Abwickeln kommt die Kolorierung der Teile. Dazu verwende ich Corel Draw, weil es die exportierten Dateien aus Rhino übernehmen kann, vektorbasierend ist und ungeahnte Möglichkeiten hat. Noch dazu kann man die Teile vergrößern oder verkleinern, Verschiedene Strichstärken und Linienarten zuweisen usw., ohne dass sich dabei Qualitätsverluste ergeben. Einen Teil grün anfärben ist hübsch, wird aber am Ende beschissen aussehen. Sie dir z.B. Modelle von Halinksi an, welche Texturen, Schattierungen und sonstige optische Effekte die da reinpacken. Das ist die Würze bei einem Modell. Solltest du ein billiges Pixelgrafikprogramm haben - vergiss es.
Ob du deine Modelle dann gratis unter die Leute bringst, oder ein wenig damit verdienen willst (is im Grunde das Gleiche als wenn du sie gleich umsonst rauswirfst) ist dann deine Entscheidung. Je billiger, desto besser und das Geilst von allem ist Geiz. Glaub mir, niemand will 60 Euro für ein Modell zahlen, bei dem du hunderte von Stunden reingesteckt hast und eventuell dafür was bekommen möchtest. Und schon gar nicht in der heutigen Zeit wo alles gratis sein sollte, oder man sogar noch was drauflegen müsste, damits irgendwer nimmt.
Ach ja - wenn du glaubst, das du dein Modell fertig hast und alles passt, findest du GARANTIERT einen Fehler, der, wenns echt blöd läuft, einen Rattenschwanz an Änderungen hinterherzieht, den du nicht für möglich gehalten hättest. Dann heißt ändern .... da kommt die wahre Freude auf :-)
Und wenn wirklich alles fertig ist, findet jemand anderer am gedruckten Bogen, der gerade verkauft wird einen Fehler...... glaub mir, DAS willst du nicht erleben!
Ich weiß, dass meine Tipps so ziemlich das Negativste sind, was man dazu sagen kann und dir wahrscheinlich gründlich die Lust am Konstruieren von Modellen verdorben hat, aber so ist es nun mal. Man steckt wirklich viel Zeit hinein und am Ende bekommt man nichts dafür. Natürlich freuen sich die Leute, wenn z.B. von mir ein neues Modell rauskommt (ich hoffe, dass es bald wieder soweit sein wird) und es bestärkt einen darin, das Richtige getan zu haben. Aber das dauert nur eine kurze Zeit und dann ist man wieder alleine mit sich und seinem Hobby.....
Grüße
Walter