Ein alter Dom in Münster

  • Liebe Freunde der Kartonbaukunst.


    Wenn einer eine Reise tut ... bringt er bzw. sie ein kleines Andenken mit.


    Das trifft besonders auf meine Tochter zu. Von einer Tagestour nach Münster
    war es dieses Mal ein Baubogen des St. Paulus Domes. In einem Schaufenster
    dort sah sie das fertige Modell des Domes. Liebe auf den ersten Blick. (Das
    gibt es tatsächlich.) Es handelte sich hier allerdings um käufliche Liebe. Mit
    einem Betrag von 10 € das doch nicht zu teuer. Erwartungsvoll bekam ich die
    Baupläne im DIN A3 Format überreicht.


    Etwas verwundert schaute ich bei der ersten etwas flüchtigen Durchsicht der
    Pläne drein. Irgendwie machte das Gesamtgebäude einen uneinheitlichen
    Eindruck. Mir war dieser Dom bisher unbekannt. Deshalb schaute ich in Wikipedia.
    Daraus ergab sich das der Dom bereits 2 Vorgänger hatte. Der erste, Ludgerus-
    Dom, erstand 805-1264 mit Standort nördlich des Heutigen. Der zweite wurde
    im 10. oder 11. Jahrhundert erbaut. Gegen 1192 wurde das Westwerk mit den
    beiden Türmen an den zweiten angebaut und in den dritten Bau integriert.
    2oo5 feierte man das 1200ste Jahr des Bistum Münster. Mir scheint als ob es
    in dieser Zeitspanne noch mehrere An- und Umbauten gegeben hätte. Wen
    wundert es, wenn sich heute unterschiedliche Baustile zeigen. Wir finden
    romanische Bauelemente im Westwerk dem Alten Chor und gotische in der
    Basilika mit den Querschiffen, dem Langhaus, dem Hochchor und dem Kapel-
    lenkranz zeigen. Wer genaueres über die Geschichte des Domes wissen möchte,
    der schaue nach bei ... nicht Shakespeare sondern bei Wikipedia.


    Zurück in die Gegenwart.



    Das Riesen-Titelblatt in DIN A3 (Bild 00 Bitte nicht als solches zu benutzen)
    Auf der Rückseite habe ich eine Tabelle geschrieben in der die Bauteilnummern
    mit der Bogennummer auf der die Teile zu finden sind. Das System hat sich in-
    zwischen bei mir während der Bauzeit bestens bewährt. Damit spart man manch-
    ches endlose Suchen wenn Bogen nicht mehr vollständig oder sogar in mehreren
    Teilen geteilt herumliegen. Empfehle die Teilestücke auch mit der Bogennummer
    zu versehen. Sonst hilft die schöne Tabelle auch nicht mehr.



    Als gute Orientierung beim Bau zeigt sich der Bogen Nr. 7 im 2. Bild (0 A).
    ( Bild mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors ( Copyright))
    Beginnen wir mit Bogen 2 (Bild 02 B) an. Das sind die Türme und das Hochchor.
    Damit wäre der romanische Part erledigt. Das unfertige Ergebnis, einschl. des
    Daches, zeigt das Bild 02



    Weiter mit Bogen 1 (Bild 01A). Nach dem Zusammenkleben des "Außenmauer-
    werkes" sehen wir wie oben in Bild 01 die Basilika, die dann mit dem Folgenden im
    gotischen Stil erbaut wurden.



    Bis zur Fortsetzung des Bauberichtes grüßt mal wieder


    KURT, der Streu

  • Der nächste Schritt im sektionsweisen Bau war das Zusammensetzen des
    Westwerkes. Damit die Einzelteile, die trotz innerer Verstärkung immer noch ein
    gewisses Eigenleben führten, auch passgerecht aneinander zu kleben waren,
    kamen bewährte, wenngleich brutal auszusehende Hilfsmittel zur Anwendung.



    Entgegen allen Gepflogenheiten der Baubranche wurde erst jetzt die Vermessung
    des Baugeländes erstellt. Da ergaben sich aber einige seltsame Ungenauigkeiten.



    Ich weis nicht ob zu den damaligen Zeiten eine Symmetrie unerwünscht war oder
    damit eine Spannung im Anblick des Baukörpers erzeugt werden sollte ? Siehe
    Rot markierten Unterschiede im Bereich des linken Westwerkes. Ganz auffällig das
    "Fehlen" der 5ten Kapelle am Kapellekranz, die aber in der Rückseitigen Ecke des
    Langhauses mit der Vierung angelegt war. Ebenso die nur teilweise Verbauung in
    den Abständen der Kapellen. Während zwei Lücken verbaut sind, ist es die dritte
    nicht. Evtl. für in Not geratene Männer offen gelassen ? Dass kann ich mir aber
    eigentlich nicht vorstellen.



    Sei es drum wie es ist. Jedenfalls ergab eine Probeaufstellung die klare Überein-
    stellung mit Grundriss und Westwerk-Teil. Ich hatte schon einen Baumangel meiner-
    seits befürchtet.



    Nun aber die nächsten Bogen skalpiert .. ich meine skalpelliert. Daraus ergaben sich
    der erste Teil des Langhauses bis zur Vierung. Die im (Bild 05 B) zum Teil zu erkennen ist.
    Dazu gehört aber der nächste Bogen (Bild 05 C) der einen Giebel der Vierung enthält.
    Darauf waren einige "Gemeinheiten" zu erkennen. Zum Beispiel die Oberkante des
    Giebels der auch noch gedoppelt werden sollte. (Bild 05 D)



    Au weia. Wie soll ich die kleinen "Kügelchen" der Dachkante da ausschneiden ?
    Viermal habe ich diesen Bogen neu kopiert. Den Christopherus auf der Spitze und die
    Kreuze kamen auf dem gedoppelten Teil ja noch hin. So wie im Bild des Herrn xxx
    Bild 05 E mit eingeblendetem Herkunftshinweis) fand ich das auch nicht doll.
    Entschlossen die ganze Zier glatt abgetrennt. Wer das Original nicht kennt vermisst
    die Puckelei auch nicht.


    Aber da war noch was auf dem vorgenannten Bogen. Die Stufenlisenen des Giebels.
    Aus dieser Zeichnung sollte aus einem Stück ein rundum geschlossenes, stufiges Bau-
    teil werden. (Bild 05 F) Ich habe mal in dieses Bild die Einschnitte in rot, die Faltungen
    in blau eingetragen. Vom Konstrukteur eine tolle Leistung, von mir aber auch .. na ja.



    Das Ergebnis in Bild 05 G.


    Es gibt noch mehr zu berichten.


    Und das tut auch in Kürze wieder


    KURT, der Streu

  • Hallo Kurt,
    da hast du dir ein imposantes Modell vorgenommen. Auf dem Deckblatt meine ich den Maßstab 1:200 erahnen zu können?
    Oft haben im Mittelalter die Baumeister auf Vorgängerbauten zurückgegriffen oder mussten die Baukörper den Gegebenheiten des Untergrundes Rücksicht nehmen. Da kann es schon mal vorkommen, dass man von Bausyyetrien abweichen musste. Aber die Burschen damals waren so schlau - auch ohne EDV-, dass sie das statisch ausgleichen konnten. Also Hut ab vor den früheren Baumeistern. Und wenn Dein Modell fertig ist, dann dürfte der Hut vor Dir gelüftet werden.
    Viele Grüße
    Ulrich

                                                                                   Artikel 1 GG:

    Die Würde des Menschen ist unantastbar.

    Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt



  • Hallo Kurt,


    kamen bewährte, wenngleich brutal auszusehende Hilfsmittel zur Anwendung.


    - deren Einsatz mich in Deinen Bauberichten immer wieder fasziniert!
    Hier kombinieren sich Brutalität und sanfte Filigranität auf's Schönste ... :thumbup:


    Gruß,
    Wolfgang

  • Hallo Kurt,
    da hast du dir aber einen tolles Modell unters Messer genommen. Ich hab ihn während meiner Bundeswehrzeit in Münster öfter besuchen können.
    Das es davon einen Bogen gibt wusst ich gar nicht. Ist der noch zu bekommen?
    Im übrigen find ich den Dom irgendwie schöner als die Kirche mit den "Kafigen"


    Gruß Uwe

    Man lebt ruhiger, wenn man nicht alles sagt was man weiß, nicht alles glaubt, was man hört und über den Rest einfach nur lächelt.

  • Hallo Kurt


    ich freue mich sehr, wieder von Dir zu lesen! Deine Bauberichte gehören nach wie vor zu meinen Lieblingen (das habt Ihr Kurt's wohl gemeinsam :D )
    Ein schönes und imposantes Modell hast Du Dir da zur Brust genommen! Das wird wieder ein echter "Streu"!


    Danke für's Zeigen und auch vielen Dank für die Hintergrundinformationen!


    Freundliche Grüsse
    Peter

  • .... für Eure Zuschriften, die ich etwas verspätet beantworten möchte


    Ulrich. Meine Bewunderung für die alten Baumeister ist wirklich groß!! Nur wenn man
    man bei dem flüchtigen Überblick auf diese Eigenarten stößt, stutzt man (ICH) doch.
    Deine Frage nach dem Maßstab hat Dir


    Wiesel ja bereits beantwortet. Helmut kennt sich aus. Nett von Dir.


    Wolfgang Ich fühle mich über Deine Formulierung sehr geschmeichelt, bin trotzdem
    aber auch Deiner Meinung.


    Uwe vom Inneren des Domes hat meine Tochter etliche Bilder mitgebracht. Daher
    kann ich mir ein Bild vom schönen Innenausbau machen. Bei Youtube gibt es einen
    schönen 3-min. Rundblick mit leiser Orgelmusik. Empfehlenswert anzuschauen.


    Peter weitere Hintergrundinformationen würden den Umfang des Berichtes stören.
    für alle weiteren Infos ist Wikipedia und Youtube (wie vor erwähnt) immer eine gute
    Adresse.


    Den Bericht setzt mit kartonalen Grüßen


    KURT, der Streu


    fort.

  • Einmal in Fahrt gekommen, habe ich erste Teilbereiche zusammengepappt. Dabei
    natürlich die Doku mit dem Fotoapparat sträflich vernachlässigt. Dazu muss ich sagen,
    dass es sich um Routinearbeiten handelt. Die Beschreibung würde den Bericht nur
    langweilig machen. Einen Überblick habe ich in (Bild 06) dargestellt.



    Der nächste Bogen (Bild 07 A) beinhaltet die fünf Kapellen, von denen sich vier um
    das Chor gruppieren. das fünfte musste sich in die Ecke von Langhaus und Vierung
    im 'grünen Garten' verstecken. Herstellung und Montage der Kapellen in (Bild 08)
    und (Bild 09).



    Nachdem die einzelnen Bauteile so weit fertig sind kann der Zusammenbau erfolgen.
    Zwei Stadien zeigen (Bilder 10 und 11).



    Mein großes Zittern begann bei der Betrachtung der Restarbeiten gem. (Bild 12 A)



    Die Dachgauben auf dem Langschiff. Gesamtbreite 0,025 m. Sollte ich mich daran
    trauen ?? Mutig das Skalpell geschwungen und ... so geht das nicht. das Messer
    muss sehr vorsichtig geführt werden. Als dann die 8 Gaupen montiert waren habe
    ich gestaunt wie diese winzigen Punkte eine enorm verbessere Ansicht der sonst
    großen Fläche des Daches bewirkten.


    Dann gab es noch die Spitzen auf den Turm- und Kapellendächern. Die sind meines
    Erachtens, zudem noch in der gedoppelten Kartonstärke nicht auszuführen. Das
    Beispielmodell (vorher im Bild 05 vorgestellt) hatte bewiesen, dass es doch geht.
    Laut Baumeister der unter Druck zur Fertigstellung des Modells zur Repräsentation
    stand, hat er für die Erstellung 35 Stunden gebraucht (??).


    Weiteres Zitat:
    ""Ausser dem Färben der Kanten (der größte Teil der aufgewendeten Zeit)
    kamen als »Verfeinerung« nur die für dieses Modell verfügbaren Turm- und
    Kapellendach»Laser-Spitzen« zum Einsatz.""


    Schade, die hätte ich auch gerne gehabt. Die gibt es wahrscheinlich nicht mehr
    erhältlich. Die Baubogen sind zur 1200-Jahr-Feier 2004 von Schreiber mit den
    Laserteilen herausgegeben worden.


    So bald ich alles zusammen habe sende ich auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen
    Weg eine streng limitierte Anzahl von fotografischen Darstellungen dieses Werkes.


    Bis dahin in alter Frische


    KURT, der Streu

  • Liebe Gemeinde,


    es geht mir gut, bin noch gesund.


    Die Fortsetzung des Bauberichtes ist leider aus einem anderen Grund
    ins Stocken geraten. Bei der Recherche nach Laserteilen zum Dom
    bekam ich einen Hinweis auf eine mögliche Quelle. Von dort habe ich
    ein Angebot erhalten worauf ich die Bestellung gestartet habe. Zur Zeit
    warte ich auf die Lieferung. Eine kleine Verbesserung der Darstellung (Diorama)
    wartet auch noch auf Ausführung.


    Mein Dank geht an Michael, der mich auf zwei Irrtümer in meinem Bericht
    aufmerksam gemacht hat.


    Er schreibt:
    l
    [• Herausgeber war nicht SCHREIBER, sondern Karl Knauer in Münster,
    die Laserteile waren kein Bestandteil des fertigen Produktes]


    Ehre wem Ehre gebührt.



    Ein Bildchen des FAST fertigen Domes will ich aber noch beilegen mit
    lieben Grüßen von


    KURT, dem Streu

  • Nachdem ich bei einer Landshuter 'Firma' den Laserbausatz bestellt habe,
    der Inhaber mir die Kosten mitgeteilt und seine Freude über meine Bestellung
    per Email mitgeteilt hatte, habe ich inzwischen 3x den Auftrag erteilt. Allerdings
    ist weder eine Antwort noch eine Lieferung erfolgt. Seltsame Gebaren !


    Ich habe mir die Bilder noch einmal angesehen und festgestellt, die Turm-
    spitzen sind gar nicht so schlecht ausgefallen. Darum hier die Vorstellung.


    Beginnend mit Bild 20, das ich bereits im vorigen Post gezeigt habe, folgt
    ein kommentarloser Rundgang mit den verschiedensten Perspektiven.



    von Südwest, Nordwest und Nordost



    von Nordost 2, Südost und Detail Südwest



    von Ost und aus dem Hubbie


    Zum Schluss hat sich doch da noch einer eingeschlichen der da nicht hin gehört.
    Der konnte wohl nicht abwarten bis ER drankommt.


    Na werden mal sehen wie ich ihm helfen kann meint mit lieben Grüßen


    KURT, der Streu

  • Hallo Kurt


    Gratuliere zu diesem Prachtsmodell. Du hast es einmal mehr meisterlich gemiestert ;)
    Schade, dass es mit den Laserteilen nicht geklappt hat. Was wäre denn im Umfang der LC-Teile enthalten gewesen?


    Dann freue ich mich auf dei Fortsetzung des "eingeschlichenen"!


    Freundliche Grüsse
    Peter

  • Hallo Kurt,
    da hast Du uns ein wunderschön gebautes Modell vorgestellt. Danke dafür und Gratulation.
    Ulrich

                                                                                   Artikel 1 GG:

    Die Würde des Menschen ist unantastbar.

    Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt



  • Hallo Kurt,
    sehr schön. Kleiner Insider anbei: Die Münsteraner nennen die Westfassade des Doms "die Wählscheibe".


    Aber was hat der Bremer Roland da zu suchen? Seinen Kopf hat er doch schon verloren, der steht im Focke-Museum.


    Gruß
    Jan

  • Ist die Wählscheibe der Ersatz für einen Bombenschaden?
    Hässlich eigentlich...


    Aber Dein Modell ist schön, Kurt!

    Fertig: MS WILHELM GUSTLOFF, 1:250



    Aufwachen - es ist 5 vor 33...

  • Wir fahren immer im Sommer mit dem Fahrrad nach Münster...... Mit dem Auto nach Dülmen, den Rest mit dem Fahrrad und dann in Münster bummeln.


    Schon jetzt steht ein Besuch des Domes auf dem Plan mit anschließendem Kauf des Bastelbogens.



    Danke für den Tipp und die ausführliche Bauanleitung!!!!


    Schöne geworden!!!

    Grüße


    Dietmar


    Alle Bilder sind - sofern nicht anders benannt - von mir.

  • ... über die Zuschriften von


    Peter. Die Nichtreaktion der 'Laserfirma' hat micheigentlich nicht
    sehr getroffen. Der Bausatz beinhaltet nur die Turmspitzen,
    diein Karton lt. Bauplan nicht mit normalen Geräten auszuführen
    sind.


    Ulrich. Danke für die winterfesten Blumen.


    Jan. Also, der Ausdruck "Wählscheibe" ist absolut zutreffend.
    Aber nicht zutreffendist der Hinweis auf den fehlenden Kopf des Roland,
    mein Roland hat ihn noch. Den Beweis werde ich noch antreten.
    (Das ist eine Drohung)


    Helmut. Die vorerwähnte "Wählscheibe" ist kein Bombenschaden da
    der Westteil des Domes nach dem sinnlosen Bombenangriff als fast
    einziger erhaltener originale Bauteil erhalten geblieben ist. Der romanische
    Baustil war eben etwas sparsamer.


    Schnibbler. Da könnt Ihr in der Stadt mal testen ob die Prämierung als
    beste Fahradstadt in NRW zu Recht besteht.


    Ich danke für Eure Meinung und grüße auch alle die Interessierten an meiner Arbeit


    KURT, der Streu

  • Schnibbler. Da könnt Ihr in der Stadt mal testen ob die Prämierung als
    beste Fahradstadt in NRW zu Recht besteht.


    Von der Menge her bestimmt, aber vom Benehmen der Radfahrer bestimmt nicht.


    Wir fahren nur nach Münster rein und stellen die Räder dann ganz schnell weg!!! :love:

    Grüße


    Dietmar


    Alle Bilder sind - sofern nicht anders benannt - von mir.