Dampflokantrieb

  • Ja hallo,
    ich habe da mal ne Frage an die Dampflokfreaks.
    Bei Wikipedia steht geschrieben:


    Damit die Dampflok auch bei Totpunktlage einer Kurbelstellung anfahren kann, sind die Kurbelzapfen der gegenüberliegenden Räder einer Achse gegeneinander versetzt. Der Versatzwinkel beträgt bei Zwei- und Vierzylindermaschinen eine Vierteldrehung bzw. 90°.


    Jetzt meine Frage, ist es irgenwie festgelegt auf welcher Seite der Lok der Totpunkt zu erst erreicht wird?

  • Also so einen Totpunkt erreichst du jede Umdrehung mindestens einma (manchmal gibt es auch 2 Totpunkte)l, denn das ist der Punkt, an dem eine per Zylinder aufgebrachte Kraft keine Drehwirkung auf die Achse hat.

  • Hallo Nosports,
    es sind zwei Totpunkte, denn die Kolben werden in beide Richtungen angetrieben, ich rede jetzt mal von einer normalen zwei Zylinder Dampflok.
    Meine Frage noch mal ein bisschen anders gestellt:
    Auf welcher Seite, in Fahrtrichtung, eilt der eine Kolben eine Viertelumdrehung dem Anderen vorraus.
    Beste Grüße
    Henry

  • Damit hast du ja schon dir selbst geantwortet....


    Bei 2 Totpunkten pro Seite mit 90° Versatz läuft immer eine Seite 90° nach bzw die andere 90° vor.....


    Zumindest vom Technischem dürfte es egal sein welche Seite....

  • Quote

    Zumindest vom Technischem dürfte es egal sein welche Seite....


    ..wenn man es so betrachtet, ist es technisch egal auf welcher Seite der Kolben vorrausläuft aber ob man die Treibräder von Lok zu Lok unterschiedlich auf die Achsen gesteckt hat wage ich doch zu bezweifeln, da wird es wohl doch eine einheitliche Norm geben. ;)...

  • Also, der eine Kolbe bewegt sich, danach der andere,; an der Kurbelwellle macht man es so, das der andere Kolbe sich nach 90 grad Umdrehung sich bewegt.


    Sehr gut, weil eine Dampfmaschine doppelt wirkt: Dampf wird zugefuehrt von beide Seiten an den Kolbem im Zylinder durch der Dampfsteuerung.


    Also: eine Dampf"motor" wirkt doppelt, ganz anders wie eine normale -Otto-motor.


    Gert

  • Moin Henry,


    ich zitiere mal aus "Dampflokomotivkunde", Seite 278, Kapitel Triebwerksanaordnung:
    "Bei Zwillingsmaschinen sind die Treibkurbeln der einen Maschinenseite gegen die der anderen Maschinenseite um 90° versetzt, damit die Lokomotive in jeder Treibradstellung anfahren kann. Bei den Bundesbahnlokomotiven läuft die rechte Treibkurbel der linken bei Vorwärtsfahrt um 90° voraus. Beide Zylinder arbeiten auf eine Achse."


    Dabei meint Zwillingslokomotive eine Lok mit zwei Zylindern und einfacher Dampfdehnung.


    Ich denke, das war es, was Du wissen wolltest.


    Beste Grüße
    Hartmut

  • Hallo Hartmut,
    Bingo, genau das wollte ich wissen. :yahoo:
    Du hast meinen Wissensstand über Dampflokomotiven mit einem Schlag um 100% gesteigert :D :prost:
    Danke sagt
    Henry

  • Hallole,
    die V60 (der DB) hat ebenfalls Kuppelstangen. Wie sieht es dort mit
    dem Versatz aus, gibt es einen? Und wenn ja: Welche Seite
    ist vor- und welche nacheilend?


    Vielen Dank.


    MfG
    Markus Schweizer

  • Nach Betrachtung einiger Fotos gilt für die V 60 dasselbe.


    Beste Grüße
    Hartmut

  • Quote

    Original von Hartmut Riedemann
    Nach Betrachtung einiger Fotos gilt für die V 60 dasselbe.


    Beste Grüße
    Hartmut


    Hoi Hartmut,


    Traditionssache, nicht notwendig? ?( Da gibt es doch keine Direktübertragung....


    groetjes,
    Gert

  • Hallo Gert:
    Beschreibung aus der DB V60
    "Aufbau und Gesamtanordnung
    Die V 60 ist eine Starrrahmenlok, Achsanordnung C, mit seitenverschieblicher Mittelachse, wobei die Achsen mittels Kuppelstangen von einer zwischen dem 2. und 3. Radsatz liegenden Blindwelle angetrieben werden."


    Versatz muß sein, ansonsten brichst Du die Stangen. Natürlich hat die V60 keinen Direktantrieb, die Blindwelle wird vom Motor mittels hydraulischen Getriebe angetrieben. Das Prinzip ähnelt noch der V36.
    Welche allerdings jetzt vorläuft... da müsste ich suchen..

  • Hoi Gert,


    der Versatz ist schon notwendig, zwar nicht wie bei den zweizylindrigen Dampfloks, um jeder Zeit ein sicheres Anfahren zu ermöglichen, aber um eine möglichst gleichförmige dynamische Belastung beim Fahren auf die Schienen auszuüben.


    Treibstangen und deren Kurbeln stehen den dafür notwendigen Gegengewichten um 180° gegenüber. Sind jetzt diese beiden auf beiden Seiten gleich, also ohne Versatz angeordnet, dann passiert beim Fahren folgendes (eine Radumdrehung betrachtet):


    Treibstange unten - nichts unten - Gegengewicht unten - nichts unten - Treibstange unten


    Wenn wir das jetzt mit fiktiven Belastungswerten belegen, dann sieht das so aus (dabei gilt 1 als volle Belastung, also wenn das Gegengewicht bzw. die Treibstange unten steht und je Lokseite):


    2 - 0 - 2 - 0 - 2


    Bauen wir jetzt den Versatz von 90° der Treibkurbeln bei den Rädern zueinander ein und betrachten beide Seiten wieder gemeinsam, dann ergibt sich:


    1 - 1 - 1 - 1 - 1


    Offensichtlich ist so die Belastung gleichförmiger. Nun ist das natürlich keine starre Belastung, sondern, wie oben schon gesagt eine dynamische. Tatsächlich wirst Du also eine sinusförmige Kurve erhalten, deren Scheitelpunkte bei Versatz niedriger sind und deren Flanken auch eher flacher sind, als im ersten Fall.


    Das heißt, die dynamischen Massen sind bei Versatz einerseits geringer und knallen andererseits nicht so heftig auf die Schienen als ohne.


    Nichts desto trotz ist der Massenausgleich unvoillkommen, was man auch sehr schön einer fahrenden V 60 ansehen kann - die schwankt durchaus in den Gleisen von rechts nach links und wieder zurück usw.


    Beste Grüße
    Hartmut



    p.s.: Das oben geschriebene ist nur ein sehr vereinfachter Versuch, das Problem der dynamischen Massen halbwegs verständlich zu erläutern. Die hier im Forum versammelten Maschinenbauer können das sicherlich besser.


    p.p.s.: Tun wir auch, Wanni, nur kann und soll uns das nicht daran hindern, auch etwas dazuzulernen - und in solchen Zusammenhängen macht Lernen doch am meisten Spaß . . .

  • Aha, darum geht's, Danke Hartmut, :prost:


    groetjes,
    Gert









    Jahrelang hat es diese Schaukler englischer Provenienz gegeben bei der NS, allerdings diesel-elektrisch. Quelle: Werbungs-Quartettspiel der Nederlandse Spoorwegen, 60er Jahre

  • Quote

    p.p.s.: Tun wir auch, Wanni, nur kann und soll uns das nicht daran hindern, auch etwas dazuzulernen - und in solchen Zusammenhängen macht Lernen doch am meisten Spaß . . .


    ...jajajajajajajaja.... =)


    Ich lern ja schon.... ;(


    :D

  • Hallole,
    das Thema erinnert mich nun fast schon an die Vorlesungen "Technische Mechanik" und "Maschinendynamik" an der Uni...


    A propos erinnern: Ist es Euch auch schon passiert? Man kennt etwas jahrelang, es ist schon Alltag geworden und DANN, in dem Moment wo eine bestimmte Frage auftaucht, fällt es einem wie Schuppen von den Augen?


    Um zu sehen, wie der Versatz der Stangen ist, müsste man eine Dampflok haben, die still steht, gut zugänglich und fotografierbar ist.
    Langer Rede, kurzer Sinn: 38 3650 steht ca. 5 Kilometer von mir zu Hause auf dem Parkplatz eines Supermarktes auf einem Podest..


    Da es gestern geregnet hat, sind die Fotos nicht so toll geworden...


    MfG
    Markus Schweizer

  • Moin,


    Masw
    Schön zu sehen, Markus, wie Theorie und Praxis übereinstimmen, in Fahrtrichtung nach vorne eilt die rechte Treibkurbel der linken im Versatz von 90° voraus.


    Na ja, wenn ich en meine Vorlesungen im Fach "Technische Mechanik" denke, dann kratzen wir hier vielleicht gerade einmal an den Anfängen.


    Farbstift
    Woraus schließt Du das? Steht das so in der Bauanleitung?



    Beste Grüße
    Hartmut

  • Quote

    Original von Hartmut Riedemann



    Farbstift
    Woraus schließt Du das? Steht das so in der Bauanleitung?


    Hoi Hartmut,


    Mal gucken:
    Alle Steuerungsteile sind Einzelteile. Die zwei Seitenskizzen zeigen die Kuppelstangen in unterer Lage. Dieser Bogen hat übrigens als Extra auch Rahmenteile in Reichsbahnrot.
    Mitglieder in einem Forum mit Sachkenntnisse könnten da behilflich sein...... :D, vorausgesetzt man hat ein Loch im Eimer, :D


    groetjes,
    Gert

  • Also ganz fix- es ist nur aus Tradition übernommen worden, daß Stangendieselloks rechts voreilende Stangen haben.
    Viel wichtiger bei Dampflokomotiven- hier haben wie ebenfalls rechts voreilende Stangen.-ist die Stellung der Gegenkurbeln für die Steuerung. Die ist nämlich auf beiden Seiten voreilend...
    Das ist auf dem, P8-Bild oben deutlich zu sehen...
    Christian

  • Hallo Leute
    In diesem Zusammenhang hätte ich mal eine Frage an die Spezialisten hier. Da ich momentan an meiner Big Boy beim selben Problem stehe, wie ich die Räder richtig einbaue. Kooklik hat die Konstruktion so ausgelegt, dass die Radgewichte auf beiden Seiten gleichmässig oben liegen. Nachdem ich das hier so verfolge, besteht nun bei mir ein gewisser Zweifel ob das so stimmt. Wir sind nun überein gekommen diese Frage hier in die Runde zu stellen, da er darüber auch keine Informationen hat. Gerade bei dieser Sache sollte man keine Fehler machen. Gibt es irgendwelche Unterlagen wo man die Radstellungen exakt links und gleichzeitig rechts erkennen kann und existiert eine Gesetzmässigkeit hierüber?


    Würde mich über eine Antwort freuen!


    Grüsse Michi

  • Hallo Michi!


    Die Big Boys hatten zwei (zwar große aber) völlig gewöhnliche Zweizylindertriebwerke, deswegen müssen die linken und rechten Triebwerke gegeneinander den Versatz von 90° aufweisen.


    Vorderes und hinteres Triebwerk sind unabhängig voneinander, im realen Betrieb ist es daher sehr unwahrscheinlich, daß beide die gleiche Stellung aufweisen. Strebst Du dagegen ein mehr repräsentatives/idealisiertes Modell an, dürfen sie natürlich auch gerne die gleiche Stellung haben.



    Grüßlis!
    Michi

  • Hallo Michael,
    nochmal zum Bigboy: ich habe zwei Spur 0 - also 1:48 - Messingmodelle dieser schönen Lok. Auch hier eilt die rechte Seite vor wie in USA üblich.
    Allerdings ist die Festlegung willkürlich und einzelne englische Bahngesellschaften ( vor der Nationalisierung ) hatten links voreilende Loks.
    Gruß
    Wolfgang

  • Hallo zusammen,


    Auch ich profitiere von dem sehr informativen Bericht. Die Frage, wie weit die Phasen auseinanderliegen, hatte mich vor meinem Urlaub auch beschäftigt. Denn in der Bauanleitung (Skizzen) von der Oi 2, die ich gerade baue, konnte man das nicht erkennen. Habe so ziemlich alle Kleintele für den Antrieb fertig und kann nun das Fahrwerk mit Antrieb mit richtiger Phase zusammensetzen. Danke an die Fachkundigen. ;)

  • Hallo, du hast 100% Recht, ausgerechnet mir muss das passieren!
    Bitte um sofortiges Teeren und Federn.
    Bei den Wasserkollegen heisst das wohl Kielholen.
    Grinsende Grüsse
    Forscher

    Der Weg ist das Ziel ! Aber Wege können auch beschwerlich sein!